Die erstaunliche Ruhe der Frustrierten

Die MOZ weiß, was beim Warten auf den Zug hilft (s. oben).
Die MOZ weiß, was beim Warten auf den Zug hilft (s. oben).

Diesmal war nicht die Bahn schuld. Es war Tief Joachim, das Züge ausfallen ließ. Die Feierabendpendler nach Berlin warteten in Frankfurt (Oder) geduldig. Kein Murren, kein Gezeter, kein Gemaule.

Angesichts der regelmäßigen Verspätungen und der seit Monaten und Jahren anerzogenen Leidensfähigkeit hat die Bahn uns Dauerfahrgäste endlich da, wo sie uns haben will: Wir nehmen nur noch hin. Hauptsache, wir kommen irgendwie weiter. Die Kraft zur Aufregeng, die Wut zur Auseinandersetzung mit dem Bahnpersonal gibt es nicht mehr. Selbst wenn die Fahrgäste für drei Züge in nur einen gepresst werden. Wir dulden. Wir ertragen. Ja, wir freuen uns sogar, dass wir mitfahren dürfen.

Schrecksekunden beim Laufen im Wald

Laufen am Morgen. Die Schritte legen regelmäßig das gleiche Stück Weg zurück. Der Puls hat sich auf einen schnelleren, aber geregelten Schlag eingestellt. Der See links neben mir bewegt sich in der immer gleichen, ganz sanften Dünung. Die Lunge saugt die Luft in einem Zug ein und pumpt sie in drei kurzen Stößen aus. Alles ist ruhig.

Doch dann kommt ein kläffender Hund von der Seite angerannt. Meine Schritte stoppen. Das Herz beginnt zu rasen. Der Atem stockt. Der Hund springt mich an. Will er beißen? Ich weiß es nicht. Nicht in dieser Schrecksekunde und nicht später. Ein Mann ruft den Köter zu sich. Er hörtr erst beim dritten Mal. Zu meiner Beruhigung trägt das nicht bei.

Und dann kommt der Satz, der mich explodieren lässt: „Er will ja nur spielen.“ „Und ich will in Ruhe laufen! Woher soll ich denn wissen, dass das Vieh nicht beißt?“ Der Mann ist verdutzt. Schaut mich an, als sei ich von einem anderen Stern. Und dreht sich wortlos um. Ich beginne wieder zu laufen. Die Schritte sind schwer. Das Herz schlägt zu schnell. Der Atem ist unregelmäßig, Seitenstechen ist die Folge. Und das alles nur wegen dieses Hundes. Nicht, nicht wegen des Hundes ermahne ich mich selbst. Wegen des Mannes, der seinen Hund nicht unter Kontrolle hat.

Als ich mich beruhigt habe, als ich den Rhythmus wiedergefunden habe, als das Seitenstechen vorbei ist, kommt ein Mann mit Fahrrad entgegen. Die Hundeleine hat er um den Nacken gelegt. Hinter ihm rennt ein Hund, der so groß ist wie das Fahrrad. Ich stocke, bleibe wie angewurzelt stehen. Der Mann erschrickt. Ruft den Hund zu sich und fährt zwischen Hund und mir an mit vorbei. Der Lauf bleibt danach unruhig. Ruhig sind nur die Hundebesitzer, die mit ihren Tieren nur spielen. Und sich gar nicht vorstellen können, dass man Angst vor ihnen hat. Begründete Angst, wenn man schon zweimal gebissen wurde.

Susannes seltsame Spreewald-Erziehung

Dieses Kind war nicht auf den Heuschober
Dieses Kind war nicht auf den Heuschober

Der Heuschober ist schön. Er lädt die Kinder zum Spielen ein. In in hinein dürfen sie, doch nicht auf ihn hinauf. Allerdings steht das nirgends. Aber das Erklimmen erquiklicher Höhen ist ein Fest für Buben. Deshalb tun sie es auch. Bis Susanne von Susannes Barfuß-Park in Burg/Spreewald es mitbekommt. Schon erstaunlich, wie aus einer behäbigen Frau eine schnell agierende und laut lamentierende Furie reifen kann: „Wenn Du noch kleiner wärst, würde ich Dich an beiden Ohren ziehen und Knoten reinmachen.“

Was für ein Satz, was für eine Wut, was für eine Maßlosigkeit der schreienden Susanne. „Aber Du bist ja zu groß. Jetzt muss ich mir was anderes einfallen lassen.“ Der Bub ist neun oder zehn. So groß ist er also nicht. Aber für Barfuß-Susanne schon zu groß. Zum Glück sind seine Ohren auch normal gewachsen. Sonst würde sie noch auf die Idee kommen, tatsächlich dran zu ziehen. Doch so lässt sie wutschnaubend ab. Und lässt sämtliche Gäste mit offenem Mund hinter sich auf ihrem Weg zurück in die Küche.

Soll man jetzt gehen? Soll man jetzt einschreiten? Soll man Susanne sagen, dass sie Maß und Takt verloren hat? Oder soll man nur überall erzählen, dass Susannes Barfuß-Park in Burg/Spreewald ein Ort ist, den man unbedingt meiden sollte? Wer für letzteres ist, kann den Text ja auf Facebook etc. teilen.

P.S. Wer Susannes Refugium dennoch sucht: Sie hat auf das sonst übliche Apostroph zum Glück verzichtet, dafür schreibt sie Barfuß-Park so: Barfuss-Park.