Den Vergleich zum traditionellsten Neujahrskonzert überhaupt, zum Konzert der Wiener Philharmoniker, muss das des Brandenburgischen Staatsorchesters Frankfurt nicht scheuen. Howard Griffiths versprüht viel mehr Freude aufs Neue (Jahr), als es Daniel Barenboim jemals könnte. Obwohl auch er schon ein fröhlicher Mensch ist. Aber kann man sich Barenboim mit einer Flasche Chianti in der Hand am Dirigentenpult vorstellen? Und dann auch noch das Publikum aufzufordern „Ja, ja, der Chianti-Wein“ bei der Zugabe zu singen?
Es ist genau diese Freude an der Musik, die Griffiths so wunderbar vermittelt. Und das nicht nur ans Publikum, sondern vor allem ans Orchester (und darüber dann wieder auch ans Publikum). Er weigert sich, der Musik einen Ernst anzuhängen, den sie nicht hat. Er kitzelt vielmehr die Ironie und den Witz aus den Stücken, sodass selbst aus Stücken wie dem Kaiserwalzer bei ihm nicht nur beschwingte Klänge zu hören sind, sondern auch all die ironischen Untertöne zwischen Preußentum und österreichischer Nonchalance, die in dem Stück von Johann Strauss jr. stecken. Das ist dann ganz große Unterhaltung und dabei auch noch richtig fröhliche Kunst.
Und wer kommt schon auf die Idee, ein Neujahrskonzert mit Pantomime zu krönen? Wolfram von Bodecker, Alexander Neander, Irene Fas Fita spielten eine herrliche Slapstick-Einlage zu Ottorino Respighis „Zauberladen“, bei der ein Bildhauer mit seinem Auftraggeber und der Statue, die er schafft, völlig durcheinander gerät. Wunderbar anzuschauen und großartig abgestimmt auf die Musik des Orchesters. Auch das war wieder eines der vielen Beispiele von Griffiths stetem Wunsch, Spaß auf Orchestermusik zu machen, das Publikum mitzunehmen und zu überraschen. Und das Orchester? Das hat diese Freude an der eigenen Arbeit vollständig verinnerlicht. Auch die Musiker haben Lust aufs Schmunzeln und Überraschen. Hoffentlich bleibt Griffiths dem Brandenburgischen Staatsorchester noch lange erhalten. Dann sind die Neujahrskonzerte in Frankfurt (Oder) und Potsdam auch weiterhin ein noch fröhlicherer und besserer Start ins neue Jahr als die Wien. Denn den Raddetzkymarsch darf man hier auch mitklatschen. Aber „Pomp Duck an Circumstances“ gibt’s nur vom Brandenburgisches Staatsorchester als Zugabe.