Fundstücke aus meinem Rucksack (2) – Ein Button

Der Button: Wer nicht genießt, wird ungenießbar!
Der Button: Wer nicht genießt, wird ungenießbar!

Die Suche in den Tiefen meines alten Rucksacks fördert eine weitere Erinnerung hervor: diesen Button.

Eine liebe Kollegin schenkte ihn mir zum Abschied aus Cottbus. Wir waren in den Cottbuser Jahren so manches Mal Essen und haben dazu immer einen guten Wein getrunken. Sie sagte damals, dass sie bedaure, so spät erst zu gutem Wein gefunden zu haben. Und lachend, dass sie mir gern die Auswahl überlässt. Ich habe daraufhin nichts anderes getan wie sonst auch immer: Mit Genuss gegessen und auch mit Genuss getrunken, den Nuancen der Gewürze, Weine und Obstler nachgeschmeckt.

Heute lachen wir zusammen über diese Zeiten und ich freue mich noch immer daran, dass ihr die Entdeckung neuer Weine so viel Vergnügen bereitet. Ich muss zugeben, ich habe den Button nie getragen.

Aber schon als ich ihn bekam, musste ich an ein Lied von Konstantin Wecker denken. Im Refrain heißt es: „Wer nicht genießt, ist ungenießbar.“ Der Wecker hält also schon diejenigen für mehr als problematisch, die in der Gegenwart genussunfähig sind. Die sind für ihn schon verloren. Der Button ist da etwas optimistischer. Er geht davon aus, dass sie für ihre Umwelt erst in der Zukunft unerträglich werden. Also wäre für diese armen Menschen noch Zeit, dem Einhalt zu gebieten. Als guten Vorsatz, diese Weinabende mal wieder aufleben zu lassen, bekommt der Button am neuen Rucksack außen einen festen Platz.

Weitere Fundstücke aus meinem Rucksack:
GPRS-Modem
Blasenpflaster
USB-Sticks

Fundstücke aus meinem Rucksack (1) – GPRS-Modem

GPRS-Modem aus meinem Rucksack
GPRS-Modem aus meinem Rucksack

Nach fast zehn Jahren geben die Nähte meines Rucksacks nach. Sie halten ihn nicht mehr überall zusammen. Fast ein Viertel meines Lebens begleitete er mich auf dem Rücken. Und im Arbeitsleben sogar deutlich mehr als die Hälfte. Grund genug, in seinen Tiefen zu suchen, damit nichts weggeschmissen wird, woran Erinnerung hängt.

Dieses Modem für den Laptop hatte ich vollkommen vergessen. Es ist in dieser schwarzen Hülle versteckt. Zusätzlich war es noch in einem schmalen Fach des Rucksacks. Dort hat es mindestens sieben Jahre vor sich hin geschlummert. Denn es ist noch aus T-Online-Zeiten. Und die endeten 2003. Damals war das echt klasse: mobiles Surfen mit dem Laptop! Und das in dieser irren Geschwindigkeit, die höher war als bei vielen Festnetzanschlüssen. Das Problem war nur, dass zwar UMTS-Lizenzen an die Telkos verkauft waren, aber selbst GPRS meist nicht verfügbar war. Vor allem im Zug.

Ein Zustand, an dem sich bis heute nichts geändert hat – zumindest bei den Zügen, die ich in der Post-T-Online-Zeit meist nutze. Vermisst habe ich das Ding in all den Jahren nicht. Deshalb wird es wohl in dieser Kiste landen, in der auch all die Kabel und Ladegeräte liegen, die man ja vielleicht noch irgendwann einmal gebrauchen kann…

Weitere Fundstücke aus meinem Rucksack:
Ein Button
Blasenpflaster
USB-Sticks

Die Pasch-Post aus Ankara

Das Thema Schülerzeitung in der Türkei lässt mich nicht mehr los. Nach zwei Rundreisen im vergangenen und diesem Jahr nun also eine Woche Mediencamp in Ankara. Wieder war das Goethe-Institut in Ankara Organisator, um Schülern der PASCH-Schulen Deutsch auf eine lehrreiche und vor allem erlebnisreiche Art zu vermitteln. Mehr als 60 Kinder zwischen 14 und 18 aus der Türkei, dem Kosovo und Deutschland verbrachten zwei Wochen gemeinsam in einer Schule in Ankara. Sie hatten sich für Musik, Film, Radio oder Zeitung entschieden.

