Hans Söllner bringt Jamaika-Flair mit Bayern-Touch nach Cottbus

Der Rastaman aus Bad Reichenhall kommt nach Cottbus. Hans Söllner und sein  Bayaman’Sissdem lassen das Glad-House am Dienstag ab 21 Uhr vibrieren.

Söllner ist einer der Musiker, für die das Live-Spielen die Antriebskraft für das künstlerische Schaffen ist. Obwohl er schon auf die 50 zugeht, sind seine Konzerte vor allem mit 20 bis 30jährigen bevölkert. Denen ist der Söllners Hans ein seltenes Beispiel für ein ganz  konsequentes Leben. Da spielt es auch keine Rolle, dass der Söllners Hans nur bayrisch sprechen und singen kann. Seine Botschaft verstehen auch die Cottbuser.

Denn die ist mit einem wunderbaren Raggae-Sound gepaart. Die Bayaman’Sissdem sind eine hervorragend eingespielte Band, die sich nicht in den Vordergrund spielt. Hauptperson ist der Mann mit den blonden Rastazöpfen. Seine Texte erzählen von Liebe, von Geradlinigkeit, von Konsequenz und von Politik. Söllner ist ein Anarchist, der von einer gerechten Welt träumt, dem die Liebe zu seinen Söhnen über alles geht – und der nicht einsehen kann, dass er sich mit Alkohol zuschütten, aber an einem Spliff nicht einmal
ziehen darf.

Etliche Lieder erzählen von all diesen Widersprüchen, die das Leben so schwer machen. Söllner hat sich für die einfache Geradlinigkeit entschieden. Mit allen Konsequenzen.
Musikalisch ist so ein Söllner Konzert ein Fest. Denn bei all der Politik steht das gemeinsame Feiern und die gemeinsamen good vibriations im Mittelpunkt. Bestimmt
auch morgen im Gladhouse. Das Konzert von Hans Söllner beginnt morgen um 21 Uhr im
Glad-House (Str. der Jugend 16). Einlass: 20 Uhr. Karten kosten 20 Euro.

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Hans Söllner feiert im Regen

Hans Söllner: Im Regen
Hans Söllner: Im Regen

Nur vier Monate nach seinem Gig im heimischen Bad Reichenhall wartet Hans Söllner  schon mit dem Live-Album auf. Im Regen heißt das gute Stück mit zwei CDs. Doch beim Hören breitet sich eher wohlige Wärme als kalte Nässe aus. Die karibischen Rhythmen von Hans Söllner + Bayaman’Sissdem sind viel zu schön, als dass sich irgendwelche unangenehmen Eindrücke einstellen könnten. Der Raggae schwingt stets mit. Aber ohne die dicken Bässe, die sonst oft selbst den schönsten Sound mit Aggressivität
aufladen.

Das ist um so wichtiger, als die Texte durchaus aggressiv sind. Sie erzählen von der Freiheit, vom inneren Kampf, trotz äußeren Drucks ganz sich selbst zu bleiben. Söllner ist so einer, der seinen eigenen Weg geht – und nicht einen Deut davon abweicht. Und für genau diese Konsequenz lieben ihn seine Fans. Inzwischen achten ihn selbst die bayerischen Trachtler, weil er mit seinem Dickkopf eine bayerische Tugend ganz unkonventionell weiterentwickelt hat.

Auf dem Album ist ein wunderbarer Querschnitt von aktuellen und älteren Songs. Sie sind hervorragend abgemischt und machen Lust darauf, ihn live zu erleben. In Cottbus geht das am Dienstag im Glad-House.

Fatih Akin hört auf den verstörenden Klang Istanbuls

Auch Dokumentationen können mehr als 100.000 Zuschauer ins Kino locken. Buena Vista Social Club von Wim Wenders (60) war ein gigantischer Erfolg. Fatih Akins (32) Crossing the Bridge faszinierte ebenfalls. Jetzt gibt es den Film auf DVD.

Die Reise auf der Suche nach dem Sound of Istanbul – so der Untertitel – ist der beste  Kommentar zu solch politischen Fragen wie der Mitgliedschaft der Türkei zur Europäischen Union. Wer sich diesen Film anschaut, begreift sofort, dass Istanbul in vielem sehr europäisch ist.

Aber natürlich nicht nur. Ein DJ, mit dem sich Alex Hacke von den Einstürzenden Neubauten unterhält, geht darauf ein. Sie müssten die Musik des Westens, des Ostens und des Südens hören, um den Partygängern den richtigen Mix aufzulegen. Dieser Mix ist es, der die musikalische Erkundung von Crossing the Bridge so spannend macht. Der Zuschauer lernt einen türkischen Michael Holm genauso kennen, wie Punks, Technojünger oder Psychedelic-Rocker. Und alle Töne haben miteinander zu tun. Sie bilden akustische Brücken zwischen Kontinenten, aber auch zwischen Kulturen und Gefühlen.

