Hans Söllner geht’s so so so ziemlich gut

Hans Söllner: So so so
Hans Söllner: So so so

So so so, der Söllner hat ein neues Album aufgenommen. Weiter geht er auf seinem musikalischen Weg. Wie schon bei seinem letzten rückt der bayerische Raggae noch ein Stück weiter in den Hintergrund. Singersongwriter war der Hans Söllner schon immer. Aber eben mit dieser Musik, die zum Tanzen einlud. Jetzt steht der Text noch stärker im Vordergrund.

Die Süddeutsche Zeitung hat ihn mal auf eine Stufe mit Bob Dylan gestellt. Und genau daran muss man beim Hören ganz oft denken. Nicht nur die Texte erzählen Geschichten wie die Dylans. Auch die Musik ähnelt oft dem schrammligen Dylan-Sound –  von Söllners Stimme ganz zu schweigen.

„Sososo“ verzichtet nicht auf den rebellischen Söllner. Aber die Liebe, der Gedanke an die Ex, die Sehnsucht nach den Kindern und der Wunsch nach tiefer Freundschaft bestimmt vor allem die erste Hälfte des Albums. Söllner findet dafür wahrhaftige, schöne und schauerliche Sätze.

Trikont präsentiert die Großväter des HipHop

Early Rappers von Trikont
Early Rappers von Trikont

Seit Jahren diskutiert die Szene, ob Hiphop sich noch erneuern kann. Oder ob das Rappen in einer Pose ohne soziale Relevanz erstarrt ist. Trikont, das kleine Münchner Label, belebt diese Diskussion nun mit einer CD wunderbarer Musik. Wieder einmal hat sich das Label auf die Suche nach den Wurzeln spezieller Musik gemacht.

„Early Rappers – hipper than hop – the ancestors of rap“ heißt die Scheibe, die in 21 Varianten Sprechgesang erklingen lässt. Jonathan Fischer ist in Archive abgetaucht, um hörbar zu machen, auf welche Vorbilder sich die Subkultur der schwarzen Ghettos Amerikas bezog. Wer das hört, begreift auch, dass HipHop immer die Chance hat sich zu erneuern. Das hängt aber davon ab, auf was sich die Rapper in ihren Texten beziehen können. Die Platte ist wie immer gut mit einem informativen Booklet ausgestattet. Schön, dass Trikont immer wieder solche Sammlungen präsentiert.

Early Rappers, Trikont

Der Tod: Trikont zelebriert das Ende auf bayerisch

Stimmen Bayerns: Der Tod
Stimmen Bayerns: Der Tod

Nach der Liebe kommt irgendwann der Tod. Trikont bringt ihn zur Sprache. Nach „Stimmen Bayerns – Die Liebe“ gibt es jetzt „Stimmen Bayerns – Der Tod“. Und wieder gelingt es den fleißigen Münchner Sammlern von Texten und Musik ein wunderbares Kompendium zusammenzustellen. „Der Tod“ ist ein Begleiter des Lebens.

Auf Bayerisch ist das immer klar. Und auch gar nicht so furchtbar. Wenn Georg Ringsgwandl „Nix mitnehma“ singt, dann klingt das gar nicht traurig. Im Gegenteil, der musikalisch-kabarettistische Oberarzt-Punk macht klar, dass der Tod keine Bedrohung ist. Es sei denn, man hat nicht gelebt. Diese Dialektik, diese im Kern sehr katholische Sicht aud Leben und Tod, zieht sich durch die 28 Texte und Musikstücke im bayrischen Dialekt. Franz Xaver Kroetz spricht vom „Kirchberg“, Gerhard Polt von „Fleischliang“ oder der leider schon tote Carl Amery von „Vorgezogener Lagerräumung“. Und das eigentlich immer ohne Trauer. Hans Söllner singt von „Mei guada Freind“, Hasemanns Töchter von „Israsplittern“ und Coconami vom „Heuschreck“.

Trikont hat auch bei der Musik auf die spannenden bayrischen Töne gesetzt. Deshalb fehlen auch LaBrassBanda nicht. Diese Unterschiedlichkeit ist schon faszinierend genug. Noch spannender wird die CD aber tatsächlich dadurch, dass es das Label wieder einmal schafft, in Tönen eine Bestandsaufnahme eines Volks, einer Schicht oder eine sozialen Gruppe zu formen, die das Wesentliche auf den Punkt bringt. Wer das gehört hat, weiß wie Bayern über den Tod denken, weiß was Bayern fühlt, wenn vom Tod die Rede ist. Trikont bleibt sich treu. Und kann zu recht von sich sagen. „Unsere Stimme“. Das ist der Claim des kleinen Labels. Diese Stimme, unsere Stimme, überrascht mich immer wieder.

