Aus dem Zugfenster von Frankfurt (Oder) nach Cottbus

Frankfurt und Cottbus verbindet eine Bahnstrecke, auf der die Gemächlichkeit noch zuhause ist. Für die gut 90 Kilometer benötigt die Bahn eine Stunde und 18 Minuten. Auf der einen Seite ist das ziemlich lang. Auf der anderen aber auch Zeit zum Entspannen. Wer die Zeit nutzt und nicht schläft, Musik hört oder liest, sondern einfach nur zum Fenster hinausschaut, der sieht auf dieser Fahrt entlang der Oder-Neiße-Grenze all das, was den Osten ausmacht.

Innen- und Aussichten im Cottbuser Kunstmuseum Dieselkraftwerk

Das Schöne am Cottbuser Kunstmuseum Dieselkraftwerk ist natürlich die ausgestellte Kunst. Aber noch viel mehr ist es die Architektur dieses ungewöhnlichen Ausstellungsgebäudes. Bei der Sanierung wurde auf ganz viele Details geachtet. Viele Elemente erinnern an Schiffbau. Das Treppenhaus, das wie ein Bug Richtung Amtsteich im Goethe-Park. Selbst das Treppengeländer ist wie eine Reling gestaltet. So schuf der Architekt Werner Issel den Raum für die beiden Schiffsmotoren, die hier Strom erzeugen sollten. Ohne diese Motoren ist er ein außergewöhnlicher Ort zur Präsentation von Kunst. Nicht nur wegen der stets wechselnden Ausstellungen lohnt es sich also, immer wieder im DKW vorbeizukommen.

Fliesen im Cottbuser Kunstmuseum Dieselkraftwerk

Die absonderliche Brautschau von Fürst Pückler in England

Peter James Bowman: Ein Glücksritter - Die englischen Jahre von Fürst Pückler-MuskauDie Idee klingt absurd. Da lässt sich ein Paar scheiden, weil der Mann sich auf die Suche nach einer neuen Frau machen soll. Die soll dann mit der Ex unter einem Dach leben, weil sich das Scheidungspaar noch immer liebt. Die neue Frau soll das aber erst erfahren, wenn sie wirklich mit der Ex im gleichen Haus lebt. Einzige Voraussetzung: Die Neue muss eine Mitgift bekommen, die zur Tilgung der Schulden genügt.

Fliesen im Cottbuser Kunstmuseum Dieselkraftwerk

Fliesen im DKW Cottbus

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Fliesen im DKW Cottbus

Sie sind ein Blickfang, die Fliesen im Cottbuser Kunstmuseum Dieselkraftwerk. Verlegt von Architekt Werner Issel in den späten 1920er-Jahren, sind sie mehr als nur funktional. Sie schmücken Räume wie den Schaltraum oder die hohen Räume für die Dieselgeneratoren. Als Kraftwerk hat der Bau nicht allzu lange fungiert. Nach vielen Jahren des Leerstands und der Fremdnutzung ist der Bau seit einigen Jahren als Kunstmuseum in Betrieb. Zum Glück wurde bei der Umwidmung und Sanierung so viel wie möglich erhalten. Und so sieht der Besucher auch die Fliesen – und den Aufwand, der in diesem Funktionsbau betrieben wurde. Dank der Weitsicht von Werner Issel konnten sogar Fliesen ausgetauscht werden. Er hat Chargen der von ihm in Auftrag gegebenen Sonderanfertigungen so eingebaut, dass sie erst bei der Sanierung ans Tageslicht kamen.

Innen- und Aussichten im Cottbuser Kunstmuseum Dieselkraftwerk

Mit Dieter Hildebrandt zwischen Cottbus und Berlin

Der Zug von Cottbus nach Berlin war an diesem Samstag oder Sonntag sehr leer. In der ersten Klasse saß nur ein Mann, der über seine Zeitung gebeugt sehr konzentriert las. Er schaute kurz auf, als ich die erste Klasse betrat. Ich erkannte Dieter Hildebrandt sofort, grüßte ihn und setzte mich auf einen anderen der freien Plätze.

