Arbeit ganz transparent

Öffentlich-rechtliche Transparenz in Frankfurt (Oder)
Öffentlich-rechtliche Transparenz in Frankfurt (Oder)

Gegenüber liegt die Buchhandlung. Wenn der Blick vom Schreibtisch nach links schweift, dann lockt das gute, alte Papier. Nicht mehr als Zeitung, an der gearbeitet wird, sondern als Buch, das gelesen werden will. Doch der Kasten mit dem Mikrophon und dem wunderbar glatt geschliffenem Holz erinnert sofort daran, dass es jetzt um Radio und Fernsehen geht.

Da, wo andere einkaufen, sitzt der rbb in Frankfurt (Oder). Und weil all diejenigen, die im Oderturm ihr Geld im Schnäppchenkaufhaus lassen auch Gebührenzahler sind, können sie die Arbeit an ihrem Programm sehen. Ihre Blicke schweifen in Studios, in einen Großraum und in mein Aquarium. Das ist ein ganz neues Arbeitsgefühl. Genau beschreiben kann ich es noch nicht. Denn der Austausch mit den Kollegen, das Diskutieren der Themen und das Kennenlernen aller dazugehörigen Prozesse zieht alle Aufmerksamkeit so sehr auf sich, dass für die Blicke nach innen und den eigenen nach außen keine Zeit bleibt.

Olga Grjasnowa rollendes „r“ macht Mascha sympathisch

Olga Grjasnowa  kurz nach der Lesung von "Der Russe ist einer, der Birken liebt" in der Berliner Buchhandlung "Moby Dick".
Olga Grjasnowa kurz nach der Lesung von „Der Russe ist einer, der Birken liebt“ in der Berliner Buchhandlung „Moby Dick“.

Ihr „r“ rollt so schön. Und ihre Betonung der zweiten statt der ersten Silbe erzeugt einen ganz eigenen Lesefluss.  Olga Grjasnowa hat sich gut auf ihre gut einstündige Lesung vorbereitet. Sie liest nicht eine Passage am Stück, sondern hat etliche kleinere Szenen aus ihrem gesamten Roman „Der Russe ist einer, der Birken liebt“, die den Handlungsstrang erkennen lassen.

Leicht aufgeregt wird die Anspannung der Autorin durch mehrere Mikrophon-Aussetzer noch verstärkt. Dann wird ihr Deutsch mit dem schönen leichten Akzent leider etwas monoton. Die Konzentration des Zuhörers darf sich dann nicht von den Bücher- und CD-Regalen der der schönen Buchhandlung „Moby Dick“ in Prenzlauer Berg ablenken lassen. Denn dann wird es schwer zu folgen.

Deutlich wird das vor allem am Ende. Sie habe Mascha, die Protagonistin, ursprünglich noch böser angelegt, als sie dann im Roman wurde, meint Olga Grjasnowa auf eine Frage der Buchhändlerin. Doch Mascha kam bei der Lesung als überhaupt nicht böse an. Eher als Opfer, die einen Todesfall zu beklagen hat und bei der Einreise nach Israel bei der Kontrolle so sehr schikaniert wird, dass sogar der Laptop zerstört wird. Als eine Frau mit bösen Neigungen, wird Mascha nicht greifbar. Im Gegenteil: Die Lesung sorgt für viel Sympathie mit ihr.

Die Buchhandlung ist übrigens fast schon überfüllt. Viele Zuhörer sind um die 30. Sie fühlen sich angesprochen von dieser Geschichte, die im multikulturellen Milieu der gut ausgebildeten, mehrere Sprachen sprechenden Deutschen mit den Migrationshintergrund spielt. Und in der damit verbundenen Bindungslosigkeit, die bis zu zwischenzeitlichen Aufenthalten in der Psychiatrie reicht. Das ist alles auch sehr verwirrend. Und wahrscheinlich ein Grund, weshalb man den Roman doch lesen sollte. Neben der nach wie vor offenen Frage, warum Russen, Birken lieben. Und dieser Titel über einem Text steht, der eine Frau in den Mittelpunkt rückt, die aus Aserbaidschan stammt. Und: rollen die dort das „r“ auch so schön?