Die Liebe: Trikont bannt die Stimmen Bayerns auf CD

Die Stimmen Bayerns: Die Liebe
Die Stimmen Bayerns: Die Liebe

Schöner lässt sich „Die Liebe“ in Bayern gar nicht illustrieren. Der etwas rundere Wirtshausstuhl links und der etwas größere rechts drücken ein Stück bayerisches Wesen aus. Zusammen sind sie ein Paar, nicht allzu romantisch, aber eindeutig als solches erkennbar.

Diese liebevolle Nüchternheit prägt auch etliche Texte, die vom Münchner Label Trikont auf der CD „Die Liebe“ zusammengestellt wurden. Schon der Einstieg mit Helmut Fischers Lied „Spatzl, schau wie I schau“ als Monaco Franze, seiner TV-Paraderolle, erzeugt ein erstes Erahnen von dieser bayerischen Liebe, die so gar nichts mit Schmalz und Gefühlsdueseligkeit zu tun hat.

Wenn Josef Bierbichler dann Wolf Wondratscheck rezitiert, wenn Martina Gedeck der praktischen Anne Pollinger von Ödon von Horvath ihre Stimme gibt oder wenn Gustl Bayrhammer Ludwig Thoma liest, dann schwingt bei aller Emotion auch immer dieser lakonische Unterton mit, der tatsächlich typisch bayrisch ist. Noch stärker schwingt er bei den Liedern auf dem Liebes-Sampler mit. Egal ob es sich dabei um so unterschiedliche Musik von Georg Ringsgwandl, LaBrassBanda, Willy Michl oder den Isarspatzn aus den 50er-Jahren handelt, bei ihnen allen ist der Grundton leicht melancholisch und sehr realistisch. Und dennoch voller Liebe und tiefem Gefühl.

Rotfront kennt keine Grenzen

Am Freitag erscheint die zweite CD des „Emigrantski Raggamuffin Kollektivs“ wie sich die Band auch noch nennt. Enge und Bevormundung sind genau die Assoziationen, die überhaupt nicht zu Rotfront passen. Denn die Band, die
Yuriy Gurzhy zusammen mit Simon Wahorn 2002 um sich geschart hat, sucht die Weite und den neuen Horizont, den sich Emigranten in jeder neuen Gesellschaft erschließen müssen. Außer den sowjetischen Wurzeln des Ukrainers Gurzhy erinnern allenfalls einige russische Songs an die Vergangenheit.

Thema des Albums und aller Live-Auftritte der fulminanten Musiker ist die Gegenwart. In den Songs beschreiben sie die internationale Welt, in der sie leben. Dass sich die Band in Berlin sammelte, ist deshalb auch kein Zufall. Dort gibt es diese Kultur, die sich aus ganz vielen Quellen speist und daraus etwas ganz Neues formt. Gurzhy ist der Internationalität schon lange auf der Spur. Für Trikont hat er den Sampler „Shtetl Superstars“ über aktuelle jüdische Musik quer über den Erdball zusammengestellt. Dabei suchte er das Verbindende in der Tradition.

Auf der neuen CD gibt es solche Elemente nur als persönliche Erinenrungen derer, die in Deutsch, Englisch, Russisch oder Ungarisch singen. Die Einheit wird durch das gemeinsame Musizieren so geformt, dass jeder Auftritt von Rotfront zwangsläufig zur Party wird. Schon nach den ersten Takten wippt jeder Saal. Auch deshalb ist Rotfront beim „Sziget-Festval“, einem der größten Europas, Headliner.

Musikalisch erinnert Rotfront an Seed oder Culcha Candela. Wo dort Karibik mitklingt, ist es hier Osteuropa. Ska, Raggae und HipHop werden mit Polka und Klezmer kombiniert. Heraus kommt Berliner Musik, die weltoffen, tolerant und befreiend feiert.

