Poros der Komischen Oper bleibt nette Unterhaltung

Zwar heißt der Eroberer in Indien Alexander, aber er ist kein Grieche. Sir Alexander ist englischer Eroberer voll Würde und Verstand. Ganz anders als Poros, der indische König, auf dessen Reich es Alexander abgesehen hat. Denn der ist voller Emotionen, voller Liebe und Eifersucht. Und natürlich geht es ihm um Ehre und Pflicht. Wo Alexander ganz kühl abwägt und die eigenen Gefühle für den Erfolg unterdrückt, ist Poros zu keinem klaren Gedanken fähig, weil ihn stets seine Gefühle übermannen.

Die Komische Oper zeigt uns „Die tote Stadt“ von Korngold

Erich Wolfgang Korngold ist erst 19 Jahre alt, als er die Oper „Die tote Stadt“ schreibt. Fast 100 Jahre später ist das Werk noch immer faszinierend. Das liegt vor allem an einer Musik, die immer wieder an große Filmmusik erinnert. Und das, obwohl sie älter ist als jede Filmmusik. 1919, dem Jahr er Erstaufführung, folgten bekanntlich noch etliche Jahre Stummfilme, bis sich der Tonfilm durchsetzte. Die Komische Oper hat „Die tote Stadt“ jetzt neu inszeniert und dabei genau diese Qualitäten herausgearbeitet.

Nicole Chevalier triumphiert als Semele an der Komischen Oper

Barock-Opern haben oft die Tendenz zur Länge. Auch Semele von Georg Friedrich Händel hat die Schleifen ständiger Wiederholungen. Manche Arie besteht nur aus vier bis acht Versen, die variiert und wiederholt werden. Umso erstaunlicher ist die Wirkung, wenn Musik, Gesang und eine phantastische schauspielerische Leistung das Publikum so in den Bann schlagen, dass selbst dreieinhalb Stunden wie im Flug vergehen. Genau das gelingt der Komischen Oper mit dieser Semele!

Der Tannhäuser von Sasha Waltz überwältigt

(Foto: Staatsoper/(c) Bernd Uhlig)
Venus verführt Tannhäuser in ihrer Liebeshöhle. (Foto: Staatsoper/(c) Bernd Uhlig)

Am Anfang ist dieser Trichter. Ein weißer Trichter und sonst nichts. Nur die wunderbar zarten Töne der Tannhäuser-Ouvertüre sind noch im Raum. Aber der Blick ist auf diesen Trichter gerichtet, der an das Innere eines Auges erinnert. Was aber ist hinter der Öffnung? Doch diese Frage stellt sich nicht lange. Dann beginnt sich der Trichter zu füllen. Und zu beleben mit (fast) nackten Leibern, die sich anzüglich und lüstern bewegen. Das hier ist die Liebeshöhle, in der Venus die Lust lebt. In der Tannhäuser sieben Jahre die Wonnen der leiblichen Liebe (er)lebt. Die Ouvertüre wird bei Sasha Waltz schon ein ganz besonderer Tanz voller Bezüge und Andeutungen, die in den folgenden fast vier Stunden immer wieder in Erinnerung gerufen werden.

Der Rienzi der Deutschen Oper besticht durch Optik

Rienzi im Führerbunker vor der Kamera und live für seineUntertanen auf der Leinwand
Rienzi im Führerbunker vor der Kamera und live für seine Untertanen auf der Leinwand (S. 33 des Programmhefts).

In der Deutschen Oper ist Rienzi durch und durch ein Faschist. Die gesamte Inszenierung ist in schwarz-weiß gehalten, ganz so, wie wir die Bilder vom italienischen und spanischen Faschismus kennen – und natürlich von den deutschen Nationalsozialisten. Regisseur Philipp Stölzl hat Hitlers Lieblingsoper zur Parabel über dessen Aufstieg und Fall gemacht. Ein gewagtes Unterfangen, das Richard Wagner nicht unbedingt gerecht wird. Und dennoch überzeugt das gesamte Stück in Stölzls Interpretation, wenn man es nur für sich anschaut und sich vollkommen darauf einlässt.

