Anzeigen-Fundstücke (2) – Steinkohle

Anzeige für die Deutsche Steinkohle in der "Bild" vom 20. April 1967
Anzeige für die Deutsche Steinkohle in der „Bild“ vom 20. April 1967

1967 war es die Steinkohle, ohne die sich niemand vorstellen konnte, dass es genügend Energie für den Wohlstand geben könnte. 2012 glaubt Brandenburgs Landesregierung plus CDU- und FDP-Opposition noch immer, dass die Braunkohle Basis für den Wohlstand in der Lausitz sei. Damals wie heute hat das für die Vergangenheit gestimmt. Den deutschen Steinkohle-Bergbau gibt es nicht mehr. Er ist genauso Geschichte wie diese Anzeige. Die Braunkohle wird folgen. Und zwar schneller, als viele glauben. Nur Energie, die keine Brennstoffkosten verursacht, hat Zukunft. Und das sind Sonne, Wind und Co.

Mal schauen, wann Braunkohle-Anzeigen nur noch Geschichte sind?

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(3) – Lebensmittelpreise 1933
(4) – Ventilator für Dicke

Wenn Braunkohle Heimat frisst, kann das tödlich sein

Ingrid Bachér: Die Grube
Ingrid Bachér: Die Grube

Braunkohle als Energieträger wird derzeit nur noch aus der Sicht des Klimaschutzes kritisch gesehen. Die großen Debatten über die Abbaggerung des brandenburgischen Dorfes Horno zwischen Cottbus und Guben oder in Garzweiler sind lange vorbei. Die Dörfer sind weg. Und inzwischen sollen noch weitere  folgen.

Ingrid Bachér hat sich mit ihrem Roman Die Grube dem mit den Tagebauen verbundenem Heimatverlust gewidmet. Sie nähert sich dem Thema ganz behutsam. Im Mittelpunkt steht ein Bauernhof in Garzweiler, in dem anfangs der Hoferbe mit Frau und Sohn, ein Knecht, eine Haushälterin und die Schwester des Bauern leben. Diese ist Lehrerin und erzählt die Geschichte von der schrittweisen Entsiedlung Garzweilers und den dramatischen Folgen für die Menschen.

Da gibt es diejenigen, die im Bergbau ihr Geld verdienen und deshalb das Angebot zur Absiedlung gern annehmen. Auf der anderen Seite stehen vor allem die Bauern, deren Familien seit Generationen die Höfe und Äcker bewirtschaften, die der Braunkohle weichen müssen. Bachér beschreibt in leisen Tönen, wie sich die Spaltung der Dorfgemeinschaft vollzieht. Sie erzählt von den Versuchen mit Demonstrationen und Bürgerversammlungen die großen Bagger aufzuhalten. Sie schildert, wie Politik und der allmächtige Konzern verbandelt sind. Auch dabei wählt sie keine bösen Wörter.

Genau das macht das Buch so beklemmend. Es sind die leisen Töne, die sich wie die herannahenden Bagger in die Erde ins Gemüt des Leser fräsen. Die Bagger nähern sich ganz langsam. Die Gedanken über den Heimatverlust, die unwiederbringliche Vernichtung von Geschichte und Erinnerung verdichten sich auch ganz behutsam. Aber sie werden so stark, dass man sich ihnen nicht entziehen kann. Auch, weil die Beraubung der Heimat eine der Hauptpersonen so krank macht, dass sie darüber stirbt.

Ingrid Bachér: Die Grube. Dittrich Verlag; 17,80 Euro.

Ein Eigentor für die SPD

Der Verlust des Landkreises Spree-Neiße an den CDU-Kandidaten Harald Altekrüger ist das Ergebnis einer dilettantischen Personalpolitik und einer fast schon starrköpfigen Braunkohle-Politik der Lausitzer SPD.

Beides bedingt sich. Dafür steht der abgewählte Dieter Friese. Seine Dominanz nahm der schwachen SPD im Landkreis die Luft zum Atmen. Sein ausgeprägtes Ego erschwerte die Verständigung mit der inmitten des Landkreises liegenden und SPD-geführten Stadt Cottbus. Seine Braunkohle-Gläubigkeit verhinderte, dass sich die SPD für kritische Geister öffnen konnte. All das sorgte für Unmut unter den Genossen.

Aber wie die SPD Friese jetzt behandelte, kann damit nicht entschuldigt werden. Wer ihn als Direktkandidaten aufstellt und erlebt, dass er das beste Ergebnis holt, darf ihn nicht absägen. Das mag zwar parteitaktisch motiviert sein. Doch dieser Opportunismus kostet Vertrauen. Und die SPD nun schon den mittlerweile dritten Landrat in der Lausitz.