Vormittags war Deutschunterricht und nachmittags wurde an den Projekten gearbeitet. Angesichts der sehr unterschiedlichen Deutschkenntnisse war das nicht immer einfach. Aber das aufrichtige Interesse der Schüler, etwas lernen und eine Zeitung machen zu wollen, wog das alles auf. Möglich wurde die Zeitung vor allem dank des Einsatzes von Öznur. Sie ist Deutsch-Türkin und übernahm sämtliche notwendigen Übersetzungsdienste. Außerdem nahm sie zusammen mit einigen anderen die Zügel in die Hand und sorgte dafür, dass die Texte und Bilder von der ganzen Projektgruppe trotz der vielen Ablenkungen auch geliefert wurden.

Unterstützt wurde sie dabei von einer Vietnamesin, die in Jena Deutsch als fremdsprache studiert und bis zu diesme Zeitpunkt noch keine Zeitung gemacht hatte. Das, was Jörg Jenoch als für die Türkei verantwortlicher Pasch-Lehrer (das Programm heißt „Schulen: Partner der Zukunft“) auf die Beine stellt, ist wirklich beachtlich. Und wenn man so wie ich schon einige Schüler von den Besuchen kannte, merkt man auch, wie viel ihnen diese Möglichkeiten aus dem Schulalltag ausbrechen zu können und dennoch lernen zu dürfen bedeutet. Das ist tatsächlich Kulturvermittlung der ganz konkreten Art. Jetzt bin ich nur noch auf die fertige Zeitung gespannt. Die habe ich noch nicht gesehen, weil ich ja nur die erste Woche in Ankara war. Ich weiß nur, dass sie tatsächlich erschienen ist.

Julian Barnes nimmt die Furcht vor dem Tod

Julian Barnes: Nichts, was man fürchten müsste
Julian Barnes: Nichts, was man fürchten müsste

„Ich glaube nicht an Gott, aber ich vermisse ihn.“ Schon wegen dieses ersten Satzes muss man das letzte Buch von Julian Barnes mögen. Wie lässt sich der Zweifel und die letzte Hoffnung auf einen übergeordneten und regelnden Sinn des Daseins besser auf den Punkt bringen?

Julian Barnes wird eindeutig älter. Mit Mitte 60 rückt der Tod in den Blick des britischen Romanciers. Mit seinem Humor und einer guten Anordnung seiner Figuren schafft er es, ein packendes und sehr hintergründiges Buch über das Sterben zu schreiben, das ich nicht mehr aus der Hand legen wollte, ehe ich viele neue Perspektiven auf das endgültige Ende präsentiert bekam. Ausgangspunkt des autobiografischen Romans ist die Auseinandersetzung mit seinem Bruder, einem Philosophen, um den Tod. Dem setzt er auch das obige Zitat entgegen, wenn der die Sinnsuche als überflüssig abtut.

Das ganze Buch ist eine Diskussion der Interpretation des Todes. Der Ich-Erzähler ist Schriftsteller. Er liest die großen Dichter, um sich dem Tod zu nähern. Sein Bruder, der Atheist und Rationalist, hält sich an den Philosophen fest. Das klingt sehr trocken. Ist es aber nicht. Und genau da zeigt sich die schriftstellerische Klasse von Julian Barnes. Er packt dieses Auseinandersetzung in eine Famlienchronik. Und so werden die sich wandelnden Einstellungen zum Tod an einem Jahrhundert Familiengeschichte greifbar. Die damit verbundenen Gefühle und der so verschiedene Umgang andersartiger Menschen mit dem Tod wird warm und voller liebenswerter Ironie geschildert. Und in den Worten und Gedanken der großen Dichter und Phliosophen gespiegelt.

Das ist wunderbar leicht trotz des schweren Themas. Wahrscheinlich kann nur ein frankophiler Brite so ein feines Buch über unser aller Ende schreiben.

Schwimmen ohne Wand und Wende

Alles wackelt viel mehr. Die Züge sind unruhiger. Der gesamte Körper ist in größerer Bewegung. Das Wasser hat einen stärkeren Wellengang. Die fehlende Orientierung wegen des trüben Wassers und der nicht vorhandenen Linie erfordert häufige Korrekturen der Richtung. Im Schwimmbad gibt es diese Probleme nicht. Da stören allenfalls langsame oder tratschende Badende.

