Frieren mit dem Schienenersatzverkehr

Schienenersatzverkehr, Bus zwei erreicht Jacobsdorf.
Schienenersatzverkehr, Bus zwei erreicht Jacobsdorf.

Endlich wieder Schnee. Endlich wieder Temperaturen unter null Grad. Ein richtiger Winterabend begrüßt das Wochenende. Einzig die Ankündigung des Schienenersatzverkehrs trübt den Beginn des Wochenendes. Bus fahren statt in den Zug zu steigen nervt immer. Der Bus ist voll. Die Pendler und die Fans der Berliner Eisbären haben alle Sitzplätze belegt, etliche stehen im Gang, bis der Bus vollständig gefüllt ist. Aber die Stimmung ist in Ordnung. Dem Genervt-Sein folgt schnell das unausweichliche Sich-die-in-die-Situation-ergeben.

Auch ich kletter in den Bus, quetsche mich mit einem anderen ganz vorne auf den Beifahrersitz, schwitze in zu dicker Winterjacke, kann sie aber vor lauter Enge nicht ausziehen. Auch ich verfolge verwundert die Fahrtroute quer durch Frankfurt, hinauf nach Rosengarten und dann in weniger als Schrittgeschwindigkeit über aufgerissene Baustellenstraßen weiter Richtung Pillgram. Die Zeit verrinnt, die Anspannung steigt. Und die verstärkt die Transpiration. Wo sind wir? Wie viel Zeit haben wir noch? Wartet der Zug in Jacobsdorf?

Da fährt er ein. Von Pillgram aus können wir ihn schon sehen. Der Busfahrer gibt Gas. Die Stehenden müssen sich gut festhalten. Sie schwanken in den Kurven von rechts nach links. Aber sie haben das Ziel vor Augen. Jetzt noch eine Abbiegung nach links zum Bahnhof, dann haben wir alle wieder Platz im Zug. Der Busfahrer bremst, bringt den Bus zum Stehen. Aber was ist das? Der Zug fährt los! Er wartet nicht! Er fährt einfach fast leer los!Ein Blick auf die Uhr. Der Busfahrer schaut auf die Zeit, ich schaue auf die Uhr. Drei Minuten zu früh! Der Zug fährt drei Minuten zu früh weg – und lässt uns in der Winterkälte zurück. Denn aussteigen müssen wir. Der Bus muss ja zurück nach Frankfurt und weitere Bahnkunden nach Jacobsdorf bringen.

Auf dem Bahnsteig stürmen alle zur Fahrplantafel. Wut macht sich breit. Böse Bemerkungen über die Bahn. Fast eine Stunde warten ist angesagt. Eine Stunde in der Kälte. Und das nach diesem überhitzten Bus. Eine zweite Busladung ist genauso fassungslos und verärgert. Aber es bleibt ruhig. Vielleicht zu ruhig?

Die Kälte breitet sich von unten aus. Klettert von Füßen die Beine hoch. Aber es hilft alles nichts. Warten. Wir können nur warten. Und fluchen wie die Eisbären-Fans, die jetzt sicher nicht zu Spielbeginn in der Halle sein werden. Uns bleibt warten und frieren. Und die Hoffnung, dass die Bahn sich irgendwie bemerkbar macht. Tut sie aber nicht. Die Lautsprecher sagen nichts an, auch nicht nachdem mit ihr telefoniert wurde. Sie schweigt. Und wir bedauern uns und frieren. Und verfluchen den Winter. Auf den wir uns doch so gefreut hatten.

Verlassen am Ostbahnhof

Berliner Ostbahnhof, wenn der Zug weg ist.
Berliner Ostbahnhof, wenn der Zug weg ist.

Wenn Dich die S-Bahn in der tiefsten Kälte stehen lässt.
Wenn Du es dann doch noch zum Ostbahnhof schaffst, wo Du in den Zug steigen willst.
Wenn Du den Zug doch noch auf dem Bahnsteig stehen siehst und erleichtert tief die kalte Luft einatmest.
Wenn die Tür aber nicht aufgeht und der Zug Dich einsam auf dem Bahnsteig zurücklässt.
Wenn Du dann vor lauter Fassungslosigkeit gar nicht in der Lage bist, Dich zu ärgern.