„Die Meistersinger von Nürnberg“ in der Staatsoper

Staatsoper BerlinMEISTERSINGERMusikalische Leitung: Daniel BarenboimInszenierung: Andrea MosesBühne: Jens PappelbaumKostüme: Adriana Braga PeretzkiLicht: Olaf Freese, FOTO: BERND UHLIG, Staatsoper Unter den Linden Berlin
FOTO: BERND UHLIG, Staatsoper Unter den Linden Berlin

Daniel Barenboim ist großartig. Das Orchester der Staatsoper auch. Und Wolfgang Koch singt einen wirklich überzeugenden Hans Sachs, der in Kwangchul Youn als Pogner, Klaus Florian Vogt als von Stolzing und Julia Kleiter als Eva wunderbare Partner in der Neuinszenierung der „Meistersinger von Nürnberg“ hat. Ganz zu schweigen von den anderen Darstellern der Meistersinger und dem Chor. Sie spielen ihre Rollen mit Witz so gut, dass der Gesang die Wirkung nicht vollständig dominiert. Aber dennoch ist die Inszenierung von Andrea Moses nicht ganz stimmig.

Staatsorchester verzaubert 350 Kinder in Orchestermäuse

"Orchestermäuse" in Frankfurter Kleist-Forum

Howard Griffiths hat eine neue Leidenschaft: Wenn ihm im Hotel langweilig wird, dann setzt er sich hin und schreibt ein Libretto für Kinder. Nach „Die Hexe und der Maestro“ sind es jetzt die „Orchestermäuse“. Wieder hat der Schweizer Fabian Künzli die Musik dazu geschrieben. Und wieder haben die beiden ein Bühnenvergnügen für uns mit Kindern geschrieben, das Lust auf Oper, Musical, Orchester und Gesang macht. In Frankfurt (Oder) hatten die Orchestermäuse jetzt ihre Welturaufführung – mit 350 Kindern aus Ostbrandenburg, einem lustvollen Brandenburgischen Staatsorchester und einem Maestro, der mit seiner Freude an Musik und Spiel alle ansteckt, die sich ihm nähern.

"Orchestermäuse" in Frankfurter Kleist-Forum

Die Geschichte ist schnell erzählt. Ein ganzes Mausvolk flieht durch den Zauberwald vor den Katzen, mit denen sie einst in Frieden lebten. Wenn da nicht eine vorlaute Maus für Ärger gesorgt hätte. Als neue Heimat suchen sie sich die Konzerthalle aus, geraten dort aber mit dem Orchester aneinander. Denn die musizieren, wenn die Mäuse schlafen wollen. Die nach allerlei Turbulenzen söhnen sich alle im Zauberwald miteinander aus und singen gemeinsam. Ein schönes Märchen, das vor allem durch den Witz der Texte und die schwungvolle Musik überzeugt.

"Orchestermäuse" in Frankfurter Kleist-Forum

Vor allem aber durch die Inszenierung von Be van Vark, die sich mit Howard Griffiths wunderbar versteht. Sie hat die unendlich mühevolle Arbeit mit etlichen Workshops mit den Kindern künstlerisch geleitet und zu einem amüsanten und energiegeladenen Bühnenevent formte. Howard Griffiths wiederum gelingt es erneut, sein Brandenburgisches Staatsorchester so für die Arbeit mit den Kindern zu begeistern, dass sie Instrumenten-Workshops durchführten und letztendlich eine Spielweise wählen, die es den Kindern ermöglicht, zu den Stars des Nachmittags zu werden.