Schwimmen im See ist anders. Es fordert sämtliche Sinne. Schwimmen im Schwimmbad ist Meditation. Da verschwimmt nach spätestens zehn Minuten die Zahl der mitgezählten Bahnen. Das beruhigende immergleiche Ziehen der Bahnen macht den Kopf frei. Die Anzahl der Züge bleibt Bahn für Bahn gleich. Der Rhythmus wird nur von der Wende am Ende der Bahn unterbrochen. Alles harmonisiert sich und wird so zu einer befreienden, weil befriedenden Dauerbewegung.

Im See muss man hören. Zwar ist die Natur viel leiser als das heftige Plätschern und Gekreische im Hallenbad. Aber das hohe Zirpen einer Motorbootschraube bedeutet Gefahr. Der Kopf muss sich jetzt nicht nur nach vier Kraulzügen nach rechts zum Atmen aus dem Wasser heben, jetzt muss der Blick auch nach links wandern. Und nach hinten. Also bleibt nichts anderes übrig, als sich zu drehen. Der ewig gleiche Bewegungsablauf wird unterbrochen, weil die Gefahr gebannt werden muss. Wo ist das Motorboot und wie weit ist es weg? Zum Glück ist es heute sehr weit entfernt.

Die regelmäßige Ein- und Austauchen der Arme kann wieder losgehen. Im See muss man sehen. Das ist im trüben Wasser so viel schwerer als im gechlorten Becken mit Schwimmbrille. Im See ist die überflüssig. Mit ihr sieht man gar nichts mehr. Also müssen sich die Augen immer wieder öffnen. Der Orientierungspunkt, eine Bootshaus auf der anderen Seite oder die sandige Badestelle, muss immer wieder neu fixiert werden. Nur dann ist ein Ankommen genau dort möglich. Das ist nicht einfach. Denn das Wasser sorgt mit Wellen dafür, dass sich die Richtung des Schwimmens ständig ändert. Je nachdem, wo ein Motorboot den See aufwühlt, muss dagegen gehalten werden.

Und dann ist da auch noch die Strömung. Auch die will ständig korrigiert werden. Dadurch werden die Schwimmzüge ungleich. Es geht nicht mehr nur darum, sich gleichmäßig fortzubewegen. Es geht darum, auch noch die Richtung zu halten und dabei doch zu verhindern, dass sich Seitenstechen breit macht. Im See muss man schmecken. Leider immer wieder. Denn die Wellen drücken Wasser in den Mund, das jetzt gar nicht erwartet wird. Nun gilt es, schnell dagegen zu atmen, um nicht husten zu müssen. Um sich nicht zu verschlucken.

All das macht das Schwimmen schwerer. Und intensiver. Die Strecken sind kürzer. Bei gleicher Zeit der Anstrengung. Die Muskeln arbeiten mehr und machen sich in der Folge immer länger bemerkbar. Das ist gut. Das tut gut. Dieses Mehr an Konzentration und Anstrengung sorgt für eine ganz andere Zufriedenheit. Beim Schwimmen im See erlebe ich die Natur und meinen Körper intensiver. Die Genugtuung über das Geleistete hält länger an. Und damit der Wunsch, dieses Schwimmen ganz schnell zu wiederholen.

Mehr vom Schwimmen:
Mein Sprungturm
Schwimmen im Salzwasser der Adria
Gefahr beim Schwimmen im See
Hauptsache rüberschwimmen
Schwimmen ohne Wand und Wende
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Leanne Shampton meditiert über das Bahnen-Ziehen
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Lynn Sherr feiert das Schwimmen in einer persönlichen Kulturgeschichte

Schweskas Roman schildert den Niedergang der DDR anhand der IT-Subkultur

Marc Schweska: Die letzte Instanz
Marc Schweska: Die letzte Instanz

Über die Widerständigen in der DDR ist schon viel geschrieben worden. Meist handelt es sich um Bürgerrechtler, Umweltschützer, Hippies oder auch Skinheads. Musik und Kirche ist immer wichtig. Aber dass die ersten Computerfreaks der Arbeiter- und Bauerndiktatur Teil der Berliner Subkultur von Prenzlauer Berg und Friedrichshain waren, war mir neu. In Marc Schweska Roman „Zur letzten Instanz“ erweckt er die untergehende DDR zum Leben. Der Roman gehört zu den überraschendsten Büchern der „Anderen Bibliothek“ der vergangenen Jahre. Denn die Collage um Lem, den Sohn eines einst wichtigen Kybernetikers, der am Theater arbeitet, in einer Band spielt und vor allem in seiner Freizeit Computer und Elektrogeräte bastelt, zeigt alle Aspekte des absurden Staates zwischen Elbe und Oder.

