Der Krieg in der Ukraine eskaliert – und wir sehen weg

In der Ukraine eskaliert der Krieg. Die Separatisten bekennen sich zu Raketenangriffen auf Mariupol (nachdem sie von Moskau in den vergangenen Wochen offensichtlich so aufgerüstet und mit Soldaten verstärkt wurden, dass sie eine große Offensive starten konnten). Dutzende Menschen sterben täglich in einem Krieg mitten in Europa. Und beim Surfen über die wichtigsten Nachrichtenseiten im deutschen Internet spielt das (bis auf wenige Ausnahmen) keine oder nur eine versteckte Rolle. Ist das Angst vor Putins Trollen, die die Kommentarfunktionen verstopfen? Oder ist das Ignoranz? Oder mediale Ermüdung?

Inzwischen sind so viele Fakten über das Engagement Russlands zusammengetragen worden, doch Europa schaut weg. Immer dann, wenn Merkel, Steinmeier oder ein anderer wichtiger Politiker einen Schritt auf den Kreml zugeht, wird ein bis zwei Tage später mit einer Offensive der Separatisten geantwortet. Am Montag sagt Außenminister Lawrow zu, dass die schweren Waffen zurückgezogen würden. Heute schlagen Raketen in einem Wohngebiet in Mariupol ein. Vorgestern regte Merkel zusammen mit den wichtigsten Ministern der SPD eine Zollunion von Wladiwostok bis Lissabon an. Und was ist die Antwort? Tod und Mord in der Ukraine. Wie lange wollen wir uns das noch anschauen? Wenn jede Form von Diplomatie nichts bringt, muss dann nicht die Ukraine durch den Westen zumindest massiv aufgerüstet werden, damit sie sich wenigstens selbst verteidigen kann?

Übrigens: Ob Europa den Krieg Putins duldet, wird sich auf den Fortbestand der EU deutlich stärker auswirken als die morgige Wahl in Griechenland.

Der Gast, der wird geehrt, auch wenn er noch so stört

Eigentlich gibt es den Schüleraustausch ja, damit sich Kinder und Jugendliche aus verschiedenen Ländern kennenlernen, indem sie sich austauschen, indem sie miteinander reden und gemeinsam lachen.

Aber sie sitzt da und sagt nichts. Wenn man sie fragt, schaut sie nur. Manchmal kommt auch ein „Ja“. Häufiger aber ein „Nein“. Am wahrscheinlichsten aber sagt sie: „Wie Du willst.“

Zehn Tage geht das so. Ob beim Frühstück oder beim Abendessen, ob bei der Frage nach der Freizeitgestaltung oder dem gewünschten Lunchpaket. „Wie Du willst.“

Ist das Schüchternheit? Immerhin ist die Gastschülerin aus Frankreich das erste Mal bei einer deutschen Familie. Oder ist das Höflichkeit? Also der Versuch, dem Gastgeber nicht zur Last zufallen?

Aber genau dadurch wird sie zur Last. Weil sie nicht spricht! Weil sie keine Antworten gibt! Weil sie einfach nicht kommuniziert! Das stete Rätseln was sie wohl will, macht die ganze Familie  mürbe. Während sie passiv und inaktiv da sitzt, wächst in der Familie die Aggression. Eine Stichelei hier, ein Genervt-Sein da. Und das nicht nur bei mir.
Dagegen hilft nur das meditative Wiederholen eines schönen Satzes, den mein Vater immer sagte: „Der Gast, der wird geehrt, auch wenn er noch so stört.“ Denn auch Höflichkeit kann stören. Und Schweigen kann nerven. Ja Schweigen kann richtige Wunden schlagen. Aber: „Der Gast, der wird geehrt, auch wenn er noch so still und schweigsam nervt.“