"Orchestermäuse" in Frankfurter Kleist-Forum

Das Publikum in Frankfurt (Oder) ist begeistert. Denn die Kinder tanzen, singen, musizieren. Sie realisierten eine überzeugende Videoinstallation, mit der die Frankfurter Konzerthalle ins Kleist-Forum holt. Und alles zusammen ist irgendetwas zwischen Oper und Musical oder szenischem Musiktheater. Vor allem aber ist es einfach großartig! Eine Welturaufführung in Frankfurt (Oder), an die sich alle Zuschauer und vor allem alle Beteiligten noch sehr lang erinnern werden.

Parsifal in der Deutschen Oper besticht durch opulente Optik

Die opulente Optik bleibt in Erinnerung. Und natürlich die Musik. Die schweren, langen Harmonien und Melodiebögen, die die ernste und feierliche Thematik tragen. Aber die Bilder von Philipp Stölzl, der die Regie dieses Parsifals an der Deutschen Oper in Berlin inszenierte, sind noch stärker, nehmen den Zuschauer geradezu massiv ins Gebet. Wenn Christus auf der Bühne gekreuzigt wird, dann entsteht ein Unwohlsein, das in Kombination mit Wagners Musik geradezu Schmerz verursacht.

Eine wundervolle Zauberflöte in Zeuthen


Ich dachte an Größenwahn, als ich von der Idee hörte, dass die Musikschule Primus aus Zeuthen die Zauberflöte mit Kindern auf die Bühne bringen will. Oper ist Gesang. Oper ist Orchestermusik. Oper ist Theaterspiel. Und vor allem ist Oper das alles zusammen und auf einander abgestimmt. Alles für sich mag ja gehen, aber zusammen so gut abgestimmt, dass es für die Kinder auf der Bühne nicht peinlich wird? Mit Laien? Mit Kindern von der Grundschule bis zum Gymnasium? Das fand ich doch etwas arg ambitioniert.

Bis gestern Abend. Da war die erste Aufführung der Zauberflöte in der Turnhalle der Grundschule am Wald. Links von der Bühne war das kleine Orchester platziert. Von hier dirigierte der musikalische Leiter Markus Wolff das gesamte Geschehen. Konzentriert und etwas angespannt, aber vor allem fast immer mit einem Lächeln auf den Lippen. Kein Wunder. Denn er erlebte, dass sein gewagter Plan aufging. Er hörte Kinder, die Opernpartien sangen, eine zehnjährige Königin der Nacht, die den gesamten Saal in ihren Bann sang, er erlebte, wie das Instrumentenspiel und der Gesang auf der Bühne eins wurden. Wunderbar. Zauberhaft.

Natürlich war nicht jeder Ton perfekt. Aber das Niveau war insgesamt erstaunlich hoch. Und wenn der Mann an den Reglern der Headset-Mikrophone genauer und schneller gewesen wäre, wäre der Klang noch besser gewesen. Werner Eggrath, der die Regie führte und das Libretto so geschickt gekürzt und an die Möglichkeiten der Musikschüler und der Chöre der Schmöckwitzer und der Zeuthener Grundschule angepasst, dass auch Kenner der Zauberflöte alles wichtige wiederfanden. Und sich am Gesang und Spiel der Schülerinnen und Schüler erfreuen konnten. Zum Glück hatten die Macher den Mut, das Projekt zu wagen. Der Applaus und die Begeisterung des Publikums haben sie belohnt.

 

 

 

Mnozil Brass bläst Wagner aufs Zwerchfell

Mnozil Brass (Foto: Mnozil Brass)
Mnozil Brass (Foto: Mnozil Brass)

Auf diesem Foto sehen die Musiker von Mnozil Brass ja noch einigermaßen normal aus. Im Berliner Ensemble war der erste Eindruck ein anderer – sowohl optisch als auch akustisch. Drei skurrile Männer mit Trompeten, drei weitere mit Posaunen und einer mit Tuba standen da auf der Bühne und bliesen von Anfang an kräftig in ihre Instrumente. Dabei vollführten sie seltsame Tänzchen, Märsche und Slapstick-Comedy. Aber immer mit dem Mund am Instrument. Immer Sound erzeugend. Immer den Theatersaal mit dröhnenden Blechklängen ausfüllend.