Der Reigen der Abschiedskonzerte hat begonnen. Am Dienstag hat Howard Griffiths sein letztes Neujahrskonzert als Ganeralmusikdirektor des Brandenburgischen Staatsorchesters Frankfurt in der Konzerthalle gegeben. Wie immer hat er die Zuhörer dabei mit besonderer Musik überrascht. Diesmal war es ungarische Musik mit dem Lakatos Ensemble.
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Bei Matthus sehnen sich „Luthers Träume“ nach Brüsten, Bier und Essen
Die Konstellation hat es in sich: Ein ehemaliger DDR-Staatskünstler schreibt eine musikalische Vision über den Protestanten Luther, das bei der Welturaufführung auch vor polnischen Katholiken intoniert wird. Da ist theologisch und weltanschaulich „Musike drin“. Auf jeden Fall stellt sich sofort die Frage, ob es künstlerisch gelingt, den Text so in Musik zu setzen, dass sich der Sinn der Worte vermittelt, selbst wenn man sie nicht verstehen kann.
Staatsorchester verzaubert 350 Kinder in Orchestermäuse
Howard Griffiths hat eine neue Leidenschaft: Wenn ihm im Hotel langweilig wird, dann setzt er sich hin und schreibt ein Libretto für Kinder. Nach „Die Hexe und der Maestro“ sind es jetzt die „Orchestermäuse“. Wieder hat der Schweizer Fabian Künzli die Musik dazu geschrieben. Und wieder haben die beiden ein Bühnenvergnügen für uns mit Kindern geschrieben, das Lust auf Oper, Musical, Orchester und Gesang macht. In Frankfurt (Oder) hatten die Orchestermäuse jetzt ihre Welturaufführung – mit 350 Kindern aus Ostbrandenburg, einem lustvollen Brandenburgischen Staatsorchester und einem Maestro, der mit seiner Freude an Musik und Spiel alle ansteckt, die sich ihm nähern.
Die Geschichte ist schnell erzählt. Ein ganzes Mausvolk flieht durch den Zauberwald vor den Katzen, mit denen sie einst in Frieden lebten. Wenn da nicht eine vorlaute Maus für Ärger gesorgt hätte. Als neue Heimat suchen sie sich die Konzerthalle aus, geraten dort aber mit dem Orchester aneinander. Denn die musizieren, wenn die Mäuse schlafen wollen. Die nach allerlei Turbulenzen söhnen sich alle im Zauberwald miteinander aus und singen gemeinsam. Ein schönes Märchen, das vor allem durch den Witz der Texte und die schwungvolle Musik überzeugt.
Vor allem aber durch die Inszenierung von Be van Vark, die sich mit Howard Griffiths wunderbar versteht. Sie hat die unendlich mühevolle Arbeit mit etlichen Workshops mit den Kindern künstlerisch geleitet und zu einem amüsanten und energiegeladenen Bühnenevent formte. Howard Griffiths wiederum gelingt es erneut, sein Brandenburgisches Staatsorchester so für die Arbeit mit den Kindern zu begeistern, dass sie Instrumenten-Workshops durchführten und letztendlich eine Spielweise wählen, die es den Kindern ermöglicht, zu den Stars des Nachmittags zu werden.
Das Publikum in Frankfurt (Oder) ist begeistert. Denn die Kinder tanzen, singen, musizieren. Sie realisierten eine überzeugende Videoinstallation, mit der die Frankfurter Konzerthalle ins Kleist-Forum holt. Und alles zusammen ist irgendetwas zwischen Oper und Musical oder szenischem Musiktheater. Vor allem aber ist es einfach großartig! Eine Welturaufführung in Frankfurt (Oder), an die sich alle Zuschauer und vor allem alle Beteiligten noch sehr lang erinnern werden.
Eindrücke von einem Abend beim Musiksommer Chorin 2012
Es war schon very british. Das Konzert des Brandenburgischen Staatsorchesters beim Choriner Musiksommer war voller musikalische Hochkomik – und voll von Präzision, Kraft und Virtuosität. Die Mischung aus Händels „Feuerwerkmusik“, Woods „Fantasia on British Sea Songs“, Elgars „Pomp and Circumstance“ und weiteren hoch amüsanten Stücken von Arnold, Walton, Heberle und Vivaldi hauchten der Backsteinruine des Klosters Chorin eine enorme Fülle Leben ein.
Vor 25 Jahren wäre es kaum denkbar gewesen, dass ein englischer Dirigent ein ostdeutsches Orchester leitet und das Publikum mit ironisch gebrochener Begeisterung über englische Monarchie, britische Traditionen und insularem Humor an diesem Ort so in Wallung versetzt, dass nur noch lauthalses Lachen fehlt, um alle Formen der akustischen Begeisterung auszureizen. Schon allein für diese Erinnerung an die Freiheit, die ja auch gerade auf den britischen Inseln über Jahrhunderte kultiviert wurde, hat den Besuch gelohnt.
Aber natürlich auch der Genuss an der Musik, das Staunen über die Virtuosität von Maurice Steger, der so erstaunlich schnell und intensiv seine Blockflöten blies, dass das Gehör mit dem Erfassen Tonkaskaden kaum folgen konnte. Und auch Steger hat trotz aller Konzentration auf seine Fingerläufe den Humor nicht vergessen. Im Gegenteil: Steger und Griffith ergänzten sich mit ihrer Lust am kultivierten Witz wunderbar. So sehr, dass die Grundstimmung des Abends, diese lustvolle und kraftvolle Aufforderung auf die kindliche Freude am schönen Klang, am Spaß und am Lachen, nachhallt. Und sicher noch sehr lange nachhallen wird.