Dabei entwirft Schweska nicht nur ein Panorama des Untergangs. Er schreibt auch eine Geschichte der Kybernetik, die als gemeinsame Sprache jenseits der Ideologien für einen Moment in Ost und West von einigen Wissenschaftlern als Möglichkeit gesehen wurde, anhand der logischen Informationstechnologie den starren ideologischen Systemen eine Alternative an die Seite zu stellen. Das ist natürlich nicht immer ganz einfach zu lesen. Denn Schweska scheut auch nicht davor zurück, mal eine Seite Programmcode abzudrucken. Aber in Kombination mit Überwachungsprotokollen der Stasi und absonderlichen Nachrufen entsteht ein facettenreiches Bild. Schweska kann sprachlich für unterschiedliche Akteure auch eigene Dukti entwerfen. Das sorgt für mehr Spannung.

Obwohl das Buch kein spannendes, sondern eher ein verwunderliches ist. Es hat etwas von einem Bildungsroman. Nur dass der sich bildende nicht ein einzelner Mensch ist, sondern eine Idee, die sich in den Menschen zweier Generationen ausbreitet. Wobei der Sohn die Errungenschaften des Vaters nur als Pervertierung kennenlernt. Wo der Vater anhand der IT den Fortschritt beflügeln wollte, spürt der Sohn die negativen Auswirkungen: Denn die Stasi nutzt die IT, um besser und effizienter überwachen zu können. Dieser Aspekt ist auch heute noch aktuell, wenn man an die aktuellen politischen Debatten denkt. Im Roman steht das Beispiel Computertechnologie für den gesamten Niedergang der Ideen, die der DDR anfangs Legitimität gaben und am Ende nur noch hohles Pathos verwirrter Greise war, die über die Mittel verfügten, das Leben von Menschen zu vernichten.

Marc Schweska: Zur letzten Instanz. Eichborn – Die Andere Bibliothek. 32 Euro.

Mehr über Bücher der Anderen Bibliothek

Anitkabir: Am Mausoleum Atatürks endet das Studium

 

Das Mausoleum Atatürks ist ein gigantisches Bauwerk. Es erinert an die Tempelanlagen von Luxor und Karnak. Inspiriert ist sie Anlage von der Antike, deren Geist sie mit pharaonischen Zitaten zu vereinnahmen sucht. Wie ernst den Türken die Ehrung Atatürks ist, konnten wir erleben, als die Absolventen einer Universität Ankaras busseweise angekarrt wurden, um zusammen mit jenen, die vor 10, 20 oder 30 Jahren das Examen ablegten und ihren Familienangehörigen einen Kranz vor dem Vater der Türken niederzulegen. Bilder erzählen hier mehr als viele Worte.

Wie ich mit der goldenen Ehrennadel der Lausitzer Rundschau geehrt wurde

Die silberne Ehrennadel der Lausitzer Rundschau mit Etui
Die silberne Ehrennadel der Lausitzer Rundschau mit Etui

In Brandenburg streiten sich die Opposition (CDU, Grüne, FDP) und die Regierung (SPD, PDS) über den Umgang mit dem SED-Erbe nach der Friedlichen Revolution. Ins Visier einer Kommission sind dabei die ehemaligen SED-Bezirkszeitungen geraten, die Märkische Allgemeine, die Lausitzer Rundschau und die Märkische Oderzeitung. Ihnen wirft ein Bericht vor, zu sehr Kontinuität bewahrt zu haben.

