Qiu Shihua irritiert mit seinen weißen Landschaften

Der Ausstellungsraum im Hamburger Bahnhof mit den Bilder Qiu Shihuas
Der Ausstellungsraum im Hamburger Bahnhof mit den Bilder Qiu Shihuas

Beim Betreten des Saales blendet das Weiß. Nicht nur die Wände sind weiß, auch die Bilder sind alle weiß. Qiu Shihua bemalt große Flächen mit dieser klaren Farbe – und mit ganz wenigen Abstufungen.

Man muss ganz nah an die Bilder rangehen, dann stellen sich die Augen auf die Qiu Shihuas Leinwand ein, dann werden sanfte Strukturen sichtbar.

Wer ganz genau hinsieht, erkennt das Durchschimmern einer Sonne durch dichten Nebel. Und er nimmt Strukturen von Landschaften wahr.

Qiu Shihua: Ohne Titel
Qiu Shihua: Ohne Titel

Vor den Bildern können die Augen beginnen zu schmerzen. Eine Erfahrung, die ich beim Betrachten von Bildern noch nicht machte. Sie zwingt zur vollen Konzentration – und zu einer Innerlichkeit, die weh tut, weil das Äußere kaum noch Halt gibt.

Qiu Shihuas Ausstellungsraum
Qiu Shihuas Ausstellungsraum

Nur der Raum gibt Halt. Eine irre Erfahrung, wie sich die eigene Wahrnehmung verändert. Eine Irritation, die nachwirkt, weil sie zeigt, dass der genaue Blick manchmal schmerzhaft, aber dann auch sehr erkenntnisreich und dadurch anregend und belebend sein kann.

Anthony McCalls Licht-Installation blendet im Dunkeln


Der erste Schritt führt ins Schwarze, ins Nichts. Nur einige weiße Lichtspiele von einer zur anderen Wand bieten Halt. Wer die Lichtinstallation „Five Minutes of pure Sculpture“ von Anthony McCall betritt, erlebt verwirrte Sinne.

Ganz klein sind die ersten Schritte. Unsicherheit, ja der Widerhall von Urängsten, schwingt beim Betreten der dunklen Halle im Hamburger Bahnhof mit. Die Hände suchen nach Halt, den es nicht gibt, nicht geben kann, da der Raum leer ist. Bis auf einige Besucher, die sich nur in ganz dunklen Umrissen wahrnehmen lassen. Aber langsam gewöhnen sich die Augen an das Schwarz-Weiß, das in dieser Kunstwelt dominiert. An der Wand zeichnen sich verändernde Formen ab – und quer durch den Raum ein weißer Lichtkegel, der sich in einer sehr engen Lichtquelle bündelt.

Der Blick in dieses Weiß schmerzt zunächst. Doch dann wird das Sehen immer genauer. Graustufen tauchen auf. Der Schritt in den nächsten Raum fällt schon leichter. Noch immer ist es ganz dunkel. Aber hier strahlen die beweglichen Lichtkegel nach unten. Das Raumempfinden bekommt zusätzlichen Halt – und fühlt sich wie in einer Kathedrale in der Dämmerung an. Beim Eintreten in einen dieser Lichtkegel zucke ich unwillkürlich zurück. Aber das Licht schmerzt nicht. Es ist weder warm noch kalt, noch schneidet es, obwohl es den Raum in Lichtzonen und Dunkelzonen zerteilt.

Und dann sind da auf einmal neue Grautöne zu sehen. Sie zeichnen sich im Lichtkegel ab. Sie verändern sich wie Wolken – und erzeugen so sich verschiebende, sich drehende und sich auflösende, fließende Muster in Grautönen. Jetzt haben sich die Augen ganz auf den Raum eingestellt. Die Schritte sind wieder so sicher wie immer, auf einmal nimmt die Nase wieder leichte Gerüche wahr und die Anspannung des gesamten Körpers weicht einer erstaunten, frohen Entspannung.

Unglaublich, wie dieses Schwarz und dieses Weiß von Anthony McCall die Sinne herausfordert, um dann in Schönheit aufzugehen.