Mit Andreas Oppermann 1860 durch Palermo (2) – Balkone

„Palermo – Erinnerungen von Andreas Oppermann“ heißt ein 1860 in Breslau erschienenes Buch. Auf den Spuren dieses Namensvetters aus der Vergangenheit sieht Palermo manchmal noch genauso aus wie heute:

Auch kennt der Palermitaner keine abgeschlossene Häuslichkeit. Es werden Toilettengeschäfte, welche man bei uns mit der größten Heimlichkeit abmacht, dort sehr öffentlich auf dem Balkon des Hauses oder der Straße verrichtet.

Es kann vorkommen, daß ein ganz ehrbarer Maestro und Bürger der Stadt sich gemähchlich die Hosen auf dem Balkon vor aller Augen anzieht, auf der Straße steht häufig der Mittagstisch der kleinen Handwerkerfamilie gedeckt, ein Handelsmann läßt sich ganz gemüthlich in einer sehr lebhaften Straße vor seinem Laden rasieren, und ein paar fremde Leute, die gerade Nichts zu thun haben, sehen dem Barbier staunend seine Kunstgriffe ab.

Wieviel ein ehrsamer Schneidermeister Hemden hat, und wieviel er die Woche wechselt, kann man deutlich aus der allwöchentlich ausgehängten Stückzahl ersehen, und ich behaupte, daß auch die Hemden des Statthalters aus den Fenstern des Palazzo Reale zum Trocknen herausgehängt wurden. Es giebt palermitanische Adlige, welche in Neapel wohnen und ihre Paläste in der Stadt mit allem von ihnen selbst in Gebrauch gehabten Inventar an Büchern, Wäsche, Möbeln vom Pot de Chambre bis zum silbernen Tafelaufsatz und bis zur Briefcassette an Fremde vermiethen, ja selbst ihre Dienerschaft zur Disposition stellen. Ist es für den Miether ein ganz absonderliches Gefühl , auf solche Weise von einem fremden, in sich abgeschlossenen äußeren Leben gleichsam umfangen zu werden, so kann auf der anderen Seite hieraus ein Schluß auf den Sinn des Palermitaners für seine Häuslichkeit gezogen werden (S. 112 ff).

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