Die DVD hat – wie es sich inzwischen gehört – auch noch einige Extras. Fatih Akin hat ihr eine 40-minütige Dokumentation beigepackt. Unter the Bridge – The B-Side of Istanbul ist eine Doku über die Stadt. Schön daran ist, dass sie eine eigene Geschichte erzählt und nicht nur Schnipsel des Hauptfilms aneinanderreiht. Videos der in der Doku vorgestellten Musiker sind außerdem auf ihr. Das größte Schmanckerl ist aber der Frisörbesuch von Alex Hacke in Neukölln. Da erzählt er dem Türken von einem Konzert der Einstürzenden
Neubauten in Istanbul.

Knutson steht auf Hasch gegen Hass

Schon gehört? Es gibt da einen feinen, neuen Krümel in der süßlich duftenden deutschen Musikszene. Knutson ist sein Name. Wenn man sich seine Songs reinzieht, dann ist das sagenhaft entspannend. Eine gewisse Lässigkeit macht sich breit. Und ein Lächeln, das sich gar nicht mehr unterdrücken läßt.

„Hasch gegen Hass“ nennt sich der Erstling von Knutson. Der Titel der CD ist in der Szene offensichtlich gut angekommen. Herwig Mitteregger (Spliff), Sebastian Krumbiegel (Prinzen), Rod Gonzales (Ärzte), Cappuccino (Jazzkantine) und P.R.Kantate sind mit dem
Newcomer ins Studio gegangen, um das hohe Lied des Kiffens in allerlei Variationen mitzusingen.

„Marie Johanna“ ist eine witzige Coverversion von „Carbonara“, dem großen Hit von Spliff. Und natürlich wird der Mädchen-Doppelname zu Marihuana, wenn er gesungen wird. Das Album mit seinen zwölf Songs ist eine Hommage an die entspannenden Gefühle beim Einatmen eines Spliffs. Natürlich läßt sich trefflich streiten, ob das gut ist. Worüber sich aber nicht streiten läßt, ist die Qualität des Albums. Knutson hat sehr gute Chancen, sich zu etablieren. Ob er dann auch noch ständig an der Tüte zieht, wird richtig spannend.

Element Of Crime auf dem Weg zum Mittelpunkt der Welt

Draußen wird es immer früher dunkel. Die Nächte werden länger. November-Depression stellt sich bei manchen ein. Das ist genau der richtige Moment für das neue Element of Crime-Album. „Mittelpunkt der Welt“ heißt die CD, die konsequent den melancholischen Sound der Band fortführt.

Wer also eine Neuerfindung von Sven Regeners Combo erwartet, wird enttäuscht. Aber genau das ist ja das Schöne. Alle zehn Lieder klingen so vertraut: die vielen Moll-Akkorde und die Bläsersätze zur Verstärkung der nachdenklichen Texte. Sven Regener (44) ist der einzig würdige Erbe Rio Reisers (1950 bis 1996). Zwar erlebt der deutsche Text einen Boom, doch diese lyrische Kraft, diese Poesie in der Schilderung des Alltags beherrscht
keiner so wie er. Das gilt für den Nachklang der großen Liebe, für die Desillusionierung des
älter Werdenden, die Regeners Texte bestimmen.

Textlich und musikalisch ist „Finger weg von meiner Paranoia“ der Höhepunkt der Platte. Da bündelt sich das Spiel mit musikalischen Stilen mit einem Becken dominierten
Rhythmus und einem wunderbar lakonischen Text zu einer Hymne an die Eigenständigkeit – auch in der Verarbeitung aller Narben, die einem das Leben so
zufügt.

Trikont feiert mit Mestizo Music die Rebellion Lateinamerikas

Mestizo Music
Mestizo Music

Lateinamerika ist einer der Brennpunkte der Anti-Globalisierungsbewegung. Der Weltsozialgipfel in Porto Alegro ist Ausdruck der Auflehnung vieler Menschen gegen
die vollständige Ökonomisierung des Lebens. Trikont hat sich die aktuelle Musik Mittel- und Südamerikas ganz genau vor diesem Hintergrund angehört. Entstanden ist so der Sampler Mestizo Music, der 17 Bands mit sozialkritischen Songs vereinigt.

Musikalisch ist das ein Fest: Raggae, Salsa, Ska und HipHop zeugen von der Vielfalt der Musikszenen. Das hat nichts mit folkloristischer Weltmusik zu tun, sondern mit richtig gutem Rock und Pop, den man bei uns nie im Radio präsentiert bekommt. Natürlich sind trotzdem die musikalischen Traditionen zu hören.

