Heimat (20) – Erinnerungen in Aschaffenburg

Markt in Aschaffenburg auf dem Schlossplatz

Als Kind gehörten die Fahrten nach Aschaffenburg zum Familienalltag. Die Großeltern lebten dort, der Vater war hier aufgewachsen. Die Mutter verbrachte ihre Jugend in der Stadt am Main. Und bei vielen Schwimmwettkämpfen waren die Becken von Hallen- und Freibad der Ort für jugendliche Niederlagen und Siege, wenn Poseidon Aschaffenburg als Veranstalter auftrat.

VieDie ehemalige Schlosserei Chevalierle Jahre später beim Spaziergang durch Aschaffenburg prasseln  Erinnerungen an etliche Momente von damals ins Gedächtnis. Es sind vor allem Töne, die dieses Gefühl von Heimat auslösen. Es ist der Klang des Dialektes, der so sehr Hessisch ist und doch auch fränkische Anteile hat. Einer Mundart, die aus dem Namen der Schlosserei, in der mein Vater als 14jähriger in die Lehre musste, um zum Ernährer der Familie zu werden, ein völlig anderes Wort formte. Beim „Schwalje“ hat er gelernt. Dass der Betrieb hinter dem Theater, in der gleichen Gasse wie der  „Schlappeseppl“ eigentlich „Chevalier“ hieß, habe ich erst bei einem späten Besuch als Erwachsener begriffen. Es ist der Tonfall, den mein Vater nie ablegte. Und so höre ich bei jedem aufgeschnappten Wort auch ihn.

Pompejanumstraße 4 in Aschaffenburg

Vor dem Haus, in dem meine Mutter in Aschaffenburg wohnte, beschäftigt mich ein anderer Gedanke. Hier war ich nie. Ihre Familie lebte nur relativ kurz in Aschaffenburg. Dennoch steckt auch in diesem Haus, das schräg gegenüber dem Pompejanum liegt, ein Keim von Heimat. Hätte sie hier nicht gelebt, hätte sie meinen Vater nicht kennengelernt. Ich kenne das nur aus Erzählungen, aus der mündlichen Familiengeschichte, die hier in den Steinen eines Hauses, das ich nicht kenne, Gestalt annimmt. Und so geht es mit vielen anderen Orten in der Stadt weiter. Aus dem Klang des Dialekts, den Eindrücken von den Gebäuden und der Erinnerung an Erlebtes und sehr viel nur Erzähltes formt sich ein wohliges Gefühl.

Blick aufs Pompejanum in Aschaffenburg

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Mehr Heimat:
(1) Mein Sprungturm
(2) Stänglich vom Schwab
(3) Leberkäsweck
(4) Bilder aus Hammelburg
(5) Schlesisch Blau in Kreuzberg
(6) Danke Biermösl Blosn!
(7) Weinlaub und Weintrauben
(8) Laufwege in Buchenwäldern
(9) Fränkische Wirtschaft
(10) Bamberger Bratwörscht am Maibachufer
(11) Weißer Glühwein
(12) Berlin
(13) Geburtstage bei Freunden aus dem Heimatort
(14) Gemüse aus dem eigenen Garten
(15) Glockenläuten in der Kleinstadt
(16) Italienische Klänge
(17) Erstaunliches Wiedersehen nach 20 Jahren
(18) Federweißen aus Hammelburg
(19) Wo die Polizei einem vertraut
(20) Erinnerungen in Aschaffenburg
(21) Nürnberg gegen Union Berlin
(22) Der DDR-Polizeiruf 110 „Draußen am See“

Eine spanische Nacht in Potsdam

Ganz spanisch war die Nacht in Potsdam. Die erste ohne Regen und mit einigermaßen Wärme. Das Universitätsgebäude gegenüber dem Neuen Palais erstrahlte in rot-gelb-rot. Und die Musik der Brandenburger Symphoniker, des Euskal Barockensembles und vor allem von der spanischen Solisten beim Sanssouci Prom Concert überzeugten.

Alles in allem also genau das, was einem Open-Air-Konzert den eigenen Charme verleiht. Frische Luft, eine anregende Umgebung und gute Musik. Wären da nicht so manche Zuschauer. Die klatschen nämlich ständig mit, sobald sie meinen eine Melodie oder einen Takt zu erkennen. Da kann Rocio Marquez noch so ergreifend singen oder Enrike Solínis die erstaunlichsten Töne aus seiner Gitarre hervorholen, sie werden gnadenlos niedergeklatscht. Meist sogar im Takt, aber wenn die Musik komplexer wird, dann kann auch das daneben gehen.