Volker Brauns Flick kann das Arbeiten nicht lassen

Volker Braun: Machwerk oder Das Schichtbuch des  Flick von Lauchhammer
Volker Braun: Machwerk oder Das Schichtbuch des Flick von Lauchhammer

Die Idee von Volker Brauns neuem Roman ist pfiffig. Ein Vorruheständler zieht als Schelm der Arbeit durch die Niederlausitz. Doch die Umsetzung ist schwerfällig, die Sprache sperrig und der Humor oftmals zu verschwurbelt.

Sein neues Buch soll ein Volksbuch werden. Das hat Volker Braun vor wenigen Tagen gesagt. Er hofft, dass es von den breiten Massen gelesen wird. Doch dieser Wunsch wird ein unerfüllter bleiben. Denn dazu ist der Text viel zu schwerfällig.

Eigentlich ist Braun ein Lyriker. Das ist auf jeder Seite von „Machwerk oder Das Schichtbuch des Flick von Lauchhammer“ zu spüren. Jeder möglichen schwerwiegenden Bedeutung eines Worts hechtet der Dichter hinterher. Dadurch zerstört er den Lesefluss und landet nur allzu oft auf der Nase. Denn nicht jede von ihm imaginierte Tiefsinnigkeit ist tatsächlich bedenkenswert.

Im Roman geht es um Flick, den Mann im Vorruhestand, der einst die großen Bagger im  Tagebau reparierte. Jetzt steht er auf dem Abstellgleis, will sich damit aber nicht abfinden. Zusammen mit seinem Enkel, einem Nichtsnutz, der weder Lust auf Bildung noch auf  Arbeit hat, zieht er von Kapitel zu Kapitel durch die Lausitz und Berlin.

Flick nimmt jede Arbeit an. Er kann sich nur als arbeitenden Menschen denken. Der Systemwechsel und die Rationalisierung in der Kohle hat ihm seiner Bedeutung beraubt. Jetzt ist er arbeitslos. Doch Flick packt noch immer an. Ob als Ein-Euro-Jobber oder bei
einem Theaterprojekt mit Arbeitslosen. Das macht den Flick teilweise sogar sympathisch. Anderseits ist er aber ein dummer Einfaltspinsel, der bei seinem Kampf gegen die Windräder der Gegenwart nicht in der Lage ist dazuzulernen.

Flicks Enkel wird von Braun zudem als fauler, blöder Jugendlicher dargestellt. Allerdings ist er nach Ansicht des Erzählers dafür nicht verantwortlich, sondern die Gesellschaft. Ein Traum von sozialistischer Arbeitsethik wabert da bei Braun mit. Einer Ethik, die aber  offensichtlich dazu führte, dass Opa Flick wie ein Narr durch die Lausitz stolpert und nicht in der Lage ist, sich selbst als Mensch zu begreifen. Sondern nur als Arbeiter. Da stellt sich doch ernsthaft die Frage, was für eine unsinnige Botschaft Volker Braun verkünden will!

VOLKER BRAUN: MACHWERK ODER DAS SCHICHTBUCH DES FLICK VON LAUCHHAMMER. S. FISCHER, 19,80 EURO.

Diese Rezension ist a 27. Dezember 2008 in 20cent erschienen.  

Grüne juckt Vattenfall-Drohung nicht

Die Grünen im Bundestag begrüßen die Ankündigung von Vattenfall-Vorstandschef Klaus Rauscher, sämtliche Investitionen ruhen zu lassen. Für den Klimaschutz wäre dies das Beste, sagte der energiepolitische Sprecher Hans-Josef Fell (54).

Rauscher hatte mit dem Investitionsstopp gedroht, falls die Entscheidung der Bundesnetzagentur Bestand habe. Diese hatte verfügt, dass Vattenfall die Preise für die Durchleitung von fremdem Strom senken muss (20cent berichtete).

lm Gespräch mit 20cent nimmt Hans-Josef Fell Rauscher beim Wort – und findet nichts schlechtes an der Aussage, die den Braunkohle-Standort Lausitz gefährdet. Fell: „Es wäre eine gute Nachricht für den Klimaschutz, wenn Vattenfall tatsächlich die Drohung wahr machte, keine neuen Kohlekraftwerke zu bauen.“

Derzeit investiert Vattenfall in den Bau eines sogenannten kohlendioxidfreien Kraftwerks in Schwarze Pumpe (KM). Fell bezweifelt, dass dies ein sinnvoller Beitrag zum Klimaschutz ist: „Die bisherigen Braunkohlepläne Vattenfalls sind angesichts der neuesten Erkenntnisse der Klimaforscher nicht mehr verantwortbar.“ Angesichts der 200 Milliarden Euro, die die Branche der Erneuerbaren Energien bis 2020 investierten wollte, sei es kein Problem, den Wegfall alter Kohle- und Atomkraftwerke zu kompensieren. Damit widerspricht Fell der Auffassung der Brandenburgischen Landesregierung, dass die Braunkohle ein unverzichtbarer Bestandteil der Energieversorgung in Deutschland bleibe müsse.