Dann.

Ja dann schafft es nicht einmal die Sonne, die noch tief stehend Dich blendet, Dir ein Lächeln zu entlocken.
Dann ist Dein Blick leer wir der Bahnsteig.

Und Deine Lust auf den Tag ist verschwunden wie dieser Zug.

Sibiriens Angriff auf meine Nasenspitze – und meinen Diesel

Stehender Diesel bei minus 25 Grad
Stehender Diesel bei minus 25 Grad

Es ist die Nasenspitze. Ob es ihre Länge ist, die sie dem kalten Wind so ausliefert? Auf jeden Fall zieht sich die Spitze so zusammen, als wollte sie sich in die Nase zurückrollen. Das ist ein Gefühl zwischen Frieren und Brennen. Auch die Ohrwaschel tun weh. Viel mehr übrigens als der Rest der Ohren. Aber die Nasenspitze macht sich ganz besonders bemerkbar.

Eigentlich wollte ich mich der Kälte ja gar nicht so aussetzen. Aber bei minus 23 oder 24 Grad floss der Diesel nicht mehr durch den Motor. Da konnte ich vorglühen, was die Batterie hergab – der Diesel kam nicht in Fluss. Also ab aufs Fahrrad und zur S-Bahn. Da machte sich die Nasenspitze zum ersten Mal bemerkbar. Die Ohrwaschel noch nicht. Die  verschwanden im wärmenden Schal. Und die dicke Jacke hielt die Körperwärme fest. Nur die Oberschenkel waren nicht so geschützt, wie es das Wetter eigentlich verlangt. Doch wer rechnet schon damit, dass das Auto streikt und das Fahrrad ran muss?

Da die S-Bahn auf sich warten ließ, hatte die Kälte Zeit genug, weitere Lücken in der Kleidung zu finden. Zum Beispiel die Schuhsohle der Winterschuhe. Von unten kroch die Kälte, bahnte sich ihren Weg nach oben und ließ den Fuß von unten ganz langsam auskühlen. In solchen Momenten wird jede Minute Verspätung zur kleinen Qual, die schneller wächst als die Zeit verrinnt.

In der S-Bahn war alles warm. So viele Leiber in dicken Jacken drängten gegeneinander, dass die Kälte keinen Platz hatte. Selbst beim Halt und den dann offenen Türen konnte die Wärme der Menschen nicht komplett entweichen. Ganz anderes als am Ostbahnhof, wo der Zug 25 Minuten Verspätung hatte. Was dem Auto der dickflüssige Diesel ist dem Zug die eingefrorene Weiche. In solchen Situationen hilft nur Geduld. Und genug innere Wärme.

So machte das sibirische Hoch aus 70 Minuten Pendelzeit 140 Minuten. Davon gut 45 an der gern leichtfertig so gerühmten „frischen“ Luft. Nur gut, dass mir das auf dem Weg zurück erspart blieb. Eine feine Kollegin nahm mich mit. Nicht nur die Nasenspitze dankt ihr das noch immer.

Starke Streckenauslastung bei der Bahn

Starke Streckenauslastung in Erkner
Starke Streckenauslastung in Erkner

15 Minuten Verspätung kündigt die Anzeigentafel an. Und das am Morgen bei Minus-Temperaturen. Niemand am Bahnsteig wundert sich über solch eine Ankündigung. Zu normal ist das für den Pendler.

Doch dann kommt die Ansage: Starke Streckenauslastung wird als Grund für das morgendliche Frieren genannt. Starke Streckenauslastung! Wer plant denn die Auslastung dieser Strecke von Berlin über Fürstenwalde nach Frankfurt (Oder) und weiter bis Eisenhüttenstadt? Ist das nicht die Firma, die mich hier gerade frieren lässt?

Das Kopfschütteln über diese neue Ausrede hält mich wenigstens warm. Und da keine Züge auf der überlasteten Strecke fahren, bleibt mir eisiger Fahrtwind zumindest erspart.