Der Gipfel ist aber das Feuerwerk. Das Zischen, Zünden und Zerstäuben der Raketen, Feuerfontänen und Glutvorhänge ist schon vom Orchester kaum zu übertönen. Aber wenn dann die Masse ständig noch „Oh“ und „Ah“ und „Guck mal“ raunt und ruft, dann spielt die Musik nur noch die letzte Geige. Da kann sich Michael Helmrath mit seinen Brandenburger Symphonikern noch so abmühen, ein musikalischer Genuss kommt nicht mehr zustande. Nur noch ein Akustikbrei, der die Frage provoziert, ob das Abspielen einer CD im eigenen Garten nicht die bessere Alternative wäre. Mit Tapas und Wein, als eigene kleine spanische Nacht.

Mehrforte begeistert in Eichwalde

Mehrforte singt in der evangelischen Kirche Eichwalde

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Mehrforte beim Rosenfest-Konzert

Wenn „Engel“ von Rammstein in der evangelischen Kirche Eichwalde als mehrstimmiger Choral erklingt, dann singt Mehrforte. Wie jedes Jahr beim Rosenfest stimmt der Chor um Thomas Merfort Songs von Coldplay, Queen, Otis Redding und vielen anderen an. Und wie jedes Jahr ist die Kirche voll.

Es ist wirklich enorm, welchen Klang die Sängerinnen und Sänger erzeugen. Einmal pro Woche proben sie nur. Aber die Mischung aus Freude am Singen, Musikalität und guter Chorleitung ist der Garant für ein gutes Konzert. Das für das Publikum nicht nur aus Zuhören, sondern auch aus Mitsingen besteht. Denn Thomas Merfort lässt den ersten Kanon schon anstimmen, bevor sich der Chor vor dem Altar aufgestellt hat. Da bleibt einem – auch wenn man nicht singen kann – nicht anderes übrig, als einzustimmen. Und die Begeisterung von Mehrforte zu teilen. 

Steffen Möller entdeckt für uns Warschau

Steffen Möller: Viva WarszawaWarschau ist eine Reise wert. Davon ist Steffen Möller, der viele Jahre in der polnischen Hauptstadt gelebt hat, überzeugt. Aber da Warschau bei den Touristen immer den Kürzeren im Vergleich mit Krakau zieht, erklärt uns Deutschlands bekanntester Polen-Versteher und -Kenner den Reiz der Stadt. Mehr als 280 kurzweilige Seiten locken uns nach Warschau.

Ein Urteil und viele Unklarheiten – Urteil im Maskenmann-Prozess

Der Maskenmann ist verurteilt. Das Landgericht Frankfurt (Oder) schickt den Angeklagten lebenslänglich hinter Gitter. Die Deutlichkeit, mit der das Gericht von der Schuld des angeklagten Dachdeckers aus Berlin überzeugt ist, verblüfft im ersten Moment, denn die 59 Prozesstage brachten vor allem eines zu Tage: Zweifel an der Anklage, Zweifel an der Polizeiarbeit und – noch schlimmer – Zweifel an der Verfassung der gesamten Justiz- und Ermittlungsbehörden in Brandenburg. 

Der ganze Kommentar steht auf rbb-online.de…

Maxim Biller ist im Kopf von Bruno Schulz

Maxim Biller: Im Kopf von Bruno SchulzBruno Schulz, der große polnisch-jüdische Schriftsteller schreibt einen Brief an Thomas Mann. 1938, schon nach dem Einmarsch Deutschlands ins Sudetenland, sitzt Schulz an seinem Schreibtisch im heimisch Drohobycz und berichtet in einem Brief an den Autoren-Kollegen von dessen Doppelgänger. Das ist der Rahmen für eine kleine Novelle von Maxim Biller, in der auf nicht einmal 70 Seiten ein visionärer Alptraum entsteht, dem man sich als Leser nicht entziehen kann.

Thomas Brussig tut so, als wäre die DDR noch immer da

Thomas Brussig: Das gibts in keinem RussenfilmAch immer diese Ostalgie! Warum hört das nicht auf? Sie war doch eine Diktatur! Und ausgerechnet zum Jubiläum ihres Untergangs wird sie von Thomas Brussig wieder zum Leben erweckt! Muss das sein?

JA!!! DAS MUSS SEIN!!! Wenn sie auf diese Art noch einmal auf der literarischen Bühne erscheinen darf, dann ist das nicht nur amüsant, komisch, witzig, sondern auch noch wunderbar lehrreich. Denn der Vergleich, der Systeme, den Thomas Brussig in seinem neuen Roman bis in die Gegenwart führt, öffnet für vieles in der DDR die Augen. Und für die Summe der Missverständnisse, die Ost- und Westdeutsche nicht nur vor 25 Jahren gegenseitig hatten.

