Siehdichum: Uwe Rada entdeckt eine Landschaft in Brandenburg

Uwe Rada: Siehdichum
Uwe Rada: Siehdichum

Im Landkreis Oder-Spree gibt es eine Gemeinde mit dem schönen Namen Siehdichum. Für den Journalisten Uwe Rada ist dieser Name Programm. Er hat das Sieh-Dich-Um ernst genommen. Seine Blicke auf die Region zwischen Oder und Spree, zwischen Lieberose im Süden und Frankfurt im Norden hat er in einem neuen Buch zusammengefasst.

Uwe Rada hat es nach 35 Jahren in Berlin ins Grüne gezogen. Zusammen mit seiner Frau hat er auf der Banhstrecke von Frankfurt (Oder) nach Cottbus den 350-Seelenort Grunow entdeckt. Der gehört zum Amt Schlaubetal und bildet für Rada den Ausgangspunkt für Entdeckungsreisen in die Natur und die Geschichte einer brandenburgischen Landschaft, die nach wie vor am Rand liegt. Hier gibt es zwar sanften Tourismus mit Wanderern und Radfahrerinnen. Aber Massentourismus oder Sonntagsausflügler aus Berlin sind hier eher selten.

Rainer Suckow feiert 100 Jahre Rundfunk mit 50 Geschichten

Rainer Suckow: Eine Prise Funkgeschichte

Er ist erst 100 Jahre alt und wird dennoch seit Jahren für tot erklärt. Aber der Rundfunk sendet immer weiter. Weder Spotify noch iTunes konnte das Radio bisher ersetzen. Für Katastrophenschützer ist er unersetzbar. Denn für ein UKW-Radio benötigt man nur Batterien. Fürs Handy ist aber Strom notwendig – spätestens wenn aufgeladen werden muss. Das Radio hat seine Fans. Und was für eine tolle Geschichte es hat, erzählt Rainer Suckow in seinem kleinen Band „Eine Prise Funkgeschichte“, der zum 100. Geburtstag des Hörfunks erschienen ist.

Marta Kijowska beantwortet die Frage: Was ist mit den Polen los?

Die Frage haben sich in den vergangenen drei Jahren viele Freunde Polens gestellt: „Was ist mit den Polen los?“ Marta Kijowska stellt sie sich auch und versucht sie für sich und uns zu beantworten. Gut 100 Jahre nach der staatlichen Neugründung 1918 macht sich die Autorin, Übersetzerin und Journalistin auf einen aufschlussreichen Weg durch die jüngere Geistes- und Kulturgeschichte des wichtigsten östlichen Nachbarn Deutschlands. Dabei spielt die PiS, die aktuell regierende nationalkonservative bis nationalistische Partei zwar ein wichtige, aber nicht dominierende Rolle in Kijowskas „Porträt einer widersprüchlichen Nation“ – so der Untertitel.

Christhard Läpple schreibt ein Dorf-Porträt des Nachwende-Ostens

Christhard Läpple: So viel Anfang war nieChristhard Läpple hat sich in ein Dorf in Brandenburg verliebt. In seinem Buch nennt er es Herzdorf, doch tatsächlich handelt es sich um Netzeband im Landkreis Ostprignitz-Ruppin. Hier hat sich der ZDF-Journalist vor 20 Jahren ein Haus gekauft. Und hier hat Läpple in einem Mikrokosmos erlebt, wie radikal der Bruch zwischen DDR und vereinigter Bundesrepublik war. Sein Buch handelt genau davon. Vom Aufbruch, von Widerständen, vom Scheitern und dem Wandel.

Georg-Michael Schulz schreibt die erste Biografie über Walter Mehring

Georg-Michael Schulz: Walter Mehring
Georg-Michael Schulz: Walter Mehring

Georg-Michael Schulz hat eine viel zu lang klaffende  Lücke geschlossen: Vor wenigen Tagen ist die erste Biografie Walter Mehrings (1896 – 1981) erschienen; mit dem schlichten Titel „Walter Mehring“. 22 Jahre nach dem Tod des Dichters, Kabarettisten, Journalisten – oder wie er selbst ganz einfach sagte „Schriftstellers“ wird damit ein wichtiger Beitrag zur Erschließung des Werkes und des Lebens des Berliners und Exilanten geschaffen.

Das allein wäre schon verdienstvoll. Dank der präzisen und knappen Form, in der Schulz Leben und Werk zusammenfasst, ermöglicht er aber vor allem all jenen, die Mehring neu für sich entdecken einen perfekten Einstieg. Denn er hat all das weit verstreute Material, das es über Mehring in Nachworten, Rezensionen, Interviews, Briefen, Erinnerungen und vielen anderen Arten gibt, erstmals richtig gebündelt. Dabei schafft er es, sich nicht zu verzetteln, sondern einem stringenten Erzählweg zu folgen.

Der besteht vor allem aus der Analyse aller Werke Mehrings in chronologischer Reihenfolge. Dabei betrachtet er auch die Bücher und Texte, die bislang etwas stiefmütterlich behandelt wurden. Das gilt vor allem für die Prosa Mehrings, da die Dramen in den vergangenen Jahren – auch von Georg-Michael Schulz – verstärkt interpretiert wurden. Von der Lyrik ganz zu schweigen, die schon immer am stärksten rezensiert und wissenschaftlich analysiert worden war.