Am Abend zuvor hatte er in Hoyerswerda aus seinem damals neuen Buch gelesen. In unserer kleinen Zeitung hatten wir das natürlich angekündigt und so saß ich da und ärgerte mich, dass ich den Abend anders verbracht hatte, als ihm zuzuhören, seinen immer wieder unterbrochenen Sätzen zu folgen, bis sie sich verflüchtigten, um dann im Nachsatz, quasi im Verhallen des Gedankengefüges mit einer Pointe fast schon so sanft gefüllt zu werden, dass sie oft erst kurze Zeit später zündeten. Es war ein sonderbares Gefühl, ihm so nah und doch durch die Situation der beiden allein reisenden und lesenden Männer so getrennt zu sein. Immerhin saß ich da einem der Menschen fast gegenüber, der mich fast schon mein ganzes Leben begleitete, dessen Bücher und Programme ich gelesen hatte, dessen Auftritte ich im Fernsehen möglichst immer sah und den live zu erleben damals in Schweinfurt nachhaltigen Eindruck machte.

Es dauerte bis Lübben, bis ich meine Skrupel überwunden hatte und ihn ansprach. Dann siegte die Hoffnung, eventuell mit ihm einige Sätze wechseln zu können, über die Unhöflichkeit des Ansprechens eines Menschen, den man selbst zu kennen glaubt, der einen selbst aber gar nicht kennt. Dieter Hildebrandt schaute auf, lächelte und bot mir sofort den Platz gegenüber ein. Die Zeitung legte er zusammen und dann fragte er mich. Er wollte wissen, von mir wissen, wie stark Neonazis zwischen Hoyerswerda und Berlin verwurzelt sind, als er das Bahnhofsschild „Halbe“ las. Er interessierte sich für die Zerstörung der Natur durch die Braunkohle, für den demographischen Wandel und das kulturelle Leben in der Lausitz. Aber er antwortete auch auf meine Fragen, etwa nach seiner Herkunft aus Bunzlau, seine Erinnerungen daran und die Vertreibung. Da die Vertriebenenvertreter zu den stets gepflegten Objekten seiner kabarettistischen Angriffe gehörten, interessierte mich sein Umgang mit dem Verlust von Heimat ganz besonders. Dieter Hildebrandt erzählte aufgeräumt und schmunzelnd, seine Augen ruhten dabei die ganze Zeit auf dem ihm unbekannten Gesprächspartner. Sie waren offen und voller Interesse am Gegenüber, nicht abweisend oder skeptisch. Nein, sie waren herzlich. So wie dieser ganze Mensch in dieser Fahrt erster Klasse von Cottbus nach Berlin durch und durch herzlich war.

Schade, dass es solche Begegnungen jetzt nicht mehr geben kann. Schade, dass diese Offenheit, Neugier und Herzlichkeit vergangen ist. Schade, dass Dieter Hildebrandt gestorben ist.

Zum Entdecken des Entdeckers Ludwig Leichhardt: Briefwechsel und Tagebuch

Zum 200. Geburtstag Ludwig Leichhardts sind einige Bücher erschienen. Ganz neu ist ein Band, der die Beiträge zum Leichhardt-Symposium in diesem Jahr versammelt. Das von Günter Bayerl und Tim Müller herausgegebene Buch ist für Fortgeschrittene sicherlich lesenswert. Wer aber Ludwig Leichhardt erst noch kennenlernen will, der sollte mit seinen eigenen Texten anfangen. Franz Braumann hat „Die erste Durchquerung Australiens“ nach Leichhardts Tagebüchern herausgebracht. Der Erdmann-Verlag, der für seine Bücher über und von Entdeckern und Seefahrer aller Zeitalter bekannt ist, hat das Buch 20 Jahre nach der vergriffenen Erstauflage noch einmal veröffentlicht.

Ludwig Leichhardt ist Australiens Botschafter Peter Tesch ein Herzensanliegen

Ludwig Leichhardt. Foto: National Library of Australia
Ludwig Leichhardt. Foto: National Library of Australia

Er ist einer der großen deutschen Entdecker: Ludwig Leichhardt. Aber der Australien-Forscher ist in seiner Heimat Deutschland und Brandenburg ziemlich in Vergessenheit geraten. Geboren ist Leichhardt 1813 in Trebatsch im heutigen Landkreis Oder-Spree, in Cottbus besuchte er das Gymnasium. Anschließend studierte er in Berlin, Göttingen, Paris und London. 1844 bis 1846 durchquerte er als erster Teile Australiens. Dabei entdeckte er nicht nur Pflanzen, Tiere, Flüsse und Gebirge, Leichhardt fand auch Australiens wichtigstes Kohlevorkommen.

Für Australiens Botschafter Peter Tesch ist es ein Herzensanliegen, Leichhardt in seiner Heimat so bekannt zu machen wie in Australien, wo sogar ein Berg und ein Fluss nach ihm heißen. Für ein Vis-à-vis des Inforadio habe ich mit ihm über die Bedeutung Leichhardts in Vergangenheit und Gegenwart gesprochen.

