Mein Großvater beim Tag von Potsdam

Paul von Hindenburg und Adolf Hitler am Tag von Potsdam
Paul von Hindenburg und Adolf Hitler am Tag von Potsdam

Es muss ein großer Tag für ihn gewesen sein, dieser 21. März 1933. 27 Jahre war der Polizist alt, der offenbar diese Fotos vom „Tag von Potsdam“ machte. Ganz nah war er an Herrmann Göring, seinem preußischen Innenminister. Adolf Hitler, der Reichskanzler, und Paul von Hindenburg, der Reichspräsident waren für ihn, der diese Fotos trotz seiner dienstlichen Anwesenheit offenbar machen konnte, zum Greifen nahe.

Herrmann Göring am Tag von Potsdam
Herrmann Göring am Tag von Potsdam

Für den jungen Polizisten war dieser „Tag von Potsdam“ auch Jahrzehnte später noch eine wichtige Erinnerung. In der Garnisionkirche, mit den Gräbern von Friedrich dem Großen und dem Soldatenkönig, kam für ihn alles zusammen, was Preußen ausgemacht hat. Bis zu seinem Lebensende stand eine kleine Statue Friedrichs II. auf seinem Schreibtisch. Genau hier, in dieser Kirche, trat nun der neugewählte Reichstag zusammen, nachdem der eigentliche drei Wochen zuvor in Flammen aufgegangen war.

Herrmann Göring am Tag von Potsdam
Herrmann Göring am Tag von Potsdam

Der preußische Schutzpolizist war eine kleine Randfigur. Aber er spürte, dass an diesem Tag etwas Entscheidendes passierte. Ob er selbst die Nazis gewählt hatte, weiß ich nicht. Aber dass ihm, dessen Schwester mit einem jüdischen Zahnarzt verlobt war, der vulgäre Antisemitismus der Nazis zu wider war, glaube ich sicher. Und doch brachte dieser Tag auch Ruhe für ihn. Saalschlachten, Straßenschlachten und von Nazis oder Kommunisten getötete Polizisten gehörten danach der Vergangenheit an. Insofern kehrte für meinen Großvater Ordnung ein. Die Familiengründung wurde plausibler. Und das alles im Geiste Preußens.

Der war ihm wichtig. Hatte doch dieser in seiner Wahrnehmung einen maßgeblichen Anteil daran, dass er als gelernter Schlosser und Sohn eines sozialdemokratischen Metallgießers über die Polizei einen gesellschaftlichen Aufstieg erlebte. Einen, der noch dazu von den Hauptakteuren in und vor der Garnisionkirche auch gewollt war.

Preußische Polizei am Tag von Potsdam vor der Garnisionkirche
Preußische Polizei am Tag von Potsdam vor der Garnisionkirche

So verdichteten sich in den wenigen Dingen, die er seinem Enkel aus der Vorkriegszeit erzählte, in diesem „Tag von Potsdam“ ganz viel Unterschiedliches. Und in dem, was er nicht erzählte, wurde deutlich, woran er sich nicht erinnern wollte: willkürliche Verhaftungen, SA und erste KZ, Ausschaltung des Parlaments. Wobei er letzteres gar nicht so schlecht fand. Den von rechts und links ungewollten und bekämpften Parlamentarismus, den er als preußischer Polizist mit Leib und Leben verteidigen musste, vermisste er nicht. Aber die kulturelle Vielfalt, die von den Uniformen im Alltag verdrängt wurde, offenbar schon. Denn von der erzählte der Berliner, der in der Kreuzberger Bergmannstraße geboren worden war, noch eindringlicher als vom „Tag von Potsdam“.

Mehr Bilder vom Großvater bei der Polizei…

Die Sonne legt frei, was der Schnee verdeckte

Auch wenn die Wettervorhersager behaupten, dass es in den nächsten Tagen wieder und wieder schneien wird, hat die Sonne am Wochenende erst einmal freigelegt, was im Herbst so alles liegen blieb. Die Sonne ist da unerbittlich. Und auch wenn das jetzt wieder unter neuem Schnee verschwinden sollte, bleibt doch ein leichtes schlechtes Gewissen. Aber diese Bilder hätten nicht entstehen können, wenn die Gartenarbeit im Herbst gründlich hätte erledigt werden können. Vielleicht klappte es ja im kommenden Herbst…

Berlin erinnert mit Litfass-Säulen an die zerstörte Vielfalt

Die zwei Reihen der Litfass-Säulen vor dem Berliner Lustgarten am Dom sind ein Blickfang. Die Passanten bleiben stehen und schauen, etliche beginnen sogar zu lesen. Sie finden Namen und Fotos – alls schwarz-weiß. Auf jeder Säule sind vier kurze Porträts von Künstlern, Schriftstellern, Schauspielern und anderen Prominenten, die von den Nazis ins Exil vertreiben wurden – oder in den Tod. Sie stehen alle für die kulturelle Blüte Berlins, die nach 1933 verwelkte. Und nie wieder so vielfältig uns farbenfroh wurde. „Zerstörte Vielfalt“ eben.

Köpfe vom Kapellenkreuzweg Kloster Altstadt

Das Hammelburger Franziskaner-Kloster Altstadt hat 1733 den Kapellenkreuzweg mit seinen 14 Stationen errichten lassen. Der Hammelburger Bildhauer Johann Jakob Faulstieg (1697–1768) entwarf die Kapellen und war mit seinem Helfer, dem Franziskanerbruder Wenzeslaus Marx (1708–1773) aus Leitmeritz, auch für die Gestaltung verantwortlich (mehr dazu im ausführlichen Wikipedia-Text…).