Staatsorchester verzaubert 350 Kinder in Orchestermäuse

"Orchestermäuse" in Frankfurter Kleist-Forum

Howard Griffiths hat eine neue Leidenschaft: Wenn ihm im Hotel langweilig wird, dann setzt er sich hin und schreibt ein Libretto für Kinder. Nach „Die Hexe und der Maestro“ sind es jetzt die „Orchestermäuse“. Wieder hat der Schweizer Fabian Künzli die Musik dazu geschrieben. Und wieder haben die beiden ein Bühnenvergnügen für uns mit Kindern geschrieben, das Lust auf Oper, Musical, Orchester und Gesang macht. In Frankfurt (Oder) hatten die Orchestermäuse jetzt ihre Welturaufführung – mit 350 Kindern aus Ostbrandenburg, einem lustvollen Brandenburgischen Staatsorchester und einem Maestro, der mit seiner Freude an Musik und Spiel alle ansteckt, die sich ihm nähern.

"Orchestermäuse" in Frankfurter Kleist-Forum

Die Geschichte ist schnell erzählt. Ein ganzes Mausvolk flieht durch den Zauberwald vor den Katzen, mit denen sie einst in Frieden lebten. Wenn da nicht eine vorlaute Maus für Ärger gesorgt hätte. Als neue Heimat suchen sie sich die Konzerthalle aus, geraten dort aber mit dem Orchester aneinander. Denn die musizieren, wenn die Mäuse schlafen wollen. Die nach allerlei Turbulenzen söhnen sich alle im Zauberwald miteinander aus und singen gemeinsam. Ein schönes Märchen, das vor allem durch den Witz der Texte und die schwungvolle Musik überzeugt.

"Orchestermäuse" in Frankfurter Kleist-Forum

Vor allem aber durch die Inszenierung von Be van Vark, die sich mit Howard Griffiths wunderbar versteht. Sie hat die unendlich mühevolle Arbeit mit etlichen Workshops mit den Kindern künstlerisch geleitet und zu einem amüsanten und energiegeladenen Bühnenevent formte. Howard Griffiths wiederum gelingt es erneut, sein Brandenburgisches Staatsorchester so für die Arbeit mit den Kindern zu begeistern, dass sie Instrumenten-Workshops durchführten und letztendlich eine Spielweise wählen, die es den Kindern ermöglicht, zu den Stars des Nachmittags zu werden.

"Orchestermäuse" in Frankfurter Kleist-Forum

Das Publikum in Frankfurt (Oder) ist begeistert. Denn die Kinder tanzen, singen, musizieren. Sie realisierten eine überzeugende Videoinstallation, mit der die Frankfurter Konzerthalle ins Kleist-Forum holt. Und alles zusammen ist irgendetwas zwischen Oper und Musical oder szenischem Musiktheater. Vor allem aber ist es einfach großartig! Eine Welturaufführung in Frankfurt (Oder), an die sich alle Zuschauer und vor allem alle Beteiligten noch sehr lang erinnern werden.

Gauck gedenkt am 8. Mai der Gefallenen der Roten Armee

Bundespräsident Gauck auf dem Soldatenfriedhof in Lebus

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Bundespräsident Gauck auf dem Soldatenfriedhof in Lebus

Joachim Gauck ist der richtige Präsident für die richtigen Worte in schwierigen Situationen. Am 8. Mai, 70 Jahre nach Kriegsende, bedankt er sich für die Befreiung Deutschlands durch die Alliierten. Alleine hätten es die Deutschen nicht geschafft, sich zu befreien. In Lebus bei Frankfurt (Oder) sagt er das. Auf einer Kriegsgräberstätte für sowjetische Soldaten, die in den letzten Tagen auf dem Weg nach Berlin ihr Leben ließen.

Gauck hält sich kurz, vergisst dabei aber auch nicht zu erwähnen, dass die Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus nicht unbedingt Freiheit brachte. „Ich verneige mich auch vor dem Leid derer, denen die Befreiung vom Nationalsozialismus keine Freiheit brachte, sondern Rechtlosigkeit, Gewalt und Unterdrückung“, sagte der Präsident in Anwesenheit des russischen Botschafters  Grinin. Und des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk und weiteren Botschaftern des Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Gemeinsam gedachten sie der Opfer der Sowjetunion, machten dadurch aber auch klar, dass die Rote Armee keine russische Armee war, sondern eine vieler Völker.

Das war ein starkes Zeichen, ein angemessenes Gedenken, das die Vergangenheit in die Gegenwart spiegelte – und deutlich machte, dass Befreiung von einer Diktatur nicht gleich Freiheit bedeutet.