Sie werden von den Künstlern aus Argentinien, Mexiko oder Brasilien nicht verleugnet. Aber sie sind auch nicht bestimmend. Die Fusion dieser Musik ist teilweise auch schon nach Deutschland übergeschwappt. Manches Stück erinnert an die Berliner von Culcha Candela
oder Seeed. Wie immer glänzt Trikont auch bei diesem Sampler mit einem sehr guten und informativen Booklet – inklusive der Übersetzung aller Songs.

Mestizo Music – Rebelión en Amerérica Latina; Trikont.

Funny van Dannen textet uns lustig

Funny van Dannen: Authentic Trip
Funny van Dannen: Authentic Trip

Irgendwie klingt diese Live-CD wie früher die Musik am Lagerfeuer. Da singt ein Mann zu seinem Gitarrenspiel. Aber das, was er da singt, macht viel mehr Spaß als das Zeug damals. Funny van Dannen (47) hat 23 Songs im September live in München aufgenommen.

Er singt von der Zumutung, wenn die Freundin ständig von George Clooney träumt. Er zeigt sich selbst an: Ich habe einen Arbeitsplatz vernichtet. Und er blickt auf die Stringtanga-Queen von Berlin. Es ist ein subtil-böser Kommentar auf den Zustand der Republik und ihrer Insassen. Manchmal erinnert van Dannen dabei an den großen Bob Dylan.

FUNNY VAN DANNEN: AUTHENTIC TRIP, LIVE. TRIKONT

KTU erzeugen mit dem Akkordeon bombastische Sounds

KTU: 8Armed Monkey
KTU: 8Armed Monkey

Die Wucht des Akkordeons von Kimmo Pohjonen ist unglaublich. Sie hat so gar nichts mit den Klängen zu tun, die sonst mit der Ziehharmonika verbunden werden. Der Finne hat zu sammen mit seinem Percussion-Kollegen Samuli  Kosminen ein neues Album vorgelgt. Diesmal nicht mit dem legendären Kronos-Quartet, sondern mit zwei Veteranen von King Crimson.

8Armed Monkey ist eine Mischung aus  Psychedelic, Hard Rock und Techno. Dabei erinnert das Album stark an Klangexperimente von Tangerine Dream oder eben King Crimson. Aber auch große Orchesterwerke neuer Musik schwingen durch. KTU, so nennt sich Kluster der beiden Finnen jetzt, entführt in fünf langen Stücken in eine bombastische Natur. Wer das hören und verstehen will, muss die Augen schließen. Dann erlebt er berauschende Klangwelten. Grandios!

Kitschfreie Liebeslieder von Rio Reiser für die Ewigkeit

Rio Reiser (1950 bis 1996) war die kräftigste und poetischste Stimme der deutschen Rockmusik. Auch neun Jahre nach seinem Tod überzeugen seine Songs. Das beweist
jetzt das Familienalbum, Band 2.

Von Klee bis zu den Söhnen Mannheims, von Christina Stürmer (23) bis Dorfdisko, von Clueso bis Keimzeit reicht das Spektrum der Interpreten. Das Phantastische: Rios
Lieder funktionieren noch immer. Egal ob Klee mit „Lass mich ein Wunder sein“ ganz nah am Original bleibt oder ob die Söhne Mannheims aus „Mein Name ist Mensch“ ein Stück machen, das so klingt, als sei es nur für sie geschrieben.

Schon zu seinen Lebzeiten zeigte sich die Wandlungsfähigkeit von Rios Musik. Marianne Rosenberg (50) startete mit ihr ein Comeback, das vor allem in der Schwulen-Szene für Begeisterung sorgte. Das funktionierte auch damals nur, weil Rio die extrem seltene
Gabe hatte, kitschfreie Liebeslieder schreiben zu können. Selbst bei Marianne Rosenberg gingen die im Kitsch nicht vollständig unter.

Auf dem Familienalbum, Band 2 ist dann auch nicht umsonst „B-Seite“ von Annett Louisan (28) eines der schönsten Lieder. Es klingt tatsächlich so, als wäre es für ihr neues Album erst ganz neu geschrieben worden. Und das gilt für das rockige „Bis ans Ende der Welt“ von Christina Stürmer genauso. Nur Reinhard Mey (52) stört auf dem Album. Das hätte nicht sein müssen. Ganz anders übrigens als Claudia Roth (50). Ihr Intro ist ein starkes Bekenntnis der Grünen-Vorsitzenden, die so gern für ihre Emotionen und ihr Outfit belächelt wird. Im Intro erzählt sie kurz und klar, dass sie dieses Selbstbewusstsein
zum „Nur-Ich-Selber-Sein“ von Rio Reiser hat – aus der Zeit, als sie Managerin von Ton Steine Scherben war.