Glänzende Geschäfte auf der IFA

Messen, auf denen Unterhaltungselektronik im Fokus steht, haben es schwer. Das revolutionär Neue wird kaum noch präsentiert. Wie auch? Im Prinzip ist alles erfunden, was das Leben unterhaltsamer macht. Es geht nur noch um Verbesserungen oder neue Verknüpfungen.

Doch selbst diese eher evolutionären Schritte faszinieren die Massen. Sie strömten in die Messehallen unterm Funkturm. Da standen sie vor noch flachereren Fernsehern, vor Tablets oder Smartphones, die im Kern nur können, was Apple mit iPad und iPhone schon vor Jahren vorgelegt hat.

Viel wichtiger als das Interesse der Besucher ist deshalb auch der rein geschäftliche Teil der Messe. Die Lagerhallen der Händler waren leer. Jetzt werden sie in der Gewissheit auf ein grandioses Weihnachtsgeschäft gefüllt.

Aussteller verzeichnen Bestellrekorde, weil die Deutschen wieder Geld ausgeben. Nach drei Jahren Finanz- und Eurokrise haben sie offensichtlich ein großes Bedürfnis, technisch wieder auf den neusten Stand zu kommen. Von Krise oder Rezession war auf der IFA nichts zu hören. Im Gegenteil.

Danke für die Ruhe, lieber Kopfhörer

Heute hat sie jeder im Ohr. Heute sind sie eigentlich auch weiß. Wer auf sich hält, hat entweder die Originale von Apple oder die Derivate anderer Hersteller, die einen auf Apple machen. Früher waren sie immer schwarz. Ganz früher waren sie sogar mit Bügel und so Dingern, die nicht ins Ohr gesteckt, sondern ans Ohr gepresst wurden. Ganz coole Zeitgenossen tragen inzwischen auch schon wieder solche Teile. Allerdings sind das dann richtige Kopfhörer, die für die schalldichte Abschottung von der Umwelt garantiert sorgen.

Jetzt ist es ja so, dass diese Stöpsel viele feine Dinge ermöglichen. Man kann Musik hören. Oder ein Feature vom Deutschlandfunk über die Lage in Berg-Karabach und die Spannungen zwischen Armenien und Aserbaidschan. Oder einen BBC-Sprachkurs zur Auffrischung der Englisch-Kenntnisse. Hörbücher etwa über Essad Bey oder eine Lesung der Metamorphosen von Ovid. Alles ist möglich. Die Zeit in der Bahn wird verkürzt. Der Stöpsel im Ohr erzählt von der Welt. Direkt ins Gehirn, ohne Umwege durch Zimmer und Räume.

Das beste, was der Stöpsel aber leistet, ist etwas ganz anderes: Wer ihn im Ohr hat, wird nicht gestört, wird nicht angequatscht. Der kann sich ganz auf sich konzentrieren, selbst wenn er sinnlos, weil geräuschlos im Gehörgang stöpselt! Vor allem auf Zugfahrten kann diese Leistung der unscheinbaren und dennoch so unentbehrlich gewordenen Kopfhörerchen nicht überbewertet werden. Und deshalb lobe ich die Dinger heute hier. (Meine sind übrigens wieder schwarz, weil die weißen nur zur stillen Andacht, dauerhaft aber nicht zum Hören der Feature taugen…)

Gehackte Daten

Gleich zwei Datenskandale in nur einer Woche erschüttern das Vertrauen der Verbraucher in die Industrie. Apple sammelt auf iPhone und iPad Bewegungsprofile und bei Sony wurde die Nutzerdatenbank gehackt. Beide Vorfälle zeigen, wie unsensibel mit sensiblen Daten umgegangen wird.

Aber es wäre zu leicht, jetzt nur auf die Industrie zu zeigen. Die selben Politiker von Union und Teilen der SPD, die sich über diese Verletzungen des Datenschutzes erregen, fordern den Zugriff des Staates auf möglichst viele gesammelte Daten. Bei der Vorratsdatenspeicherung sollen Nutzerdaten von privaten Telefon- und Internetprovidern gesammelt werden, um sie auf Wunsch zur Verfügung zu stellen. Diese Datenbanken sind potenzielle Hackerziele.

Zwar ist es richtig, alle Verbraucher darüber aufzuklären, dass sie möglichst wenig persönliche Daten preisgeben. Doch bei den Bewegungsprofilen über die Handynutzung genügt das nicht. Echte Hilfe zur informationellen Selbstbestimmung kann die Politik nur garantieren, wenn sie 
sich selbst – und die Datensammelwut der Firmen – beschränkt.

MOZ-Kommentar…