Schnittstellen in der Natur

Bei meiner externen Festplatte nervt die Schnittstelle. Ob es das Kabel oder die Buchse ist, weiß ich nicht. Sicher ist nur, dass ich nicht mehr an die Daten komme.

In der Natur finden sich auch ganz viele Schnittstellen. So wie hier im Wald auf Schmöckwitz-Werder. Sie zeugen davon, dass Schnitte mit Sägen oder Bruch durch Wind Bestehendes zerstört hat. Bei meiner Festplatte ist das nicht viel anders. Auch da existieren die Daten noch. Aber die kaputte Schnittstelle verhindert, dass ich an sie komme. Und so sind die Daten für mich das, was die Bäume, die es nicht mehr gibt, für die zurückgebliebenen Stümpfe sind: Erinnerungen an etwas Verschwundenes.

Penderecki über seine Bäume, seine Musik und Deutschland

Krzystof Penderecki
Krzystof Penderecki

Krzysztof Penderecki, Sie erhalten den Viadrina-Preis für deutsch-polnische Verständigung. Welche Bedeutung hat diese Auszeichnung für einen Mann, der schon so viele Ehrungen erhalten hat? Der Mitglied der Akademie der Künste in Berlin, der Mitglied der Akademie der schönen Künste Bayerns ist, der in den USA, in China ausgezeichnet worden ist. Was bedeutet so ein Preis aus Frankfurt (Oder)?

Sehr viel. Ich habe mich das ganze Leben um Verständigung zwischen Polen und Deutschland bemüht. Ich habe vier Jahre in Deutschland gelebt. Ich habe, vielleicht, viele hundert Konzerte dort gehabt. Aber was wichtiger ist: Fast die Hälfte meiner Konzerte ist für deutsche Auftraggeber geschrieben worden.

Es ist sehr interessant, dass ein Mann, der 1933 in Ostpolen geboren wurde, der den zweiten Weltkrieg, der die Schrecken des Krieges auch in der eigenen Familie erlebt hat, ausgerechnet Deutsch lernte.

Mein Großvater war ein Deutscher. Er hat mit mir, aber daran kann ich mich nicht mehr erinnern, vor dem Kriege Deutsch gesprochen. Aber als die Deutschen kamen, wollte er plötzlich kein Wort Deutsch mehr sprechen. Ich habe dann alles verlernt. Aber ich dachte dann, dass man das überwinden muss. Man kann nicht das ganze Leben nur vom Hass leben. Als ich nach Deutschland kam, habe ich dann ganz viele positive Deutsche kennengelernt.

Frisches Ostermoos an Weihnachten

Weihnachten 2011: Bei elf Grad schimmert das Moos wie eigentlich an Ostern. Zartes Grün macht sich breit, wo Schnee sein sollte. Im Wald auf Schmöckwitz Werder erinnert gar nichts an Winter. Lediglich einige Spaziergänger, die dick vermummt frische Luft im Wald suchen, erinnern an die Jahreszeit. Obwohl die Temperaturen keine Mützen, keine Schals und keine Handschuhe erfordern.

Heimat (8): Laufwege an und in Buchenwäldern

Buchenwald bei Betzenberg
Buchenwald bei Betzenberg

Die Ruhe wird nur von Traktoren gestört. Ab und an ist das Pumpen der Kolben in der Ferne zu vernehmen. Aber hier in der Fränkischen Schweiz ist dieser Klang schon fast natürlich. Er gehört hier her wie der Fels aus Kalk. Beim Laufen durch noch immer hellgrün schimmernden Buchenwald, die leichte Steigung deutlich spürend, stellt sich ein vages Heimatgefühl ein.

Die Farbe der Erde, der Geruch des Waldes, der Klang der fernen Bulldogs, all das macht die Schritte leichter. Auch ohne Laufschuhe (stattdessen leichte Straßenschuhe) dafür aber mit Kreuzschmerzen. Die lassen dann auch nach. Mit jedem Einatmen dieser wohl vertrauten Luft.

Mehr Heimat:
(1) Mein Sprungturm
(2) Stänglich vom Schwab
(3) Leberkäsweck
(4) Bilder aus Hammelburg
(5) Schlesisch Blau in Kreuzberg
(6) Danke Biermösl Blosn!
(7) Weinlaub und Weintrauben
(8) Laufwege in Buchenwäldern
(9) Fränkische Wirtschaft
(10) Bamberger Bratwörscht am Maibachufer
(11) Weißer Glühwein
(12) Berlin
(13) Geburtstage bei Freunden aus dem Heimatort
(14) Gemüse aus dem eigenen Garten
(15) Glockenläuten in der Kleinstadt
(16) Italienische Klänge
(17) Erstaunliches Wiedersehen nach 20 Jahren
(18) Federweißen aus Hammelburg
(19) Wo die Polizei einem vertraut
(20) Erinnerungen in Aschaffenburg
(21) Nürnberg gegen Union Berlin
(22) Der DDR-Polizeiruf 110 „Draußen am See“

Schrecksekunden beim Laufen im Wald

Laufen am Morgen. Die Schritte legen regelmäßig das gleiche Stück Weg zurück. Der Puls hat sich auf einen schnelleren, aber geregelten Schlag eingestellt. Der See links neben mir bewegt sich in der immer gleichen, ganz sanften Dünung. Die Lunge saugt die Luft in einem Zug ein und pumpt sie in drei kurzen Stößen aus. Alles ist ruhig.

Doch dann kommt ein kläffender Hund von der Seite angerannt. Meine Schritte stoppen. Das Herz beginnt zu rasen. Der Atem stockt. Der Hund springt mich an. Will er beißen? Ich weiß es nicht. Nicht in dieser Schrecksekunde und nicht später. Ein Mann ruft den Köter zu sich. Er hörtr erst beim dritten Mal. Zu meiner Beruhigung trägt das nicht bei.

Und dann kommt der Satz, der mich explodieren lässt: „Er will ja nur spielen.“ „Und ich will in Ruhe laufen! Woher soll ich denn wissen, dass das Vieh nicht beißt?“ Der Mann ist verdutzt. Schaut mich an, als sei ich von einem anderen Stern. Und dreht sich wortlos um. Ich beginne wieder zu laufen. Die Schritte sind schwer. Das Herz schlägt zu schnell. Der Atem ist unregelmäßig, Seitenstechen ist die Folge. Und das alles nur wegen dieses Hundes. Nicht, nicht wegen des Hundes ermahne ich mich selbst. Wegen des Mannes, der seinen Hund nicht unter Kontrolle hat.

Als ich mich beruhigt habe, als ich den Rhythmus wiedergefunden habe, als das Seitenstechen vorbei ist, kommt ein Mann mit Fahrrad entgegen. Die Hundeleine hat er um den Nacken gelegt. Hinter ihm rennt ein Hund, der so groß ist wie das Fahrrad. Ich stocke, bleibe wie angewurzelt stehen. Der Mann erschrickt. Ruft den Hund zu sich und fährt zwischen Hund und mir an mit vorbei. Der Lauf bleibt danach unruhig. Ruhig sind nur die Hundebesitzer, die mit ihren Tieren nur spielen. Und sich gar nicht vorstellen können, dass man Angst vor ihnen hat. Begründete Angst, wenn man schon zweimal gebissen wurde.