Über die Grenze von Berlin und Brandenburg

Die Grenze zwischen Berlin und Eichwalde
Die Grenze zwischen Berlin und Eichwalde

So sieht die Grenze zwischen Berlin (links) und Brandenburg (rechts) aus. Links ist die Straße gepflastert. Rechts ist sie märkische Sandwüste mit Schlaglöchern. Links zeugt sie von einst besseren Zeiten. Rechts sagt sie uns, dass Zivilisation ein beschränktes Gut ist. Links stehen große Häuser, Villen gar. Rechts ducken sich kleinere Häuser, eher Datschen als Paläste. Links haben die Häuser Seeblick. Rechts verstecken sie sich auf fast bewaldeten Grundstücken.

Die Straße hat auf Berliner und auf Brandenburger Seite den gleichen Namen. Doch die Grenze ist mit der Fahrbahnmitte und dem Übergang von Kopfsteinpflaster zu Sand klar markiert. Weil die Straße eine Grenzstraße ist – eine „Grenzallee“ gibt es übrigens an anderer Stelle zwischen Schmöckwitz (Bezirk Treptow-Köpenick) und Eichwalde (Landkreis Dahme-Spreewald) auch noch – fühlt sich keine der beiden Seiten so richtig für sie verantwortlich. Diese Straße sieht schon seit Generationen so aus.

Und so wie es aussieht, wird sie ihr Gesicht auch in den nächsten Jahrzehnten nicht verändern. Für das große Berlin liegt sie zu abseitig, um den eigenen Anteil zu sanieren. Für das Brandenburger Eichwalde ist sie nur eine von vielen noch nicht befestigten Straßen. Warum also sollte ausgerechnet diese in Angriff genommen werden? Noch dazu müssten sich dann ja nicht nur die angrenzenden Anwohner einig sein, sondern auch die Landesregierungen. Das sind sie aber eigentlich nie.

Es sei denn, es geht um den Großflughafen. Dann sind sich Berlin und Brandenburg einig, dass Lärm für die Anwohner weniger wichtig ist als vermeintliche Wirtschaftlichkeit von Fluglinien. Hauptsache das Minus des Niemals-ein-Drehkreuz-werdender-Flughafen bleibt möglichst gering. Sowohl Schmöckwitz als auch Eichwalde werden Fluglärm von der Fehlinvestition BBI/BER abbekommen. Da spielt die Grenzstraße keine Rolle. Ob links oder rechts von ihr – alle sind betroffen. Und so steht dies Straße exemplarisch für den Umgang der beiden Länder mit den Flughafengemeinden: Erst vergessen, dann verlärmen.

Scheinlösung für BBI

Kaum hat die Fluglärmkommission das Beste aus der verfahrenen Situation in Schönefeld gemacht, schon jubilieren die Landesregierungen. In der Tat sind die vorgeschlagenen Flugrouten vor allem für Berlin gut. Doch das Umland befrieden sie nicht.

Der Flughafen Berlin-Brandenburg-International wird am falschen Ort gebaut. Wer in dicht bevölkertem Gebiet einen Flughafen betreiben will, muss zwangsläufig viele Menschen mit Fluglärm belasten. Wer dann noch wie Berlins Regierungschef Klaus Wowereit weiter vom internationalen Drehkreuz schwadroniert, darf sich nicht wundern, wenn ihm die Betroffenen nicht vertrauen.

Sie alle wissen inzwischen, dass Flugrouten für den BBI nur Empfehlungen sind, die Fluglotsen aushebeln können. Sie wissen auch, dass sie geändert werden können, wenn die Wirtschaftlichkeit es erfordert – auch wenn Matthias Platzeck und Klaus Wowereit den Fluglärmgegnern maximalen Lärmschutz versprochen haben. Wer aber der Wirtschaft ein internationales Drehkreuz verspricht und den Betroffenen besten Lärmschutz, kann nicht die Wahrheit sagen. Und somit die Region nicht befrieden.

MOZ-Kommentar…

20 Jahre Brandenburg: Das Land putzt sich heraus

Einst und Jetzt - Land Brandenburg
Einst und Jetzt - Land Brandenburg

Rechtzeitig zu den Feierlichkeiten von 20 Jahren Brandenburg hat die Märkische Oderzeitung das Buch „Einst und Jetzt – Land Brandenburg“ veröffentlicht.

Der Wandel in Brandenburg hat sich für die Bewohner Schritt für Schritt vollzogen. Deshalb ist vielen gar nicht bewusst, wie stark sich die Städte und Gemeinden, die Infrastruktur aber auch ganze Landschaften verändert haben. Wer das Buch „Einst und Jetzt – Land Brandenburg“ durchblättert, wird überrascht sein, wie nachhaltig die Veränderungen sind.

Das Buch stellt Fotos aus der Zeit um 1990 Bildern aus diesem Sommer gegenüber. Knappe Texte der Potsdamer Autorin Hanne Bahra ordnen die Bildpaare ein und erzählen von denjenigen, die sich für den Erhalt von Gebäuden oder die Wiederbelebung alter Traditionen stark gemacht haben. Im Buch sind sie ausführlicher als auf dieser Seite.

