Leonardo Sciasia hat seine heimatliche Insel Sizilien nur für gelegentliche Reisen verlassen. Gewohnt hat er immer dort, wo er geboren wurde und aufwuchs. Das unterscheidet ihn von vielen anderen sizilianischen Künstlern und Schriftstellern wie Pirandello, Vittorini, Quasimodo, Guttuso oder Consolo. Lange arbeitete er sogar in Racalmuto als Lehrer in dem Ort, in dem sein Vater noch in den Salpeterminen arbeitete. Armut war ihm vertraut. Und sie prägte ihn auch dann noch, als er längst einer der wichtigsten italienischen Schriftsteller geworden war.1995 hat Klaus Wagenbach aus Texten Sciascias, die meist in Zeitschriften und Zeitungen erschienen waren, eine Auswahl unter dem Titel „Mein Sizilien“ zusammengestellt. Sie umfasst Reportagen und Porträts von Orten (z.Bsp. Racalmuto, Catania) und Landschaften (Küste, Ätna-Region), aber auch einen Beitrag über „Mafia und Literatur“. Der Sizilianer Sciascia nimmt den Leser 136 Seiten an die Hand und führt ihn in das Besondere Siziliens ein. Natürlich ist das die Mafia, mit der sich Scisacia als erster literarisch befasste. Aber es ist eben auch ein Denken, das von vielen Einflüssen geprägt ist, aber keine der vielen Mentatlitäten und Kulturen, die Sizilien beherrschten, übernommen hat. Vielmehr sieht Sciascia im Wesen seiner Sizilianer Spuren einer steten Unterlegenheit.
In dem Band geht es um viel Geschichte, viel Landschaft und Natur, die in ihrer Kargheit eine ganz besondere Schönheit entwickelt. All das schildert Sciascia ohne jeden Ton von auftrumpfender Begeisterung der eigenen Heimat. Vielmehr zweifelt er viel, wägt ab und kommt dabei auf viele überraschende Gedanken. „Mein Sizilien“ ist kein Reiseführer. Aber es ist ein Buch, das der Sizilien-Reisende unbedingt lesen sollte. Denn Leonardo Sciascia hat einen ganz anderen Blick auf seine Heimat als die Sizilien-Reisenden Goethe, Wagner oder Platen, die den deutschen Blick geprägt haben.
Mehr von Leonardo Sciascia:
– „Der Zusammenhang“
– „Das ägyptische Konzil“
– „Mein Sizilien„
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