Ein untrügliches Zeichen des Älterwerdens ist das Wiedererkennen nostalgischer Gefühle beim Blick zurück. „Rotfront“ ist mittlerweile auch gar nicht mehr so jung. Und so blickt die Berliner Band auf ihrem neuen, dem dritten, Album zurück. Auf die 1990er-Jahre, auf das Wetter und auf „Songs about me“.
Ein weiteres Zeichen des Alterns ist das Akzeptieren einer Identität, gegen die man in der Jugend gern rebellierte. Das Deutsch-Sein gehört ganz sicher in diese Kategorie. Ach wie war alles schlimm, was deutsch war. Und wie selbstverständlich ist es inzwischen. Ja, vieles davon hat man jetzt gern, fühlt sich wohl in und mit ihm. Selbst die schwarz-rot-goldene Fahne und die Hymne lösen mittlerweile ja eher eine – noch immer distanziert-kritische – Behaglichkeit aus. Das geht auch „Rotfront“ so. Auf dem Cover sind die Bandmitglieder in schwarz und rot gekleidet – mit goldenen Einsprengseln. Und das, obwohl die Musiker aus allen möglichen Ländern und Regionen kommen und ihre Migrationserfahrungen offensiv ins Zentrum ihrer Musik und Texte stellte.
Aber mit der Identität ist es ja nicht so einfach. Bei ihr kommt es nicht nur darauf an, wie man sich selbst fühlt, sondern ganz stark auch, wie einen die anderen wahrnehmen. Und in Europa werden Yuri Guhrzy und Co. als deutsche Band aus Berlin gefeiert. Das alles sind offenbar Gründe, die sie veranlassten „17 Deutsche Tänze“ einzuspielen. Aber keine Angst, die Musik ist noch genauso wach, kraftvoll und von Bläsersätzen angetrieben, wie auf den ersten beiden Alben. Vielleicht ist ja auch das ein Zeichen des Alterns: Gutes und Bewährtes zu perfektionieren statt stets Neues auszuprobieren.
Für eine Band bedeutet Älterwerden ja auch, dass sie Erfolg hat. Wenn sie dabei reift wie „Rotfront“, ist das für die Hörer und die Band selbst wunderbar. Wenn sie die Neugier nicht verliert, wenn sie ihren Witz behält, wenn die Mischung aus Raggamuffin, Ska, Polka, Rock, HipHop und Reggae erhalten wird, dann entsteht ein echtes Meisterwerk zu dem getanzt, mitgesungen und viel gelacht werden kann. Mit Rotfront kann man älter werden, weil Rotfront es selbst kann. Und mit den „17 Deutschen Tänzen“ kann man das Schöne daran sogar richtig feiern.
Auch schön zu den17 Deutschen Tänzen…
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