Rotfront: VisaFree (essay Recordings)

MOZ-Rezension…

Afritanga sprengt Weltmusik-Klischees

Afritanga
Afritanga

Wenn es das Münchner Label Trikont nicht gäbe, müsste es erfunden werden. Vor allem die immer wieder überraschenden Sampler aus fremden Kulturkreisen sind ein echter Verdienst.

Jetzt lässt sich der aktuelle Sound Kolumbiens entdecken. „Afritanga – The Sound of Afrocolumbia“ heißt die Platte, die sämtliche Klischees über südamerikanische Musik sprengt. Zwar gibt es Salsa auf der CD, doch der klingt hier aggressiv und fordernd.

Steen Thorsson, der die 15 Stücke zusammengestellt hat, konzentrierte sich auf die Gegenwart. Und lässt damit die Musik etwa vom „Karneval der Kulturen“ alt aussehen.

Afritanga „The Sound of Afrocolumbia“ (Trikont)

In memoriam Django Reinhardt

Django Reinhardt ist nur 43 Jahre alt geworden. Doch das genügte, um seinen Ruhm und sein Gitarrenspiel unsterblich zu machen. Susie Reinhardt, eine entfernte Verwandte der Jazz-Legende, hat für das Label Trikont eine Hommage zusammengestellt.

Ob Dotschy Reinhardt oder Coco Schumann, ob das Titi Winterstein Quintett oder Tiki Daddy, alle interpretieren Stücke von Django Reinhardt und machen die musikalische Vielfalt seiner Songs erlebbar.

Django’s Spirit – A Tribute to Django Reinhardt (Trikont)

Trikont feiert alternative X-Mas – Wish you too

Wish you too - best Christmas ever
Wish you too – best Christmas ever

Wenn die Ramones Merry Christmas anstimmen, dann ist das nicht besinnlich. Weder musikalisch noch textlich. Denn sie singen einfach davon, dass sie an diesem Abend mal nicht prügeln wollen. Da klingt etwas Besinnung durch, aber Besinnlichkeit ist doch etwas
anderes.

Zu hören ist das Stück der Ramones auf dem Sampler Wish you too – best of Christmas ever. 20 Songs feiern Weihnachten auf eine andere Art. Da ist nichts von die Ohren verklebender Kitsch, kein Gebimmel und Geläute, kein Gesäusel und Gedusel. Nein, auf dieser CD sind nur Weihnachtslieder, die garantiert nie als Hintergrundmusik beim X-Mas-Shopping zum Geldausgeben animiert.

Im Gegenteil: Hier ist versammelt, was das gängige Weihnachtsklischee angreift. Und selbst bei den Liedern, die Weihnachtsstimmung in sich tragen, überwiegt ein anderer Zugang zum Fest. Zwar wird da von Sehnsucht und Liebe gesungen. Aber dann doch bitte musikalisch überraschend. Viele der Aufnahmen sind 40, 50 oder 60 Jahre alt. Damals waren sie schillernd neu. Und gar nicht langweilig. So manche Cover-Version dieser Originale tönt inzwischen aber kitschig.

Trikont feiert Weihnachtslieder mal ganz anders

Weihnachtsgedudel allerorten. Aus jeder Box im Kaufhaus, aus jedem Radio, selbst in den Fußgängerzonen trällern perwollweichgespülte Weihnachtsweisen aus den Lautsprechern. Wem das zu viel ist – und wem sollte das nicht zu viel sein? – für den hat das kleine, feine Label Trikont eine passende Ausgabe von Weihnachtsliedern.

Wish you heißt das Album, auf dem 19 Songs rund um das Thema Weihnachten, Geschenke und Gefühl versammelt sind. Da erklingen Country-, Mambo- und Jazzklänge.
Da ist wunderbarer Schlager aus den 40er-Jahren dabei. Und selbst „Last Christmas“ von George Michael (44) erklingt hier – aber in einer Country-Version von „The Twang“. Der einfache Kunstkniff, dem Song einen anderen Sound zu geben, sorgt dafür, dass selbst diese schlimmste aller Christmas-Schnulzen schön wird – und eine Erholung für die Ohren.
Renate Heilmeier hat die Sammlung zusammengestellt.

Wer will, kann auf die Texte hören und über Weihnachten sinnieren. Wem die säuselnden Engelschöre vergangen sind, der kann diese CD auch nach Weihnachten noch wunderbar
hören. Denn ohne die Texte funktioniert die Musik einfach als gute Musik. Ganz ohne Schmalz und Glockenklingeln.