Hier ist das vollständige Interview zu hören…

Flashmob gegen die NPD in Cottbus

Flashmob gegen die NPD in Cottbus am 3. März 2012. Der Infostand der rechten Parteigenossen hat deutlich mehr Menschen in Cottbus missfallen, als an ihm beteilgt waren. Auch hat so gut wie niemand die Infos der NPD gewollt. Eine schöne Aktion der Cottbuser gegen die Braunen.

Tristesse in Frankfurt (Oder)

Sieben Minuten Fußweg. Schon nach zwei ist die Hose durchnäßt. Nur die alte Regenjacke tut tapfer ihren Dienst. Die Bahn passt sich ans Wetter an. Züge fallen aus. Loks bleiben stehen. Die nasse Hose wird zur Dauerkühlung auf der Haut. Regentropfen überall. Grau die Blicke der Menschen. Grau die Dämmerung im Regen. Mehr als 60 Minuten später fährt ein Zug los. Loks wurden getauscht.

Doch das brachte nichts. Züge wurden gestrichen. Menschen auf andere Bahnsteige gehetzt. Der Zug wird in Besitz genommen. Doch dafür müssen andere vor der Tür stehen bleiben. Der Zug sollte eigentlich nach Cottbus fahren. Doch die Pendler Richtung Süden müssen draußen bleiben. Für sie hat die Bahn blos Busse. Das alles wegen 13 Grad und stundenlangem Dauerregen?

Erstaunlich ruhig bleiben die Cottbus-Fahrer. Der Regen drückt alle Emotionen. Selbst Ärger wirkt gedämpft. Graue Stimmung, graue Töne. Tristesse in Frankfurt (Oder). Am letzten Abend vor dem Urlaub. Die Stadt will die Menschen behalten, die sie abends verlassen. Mit tätiger Hilfe der Bahn. Doch das wird nicht fruchten. Der einzige Gedanke: „Weg aus Frankfurt. Weg, ganz schnell.“

Rundgang durch Cottbus in Bildern

Veränderung im eigenen Umfeld wird kaum wahrgenommen. Dafür wandelt sich eine Stadt zu langsam. Deutlich wird die Entwicklung erst dann, wenn das Alte und das Neue nebeneinandergestellt werden. Die Märkische Oderzeitung hat als neunten Band der Reihe „Einst und Jetzt“ ein Buch über Cottbus vorgestellt.

Harriet Stürmer ist in Cottbus geboren. Sie ist dort zur Schule gegangen und hat nach dem Studium als Journalistin in Cottbus gearbeitet. Inzwischen ist sie Redakteurin der Märkischen Oderzeitung. Für den Band „Einst und Jetzt – Cottbus“, der Mittwochabend vorgestellt wurde, hat Stürmer ihre Heimatstadt neu entdeckt. Und nachgeforscht, warum etwa der kleine Berg, auf dem das Landgericht steht, nicht Gerichts-, sondern Schlossberg heißt. Das erste Motiv des Buches zeigt den Hügel mit dem dominierenden Turm. Der fußt auf den ältesten Bauresten der Stadt. Weil er zur Burg und später zum Schloss, das im 19. Jahrhundert abbrannte, gehörte, heißt der Berg noch heute Schlossberg.

Von hier führt das Buch auf über 40 Bildpaaren fast wie bei einem langen Spaziergang durch die Stadt. Fotografin Carla Fischer hat bei ihrer Arbeit für das Buch festgestellt: „Auf den alten Bildern war oft viel mehr Leben.“ Ein Eindruck, der im Buch bestätigt wird. So war der Cottbuser Altmarkt früher „ein echter Markt“, wie Stadtarchivar Steffen Krestin bei der Buchvorstellung im Cottbuser Stadtmuseum ausführte. In der Gegenwart lebt er vor allem im Sommer dank der vielen Straßencafés auf. Doch im Winter fehlt ihm die Funktion.

Diese Veränderungen in der Funktion von Gebäuden oder ganzen Stadtarealen werden in dem Band immer wieder durch ein historisches und ein aktuelles Foto aus der gleichen Perspektive festgehalten. Stürmers Texte sortieren dies kompakt in Vergangenheit und Gegenwart ein. Konzept und Buch überzeugten die Gäste der Vorstellung. „Ein schöner Bildband, der uns zeigt, wie sich die Stadt verändert hat,“ so das Fazit einer Besucherin.