1998 erlebte ich diese Kontinuität auf eine sehr amüsante Art und Weise: Ich bekam die Goldene Ehrennadel der Lausitzer Rundschau verliehen. Zum Abschied nach drei Jahren und drei Monaten bei dem Blatt. Einige Redakteure hatten das Ehrenzeichen für 25 Jahre Durchhalten nach der Privatisierung gesichert. Und sich den Scherz gemacht, es verdienten Kadern wie mir, dem Wessi auf dem Weg zurück in den Westen, zu verleihen. Natürlich waren das ostdeutsche Kolleginnen und Kollegen. Sie hatten so viel Distanz zu ihrer Vergangenheit, dass sie sich ironisch mit dieser Ehrenzeichenverleihung darüber lustig machen konnten.

Sie wussten aber auch, dass die Privatisierung der Treuhand dafür gesorgt hat, dass die Zeitungsmonopole erhalten blieben. Der daraus resultierenden Verantwortung haben sie sich gestellt. So wie es die intelligenten Neuzugänge auch taten. Sie wussten, dass schon vor 1989 nicht gold war, was auf Ehrenzeichen glänzte. Und sie hatten begriffen, dass man den Widrigkeiten des Arbeitslebens nur mit Humor und dem steten Suchen nach den eigenen Freiräumen, nach der eigenen Freiheit die Lust am täglichen kritischen Zeitungsmachen abgewinnen kann. In diesem Sinne halte ich die Ehrennadel der SED-Bezirkszeitung noch heute in Ehren. An die gleichgültigen, gelangweilten und schlechten Journalisten denke ich dabei nicht. Die gibt es überall, im Westen und im Osten.

Gusta – das türkische Weissbier

"Gusta" - das türkische Weißbier
"Gusta" - das türkische Weißbier

Schon Anfang April habe ich ein großes Plakat in Ankara gesehen, das auf Weissbier aufmerksam machte. Der Gedanke, dass sich nach dem Pils endlich auch ein vernünftiges Bier auf dem Weg um die Welt ausbreitet, erfreute mich sehr. Nach einigem Suchen fand ich das Lokal mit dem großen Gusta-Plakat wieder. Natürlich habe ich dort gegessen und getrunken. Wie heißt es in Eckhard Henscheids wunderbarem Roman „Geht in Ordnung – sowieso – – genau – – –“ so häufig auf die Frage, was man trinken wolle: „Ein frisches, kühles Weizenbier.“

Zwar ist mir die Art des Müßiggangs, die Henscheids Personal des ANO-Teppichladens pflegt, doch fern. Aber das Lob auf das frische Weissbier kann ich teilen. Bei „Gusta“ jedoch vergeht einem der Genuss. Es schmeckt seltsam muffig, leicht nach chemischen Säurungsmitteln. Der Genuss ist so trüb wie das Bier selbst. Ein Pils ist die einzig denkbare Erlösung. Das „Efes“ zischt dann, vertreibt die Chemie im Munde und entspannt ungemein nach etlichen Kilometern zu Fuß durch die Stadt.

Frühsport um 06.30 Uhr in Ankara

Frühsport in Ankara
Frühsport in Ankara

Ankara. 06.30 Uhr am Samstag. Der Schlaf will nicht wiederkehren. Die senile Bettflucht treibt mich mit Laufschuhen auf die ruhigen Straßen der großen Stadt. Das Laufen tut gut. Nicht nur mir. Schon um diese Zeit sammeln sich bewegungsfreudige Großstädter, um die Nacht zu vertreiben. Sie nutzen die Fitnessgeräte, die an zwei Stellen in diesem und in vielen anderen Grünanlagen stehen.

Da schwingen sich Senioren von links nach rechts. Da laufen Frauen mit Kopftuch und wadenlangen, schweren, schwarzen Strickjacken. Da qäulen sich beleibte Männer an der Streckbank. Alle sind froh und ruhig. Sie konzentrieren sich auf ihren Körper und vergessen in dieser Morgenstunde den Alltag.

Anders als die letzten Nachtschwärmer, die wacklig den Weg nach Hause suchen. Die dem Läufer in ihren Straßen verwirrt entgegen blicken. Und sich offenbar nur noch nach Schlaf sehnen. Den finde ich zwar auch nicht mehr. Denn die Zufriedenheit über die frühe Bewegung und die beschäftigte, auf den eigenen Körper konzentrierte Ruhe der Morgensportler, ist wertvoller als eine weitere Stunde Schlaf. Und wacher macht sie noch dazu.