Aus allen ehemaligen Altkreisen Brandenburgs sind Beispiele versammelt. Thematisch geht es um Schlösser, Herrenhäuser, Kirchen und Altstadtensembles. Aber auch die Veränderung in den den Natur- und Landschaftsparks sind abgebildet. Und die in der Wirtschaft, etwa in Schwarze Pumpe, im Mercedes-Werk in Ludwigsfelde oder im EKO Eisenhüttenstadt.

Abgerundet wird das Buch mit einigen Statistikseiten. Wer weiß schon, dass die Bevölkerung Brandenburgs kaum geschrumpft ist? Und dass die Anzahl der Ärzte um 46 Prozent gestiegen ist?

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Raus aus der Nische

Mit dem Erfolg wächst die Verantwortung. Darüber sind sich die Grünen in Brandenburg einig. Zwar erlaubt es die Rolle als Oppositionspartei gegen vieles zu sein, was die rot-rote Landesregierung will.

Doch ist dieses Dagegensein nicht das, was die kleine Partei wirklich will. Auf der Sommerkonferenz in Beeskow hat sie den Anspruch formuliert zu gestalten. Schon jetzt hat sie ernsthaft überlegt, welche Konflikte das mit sich bringen wird. Ob der Gegensatz von Vogelschutz und Windkraft oder der generelle Protest von Initiativen gegen den Ausbau der Erneuerbaren Energien, die Grünen suchen den Dialog, um die reine Öko-Nische zu verlassen.

Das ist sinnvoll. Und kann dazu führen, sich im Land stärker zu verankern. Denn sollten aus den guten Umfragewerten auch gute Wahlergebnisse werden, ist ein breites und überzeugendes Personalangebot notwendig. Nicht einmal 800 Mitglieder wie derzeit sind dafür eindeutig zu wenig. MOZ-Kommentar…

Toni Mahoni ist sich sicher: Allet is eins

Toni Mahoni ist ein Phänomen des Internets. Auf myspace wurde er groß. Seine Songs fanden Hörer, weil sie witzig, direkt und in einem schönen, rotzigen Berlinerisch gesungen
sind. „Allet is eins“ heißt jetzt sein erstes Album.

Das hält, was uns sein myspace-Treiben versprochen hatte. Wer den ersten Song Ketten gehört hat, muss das Album zu Ende hören. Wunderbar, wie Toni da unser aller falsches
Einkaufen kommentiert: „meen kleena buchladen macht bald zu / und schuld daran bist du / denn du korrupta clown / koofst jedet buch bei amazon“. Tja, wo er recht hat, hat er recht.

Und wenn er diese Weisheit auch noch wie einen echten Gassenhauer intoniert, der sich in die Gehörgänge wie ein Ohrwurm windet, dann hat er uns gewonnen. Und das zu Recht. Denn seine Lieder sind einfach schön. Seine Hymne auf Brandenburg genauso wie der
verzweifelte Appell an die Freundin, doch auch mal was mit Fleisch zu kochen: „Ick mag ja dein jemüse / ich krieg bloß kalte füße / ick brauch paar proteine, / sonst fallick vonna schiene / dit wolln wa beede nich / drum kommt fleisch heut auf den tisch.“ Toni Mahoni klingt etwas wie Tom Waits. Er ist nur viel jünger.

Brandenburger Vergleichsarbeiten als Drohkulisse

Die Grundschulgutachten sind da. Die Kinder der sechsten Klassen in Brandenburg wissen, welchen Bildungsgang ihre Lehrer ihnen zutrauen. Für diejenigen, die eine Empfehlung fürs Gymnasium bekommen haben und den Notenschnitt erfüllen, ist alles klar. Andere können beim Probeunterricht im April ihr Ziel noch erreichen. Was auf den ersten Blick ganz sinnvoll wirkt, ist aber vor allem bei der Gymnasialempfehlung oft eine Farce. Denn viele Lehrer bewerten nicht die Fähigkeiten der Schüler. Sie machen sich nicht die Mühe, die Kreativität, das soziale Engagement, die Familiensituation zu beurteilen, um daraus abzuleiten, ob ein Kind das Gymnasium bestehen dürfte.

Nein, sie schauen einfach auf die Note. Wer eine Zwei hat, bekommt die Empfehlung, wer schlechter ist, bekommt sie nicht. In der Regel tun sich diejenigen Lehrer am schwersten mit dieser Unterscheidung, die auf Auswendiglernen gesteigerten Wert legen, und für die Sekundärtugenden wie Sauberkeit und Ordnung das Maß ihrer Vorstellung von Bildung sind. Für die Kinder – und um die sollte es bei all diesen Fragen ja vor allem gehen – ist dies alles der reinste Wahnsinn. Auf sie wurde im letzten halben Jahr ein irrsinniger Druck ausgeübt. Schon kurz nach Schuljahresbeginn wurde mit den Vergleichsarbeiten eine Drohkulisse aufgebaut. Auch diese bildungspolitische Neuerung in Brandenburg zeigt, wie radikal der Wunsch nach Auslese in der Mark ist. Vergleichsarbeiten sind eigentlich dazu da, um zu testen, ob Lehrer in der Lage sind, den Stoff an ihre Schüler zu vermitteln. Eine Idee, die zu begrüßen ist.

