Die Sorge um unsere Kinder

Die Zahl ist dramatisch: In 32.300 Fällen haben Jugendämter Kinder 2008 in ein Heim gebracht, um sie vor den Zuständen zu Hause zu schützen. Das Eingreifen der Ämter wird dabei von Familiengerichten gestützt. Voraussetzung ist die Gefährdung der Kinder. Nach den Fällen verhungerter und verwahrloster Kinder zeugt die Zunahme um mehr als 14 Prozent von einer größeren Aufmerksamkeit der Jugendämter.

Das ist erfreulich, denn die höhere Sensibilität der Ämter geht mit mehr Achtsamkeit von Schulen, Ärzten und Nachbarn einher. Die Gesellschaft schaut inzwischen genauer hin. Es ist wieder selbstverständlich, dass Kinder geschützt werden müssen – notfalls auch vor den eigenen Eltern.

Die fühlen sich oft überfordert. Dafür gibt es objektive Gründe. Den Entzug der Kinder können diese aber nur im äußersten Notfall rechtfertigen. Es besteht die Gefahr, dass Jugendämter Kinder aus Familien nehmen, weil sie sich nichts vorwerfen lassen wollen. Vor allem dort, wo sich zu wenige Mitarbeiter um zu viele Fälle kümmern müssen.

Dann aber wäre der Entzug der Kinder nichts anderes als ein Versagen der verantwortlichen Kommunalpolitiker. Immerhin gibt es auch Kommunen mit gegenläufigem Trend. Dort wird in Vorbeugung investiert. Jugend- oder Gesundheitsämter gehen kurz nach der Geburt zu den Eltern. Der Babybesuchsdienst erklärt, dass es Beratungsangebote gibt. Er zeigt jungen Eltern, dass sie mit ihren Problemen nicht alleingelassen werden. Und er baut Angst vor dem Amt ab.

Dazu müssen die Ämter qualitativ und quantitativ gut ausgestattet sein. Nur so können sie das notwendige Netzwerk aufbauen, das Eltern hilft. Nur dann bleibt Zeit, um Familien so zu begleiten, dass sie nicht langsam in eine Spirale aus Vernachlässigung, Angst und schlimmstenfalls Gewalt abrutschen.

Denn der eigentliche Auftrag der Jugendämter ist nicht die Herausnahme der Kinder aus den Familien, sondern Hilfe. Wenn die erfolgreichen Präventionsmodelle ausgebaut werden, dann besteht die Chance, dass weniger Kinder ins Heim müssen – und sie dennoch nicht gefährdet sind.

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