Jochen Arbeit lädt zum Träumen ein

Jochen Arbeit: Arbeit
Jochen Arbeit: Arbeit

Kammermusik für Rock-Instrumente könnte als  Untertitel unter Jochen Arbeits Soloalbum stehen. Der Gitarrist der Einstürzenden Neubauten (seit 1997) und früher bei „Die Haut“ hat auf seinem Album Musikstücke versammelt, die eigentlich für Film, Theater oder Werbung geschrieben wurden.

Eigentlich waren die Stücke dazu gedacht, zusammen mit ganz bestimmten Bildern gehört zu werden. Jetzt, wo die Töne nackte Musik sind, entfalten die Tracks eine eigene  Faszination. Die Bandbreite reicht von Sounds, die an Philip Glas erinnern bis hin zu elektronischen Fantasien. Wer die Augen schließt und nur einen Funken Fantasie hat, dem werden sich sehr schnell eigene Bilder vor dem inneren Auge formen.

Gerade die minimalistischen Stücke wie „Burlesque“ entfalten durch die steten  Wiederholungen der Melodienbögen diese Kraft, die Fantasie anzuregen. Ganz in der Tradition der „Einstürzenden Neubauten“ nutzt Jochen Arbeit nicht nur Instrumente.
Er erzeugt auch Klänge, die den normalen Musikbegriff erweitern. Etwa wenn im „Piece für Adidas“ aus einem Hauch langsam ein Klangbild entsteht, das die Waage zwischen  Anspannung und Ruhe hält.

Diese Rezension ist am 4. November 2008 in 20cent erschienen.

Fatih Akin hört auf den verstörenden Klang Istanbuls

Auch Dokumentationen können mehr als 100.000 Zuschauer ins Kino locken. Buena Vista Social Club von Wim Wenders (60) war ein gigantischer Erfolg. Fatih Akins (32) Crossing the Bridge faszinierte ebenfalls. Jetzt gibt es den Film auf DVD.

Die Reise auf der Suche nach dem Sound of Istanbul – so der Untertitel – ist der beste  Kommentar zu solch politischen Fragen wie der Mitgliedschaft der Türkei zur Europäischen Union. Wer sich diesen Film anschaut, begreift sofort, dass Istanbul in vielem sehr europäisch ist.

Aber natürlich nicht nur. Ein DJ, mit dem sich Alex Hacke von den Einstürzenden Neubauten unterhält, geht darauf ein. Sie müssten die Musik des Westens, des Ostens und des Südens hören, um den Partygängern den richtigen Mix aufzulegen. Dieser Mix ist es, der die musikalische Erkundung von Crossing the Bridge so spannend macht. Der Zuschauer lernt einen türkischen Michael Holm genauso kennen, wie Punks, Technojünger oder Psychedelic-Rocker. Und alle Töne haben miteinander zu tun. Sie bilden akustische Brücken zwischen Kontinenten, aber auch zwischen Kulturen und Gefühlen.

Die DVD hat – wie es sich inzwischen gehört – auch noch einige Extras. Fatih Akin hat ihr eine 40-minütige Dokumentation beigepackt. Unter the Bridge – The B-Side of Istanbul ist eine Doku über die Stadt. Schön daran ist, dass sie eine eigene Geschichte erzählt und nicht nur Schnipsel des Hauptfilms aneinanderreiht. Videos der in der Doku vorgestellten Musiker sind außerdem auf ihr. Das größte Schmanckerl ist aber der Frisörbesuch von Alex Hacke in Neukölln. Da erzählt er dem Türken von einem Konzert der Einstürzenden
Neubauten in Istanbul.