Doch was hat die rot-schwarze Koalition in Potsdam daraus gemacht? Einen zentralen Test, um den Übergang aufs Gymnasium zu erschweren. In Mathematik und Deutsch wurden die Kinder getestet und benotet. Und zwar so massiv, dass Schüler durch eine schlechte Arbeit daran scheitern konnten, die oben erwähnte Quersumme zu erreichen. In Mathe schafften die Kinder gerade mal einen Schnitt von 3,4 landesweit. Es gab auch Klassen, die deutlich besser waren. Deren Schüler hatten offensichtlich Glück. Doch es wird auch Klassen geben, in denen das schlechte Testergebnis für die Lehrkräfte zum unüberwindbaren Hindernis für Schüler wurde, um sich auf den Weg zum Abitur machen zu können. Verbunden war das mit Druck. I

mmer wieder wurde den Kindern erzählt, wie wichtig diese Vergleichsarbeiten sind. Die Unsicherheit der Lehrkräfte, die ja selbst nicht wussten, was auf sie zu- kommt, wurde an die Kinder weitergegeben. Statt die Lehrer erst einmal zu testen, dann die Ergebnisse auszuwerten und dann eventuell zentrale Tests einzuführen, entschied sich die Brandenburger Politik für die brutalste Variante: ungebremster Druck auf die gesamte Schulgemeinschaft.

Denn die Eltern mussten sich ja auch noch mit dieser Unsicherheit beschäftigen. Und ihre Kinder immer wieder aufbauen. Und jede Menge Nachhilfe organisieren. Zwar will Minister Rupprecht die Gewichtung der Vergleichsarbeiten im kommenden Jahr reduzieren. Dennoch sind sie zusammen mit den Grundschulgutachten eine unschlagbare Kombination, um die Zahl der potenziellen Abiturienten bloß nicht zu vergrößern. Und das in einer Zeit, in der uns die Akademiker ausgehen – vor allem in Brandenburg.

Der Text ist im Tagesspiegel erschienen.

Rainald Grebe singt für die Versöhnung

Rainald Grebe und die Kapelle der Versöhnung
Rainald Grebe und die Kapelle der Versöhnung

Rainald Grebe (35) hat den Deutschen Kleinkunstpreis 2005 zu Recht bekommen. Seine aktuelle  CD „Rainald Grebe & die Kapelle der Versöhnung“ strotzt vor Witz. Und das nicht nur bei den Texten.

Grebe gehört zu der seltenen Gattung Kabarettisten, deren Lieder auch musikalisch gut sind. Kombiniert mit diesen wunderbaren Texten entsteht so ein Album, das sowohl den Musik- als auch den Kabarettfan begeistert. Der Knüller auf der Scheibe ist zweifelslos „Brandenburg“. Das Lied über das Land, das Berlin umgibt, ist alles andere als eine Hymne. Es ist ein Abgesang, der traurige Wahrheiten benennt – und dadurch Trauer hervorruft.

„Ich-AG“, „Beckenbauer“, „Guido Knopp“ oder „Mittelmäßiger Klaus“ haben die Gegenwart auf ganz andere Art im Blick. Grebes Stärke ist es, dass er mit Ich-AG, Beckenbauer, Guido Knopp oder Mittelmäßiger Klaus und Marcus Baumgart zwei wunderbare Musiker an der Seite hat, die seine Schärfe, seinen Zorn und seine Traurigkeit mitfühlen. Sie machen zusammen mit Grebe aus satirischen Texten kraftvolle Musik, die immer den richtigen Sound hat. Wer also Lust hat, zu lachen und richtig gute, abwechslunsgreiche Musik zu hören, der kommt an dieser CD wirklich nicht vorbei.

Diese Rezension ist am 5. September 2006 in 20cent erschienen. 

Weniger Freiheit

Jörg Schönbohm will das Brandenburgische Polizeigesetz verschärfen. Natürlich würde sein Ministerium nie von Verschärfung sprechen. Bei der CDU ist lediglich von Anpassung an technische Möglichkeiten die Rede.

Doch gerade bei Polizei und Geheimdiensten gilt: Nicht alles, was möglich ist, darf auch angewendet werden. Die Polizei ist vor allem dazu da, die Freiheit der Bürger zu sichern. Nur auf diesem Weg lässt sich Sicherheit organisieren. Der umgekehrte Weg führt zwangsläufig zu weniger Freiheit.

Ohne Anfangsverdacht Handys zu orten, ist ein solcher Verlust an Freiheit. Es geht den Staat nichts an, wo sich seine Bürger aufhalten. Nur weil sie ein Handy besitzen, heißt das noch lange nicht, dass diese Selbstverständlichkeit abgeschafft werden darf. Hoffentlich hat Schöhnbohms Koalitionspartner SPD den Mut, ihn auszubremsen.