Diese Geschichte ist eigentlich ganz banal. Da wächst ein Bub in der Provinz auf, versucht sich und die Welt zu begreifen und scheitert an ihr. Bis er das Theater für sich entdeckt und mit ihm seine Rolle in der Welt.
Was sich wie eine knappe Inhaltsangabe von Goethes „Wilhelm Meister“ liest, fasst das neue Buch von Robert Seethaler zusammen. „Jetzt wirds ernst“ ist sein dritter Roman. Vor allem der Vorgänger „Die weiteren Aussichten“ war ein Erfolg. Genauso wie der darauf basierende Fernsehfilm „Die andere Frau“, für den Seethaler mit Dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde.
Seethaler ist ein Meister lakonischer Sätze, die nicht sofort ihre Wirkung entfalten. Die Summe der simplen Beobachtungen erzeugen eine Stimmung, die jeder in seiner Pubertät erlebt hat. Denn davon handelt der Roman vor allem. Er schildert, wie aus einem Baby, das bei einer Sturzgeburt das Licht der Welt erblickte, ein Junge wird, der die Schule seltsam findet und in der Pubertät langsam zu sich selbst findet. Insofern ist der Vergleich zu Wilhelm Meister ein guter. Nur dass Seethalers Bildungsroman viel humorvoller und direkter ist.
Der Titel „Jetzt wird ernst“ beschreibt eigentlich das Ende des Buches. Bis dahin ist für den Jungen natürlich auch alles ernst. Der Tod der Mutter, die Mitarbeit im väterlichen Friseursalon, die erste unglückliche Liebe oder die Versagensangst vor dem ersten Auftritt auf der Theaterbühne. Doch richtig ernst wird es halt erst, wenn man erwachsen ist und sich der Welt richtig stellen kann.
Robert Seethaler gelingt es, alle seine Figuren mit echter Zuneigung zu schildern. Selbst unangenehme Personen wirken nicht abstoßend. Sie sind ein Teil des Lebens und schon deshalb auch gut. Seinen eigentlichen Helden, aus dessen Ich-Perspektive der Roman geschrieben ist, begleitet er mit Herzlichkeit und Frische. Angesichts der vielen Fettnäpfchen, die das langsame Erwachsenwerden so mit sich bringt, ist das gar nicht so einfach. Genau diese Spannung trägt den Roman und macht ihn zu einem großen Lesegenuss.
Robert Seethaler: Jetzt wird’s ernst. 303 Seiten, Kein & Aber, 19,90 Euro