Wer den schönen Weg vom Kloster zum Schloss Saaleck hinaufgeht, schaut sich meist nicht die Details der Stationen an. Aber es lohnt sich. Allein die vielen unterschiedlichen Gesichter sind schon sehenswert – und sie zeigen, dass Johann Jakob Faulstieg mit dem Meißel umzugehen wusste. Viele der dargestellten Gesichter haben satirische Züge – das wird vor allem im Kontrast zu Jesus und Maria deutlich.

Hammelburg Einst und Jetzt:
(1) – Stadtpfarrkirche
(2) – Rotes Schloss vom Weiher aus
(3) – Am Kellereischloss
(4) – Hüterturm
(5) – Ruine Aura
(6) – Baderturm
(7) – Blick auf Kloster Altstadt und Schloss Saaleck
(8) – Kreuzigungsgruppe des Altstädter Kreuzwegs

Und: Heimat (4): Bilder aus Hammelburg

Süßes Wien

Apfelstrudel, Palatschinke, Torte, Kuchen, Konfekt – überall. In Wien kann man den Leckereien der Bäckereien, Konditoreien und Cafés nicht entgehen. Es sei denn, man weiß nicht zu genießen. In Schaufenstern, Spezialläden und den allgegenwärtigen Caféhäusern drängt sich all das, was sich mit Zucker Feines anstellen lässt, ins Auge. Und dann natürlich in den Mund, wo sich die Aromen dank des süßen Geschmackträgers herrlich verteilen, wo sich die Cremes und Strudel, die Kuchen und Torten zart auf der Zunge auflösen und gegen den Gaumen gedrückt Momente des Wohlgefühls auslösen. So ist das in Wien. Süß. Und gut. Und immer wieder beglückend.

Von der Würde des Arbeitens in der Wiener Hofburg

Staatsempfang04

Da geht man ganz unbedarft in die Wiener Hofburg, um Altes zu besichtigen, und dann ist man unversehens Zaungast eines Staatsempfangs. Keine bunten k. u. k. Uniformen marschieren in Reih und Glied durch die Hofburg. Schnödes Feldgrau versucht den gleichen Pomp, den gleichen Ernst, die gleiche Würde auszustrahlen, wie es das alte Zeremoniell erfordert. Denn das ist so alt wie Teile der Mauern, in denen der slowenischen Präsident Borut Pahor heute begrüßt wird.

Staatsempfang des slowenischen Präsidenten in Wien am 6. Februar 2013
Staatsempfang des slowenischen Präsidenten in Wien am 6. Februar 2013

In anderen Hauptstädten gehört das Aufmarschieren von Ehrenkompanien zum folkloristischen Tourismusspektakel. Vor allem Monarchien spielen gern mit bunten Soldaten, die auf- und abmarschieren. Und das vor großer, alter Kulisse. Die österreichische Ehrenkompanie hat noch einige Insignien, die an die große Zeit erinnern, zum Beispiel Offiziere, die blanke Säbel ziehen und präsentieren. Beim Publikum, fast ausschließlich Touristen, kommt gut an. So ein Säbel ist ja auch viel würdevoller, als leere Hände beim Grüßen am Stahlhelm.

Staatsempfang03

Überhaupt ist es die Würde, die hier zelebriert wird. Auch wenn sie immer wieder schön gebrochen wird. Etwa wenn sich Österreichs Präsident Heinz Fischer und seine Frau Margit auf den Weg zur Begrüßung des Gastes machen. Sie beide strahlen so viel herzliche Bürgerlichkeit aus, dass das Feldgrau doch wieder den richtigen Hintergrund abgibt. Als Sloweniens Staatspräsident Borut Pahor dann kommt, als die Hymne gespielt wird, als nach dem Herzen und Drücken die Ehrenkompanie abgeschritten wird, ist das alles dann doch noch ein würdevolles Spektakel.

Staatsempfang02

Wenn da diese Frau nicht wäre. Mit ihrem Wägelchen, das sie ungerührt von Bläsern, Blech und Bundespräsidenten, über die Pflastersteine rattert, macht sie einen geradezu ungehörigen Krach. Weder die absperrenden Polizisten noch die neugierigen Touristen können sich das Grinsen verkneifen. So wird sie eingerissen, die würdevolle Fassade in der Ehrfurcht erheischenden Wiener Hofburg. Von einer Frau, die arbeitet – und keine Zeit für alte, höfische, Zeremonien hat.

Bilder vom O-Bus im Eberswalde


O-Busse gibt es kaum noch in Deutschland. Nur in drei Städten fahren Busse mit STrom von der Oberleitung. Eine davon ist Eberswalde. Schon seit 1940 wird das Leitungsnetz betrieben. Dass das so bleiben soll, versichern alle Verantwortlichen der Stadt.

Ein gewisser Stolz ist zu spüren, wenn man in Eberswalde auf die Busse zu sprechen kommt. Wahrscheinlich auch deshalb pflegen sie dort die alten Busse. Und bei Veranstaltungen wie dem Neujahrsempfang werden sie dann gezeigt, die exemplarischen Vertreter mehrerer Generationen von O-Bussen. Damit wird auch Werbung gemacht. Denn man kann sich für besondere Momente im Leben einen ganzen, alten O-Bus mieten. Dann bekommt zum Beispiel das Hochzeitspaar Kraft von oben – auch wenn es sich nur im STandesamt das Ja-Wort gegeben hat.