Neben der Fülle an Verweisen und Informationen besticht vor allem die offensichtliche Sympathie Schulz‘ für Mehring. Dessen ausgefeilte Sprachakrobatik, dessen nahezu unerschöpfliche Fülle an formaler Varianz und dessen unglaubliche Bildung nötigen Schulz nicht nur Respekt ab – bei begeistern ihn offenbar. Für die Biografie ist das gut, denn der Leser wird so trotz der vielen Fakten immer wieder mitgerissen, um das ganze Buch zu lesen und nicht nur die Passage, für die er sich gerade interessiert. Dabei wird Schulz aber nicht zu einem bedingungslosen Mehring-Jünger. Er wahrt die nötige Distanz, um das Werk und das Leben Mehrings fundiert einordnen zu können. Dazu gehört auch, dass er Mehring in seiner Zeit und und in seiner Zerrissenheit, vor allem im Alter gerecht wird. Ein 70 Jahre alter Mann könne nicht mehr wir ein 30-Jähriger schreiben, meint Schulz einmal – und nimmt Mehring damit ikn jedem Lebensalter sehr ernst.

Das einzige, was dem Buch fehlt, ist eine Einordnung des Ehemanns Walter Mehring. Über die Ehe mit Marie-Paule, geborene Tessier, schreibt Schulz wenig. Dabei wird nicht klar, ob es über diese ziemlich unbekannte Phase wirklich keine Quellen gibt, oder ob es dazu im Nachlass von Marie-Paule Mehring, doch noch einiges zu finden wäre. Aber dies ist wirklich nur ein Nebenaspekt, der den Verdienst der ersten Mehring-Biografie keinesfalls schmälern soll.

P.S. Im Vorwort nimmt Georg-Michael Schulz auch Bezug auf den Blog walter-mehring.info. Da er von mir ist, hat mich das natürlich sehr gefreut.

Georg-Michael Schulz: Walter Mehring; Werhan Verlag: 19,80 Euro.

Christian Rickens schreibt gegen neokonservative Plappermäuler

Dieses Buch ist ein Segen. ChristianRickens argumentiert geistvoll gegen die Armada der neokonservativen Plappermäuler dieser Republik an. Ob Eva Herrmann (48, Das Eva-Prinzip), Matthias Matussek (56, Wir Deutschen) oder Björn Lomborg (42, Apocalypse No), sie alle werden inhaltlich sachlich, aber im Ton auch etwas böse widerlegt.

Rickens schafft es, der schwülstigen Sehnsucht nach Gebärfreudigkeit im Namen der Nation, Patriotismus ohne historische Verwurzelung und Freude am deutschen, aber reaktionären Papst Klarheit und Aufklärung entgegenzusetzen. Rickens Buch ist ein Muss für alle, die sich als mündige Bürger verstehen.

Christian Rickens: DIE NEUEN SPIESSER – VON DER FATALEN SEHNSUCHT NACH EINER ÜBERHOLTEN GESELLSCHAFT. ULLSTEIN. 14 EURO

Vollborn und Georgescu warnen Eltern vor Marken

Mirita Vollborn und Vlad Georgescu: Konsumkids
Mirita Vollborn und Vlad Georgescu: Konsumkids

Über 1611 Euro verfügen deutsche Kinder zwischen acht und 14 Jahren jährlich. Und an dieses Geld will natürlich die industrie. Marita Vollorn und Vlad Georgescu haben eine Streítschrift gegen die Kommerzialisierung der Kindheit geschrieben. Konsumkids untersucht die Strategien der Marketingspezialisten, mit denen sie schon im Kindergartenalter beginnen, Marken in die Köpfe der Kinder zu brennen. Das beginnt mit dem Fernsehprogramm für die Kleinen und endet mit dem vermeintlichen Zwang zu Markenklamotten in Schule und Freundeskreis. Für Eltern ist dieses Buch lesenswert,
auch wenn es manches zu schwarz malt. Einige Erziehungtipps runden Konsumkids ab.

Marita Vollborn/Vlad Georgescu: Konsumkids – Wie Marken unseren Kindern dne Kopf verdrehen. S. Fischer: 13, 90 Euro

Dava Sobel bringt uns die Planeten nah

Dava Sobel: Die Planeten
Dava Sobel: Die Planeten

Dava Sobel (69) ist eine erstaunliche Autorin. Sie schafft es, aus trockenen, naturwissenschaftlichen Themen im wahrsten Sinne des Wortes allgemein bildende Bücher zu schreiben. Und das in einer Art, die verhindert, dass die Bücher nicht zu Ende gelesen werden. Die Planeten nähert sich den Verwandten der Erde nicht nur auf der Ebene der Beschreibung ihres Zustandes, ihrer Zusammensetzung und anderer chemischer und
physikalischer Befunde. Sobel erzählt auch, was die Planeten für die Menschen in der Vergangenheit bedeuteten, wie sie entdeckt wurden und was das für unser Weltbild bedeutet. Wie schon Längengrad und „Galileos Tochter“ ist das aktuelle Buch „Die Planeten“ einfach jedem zu empfehlen.

Dava Sobel: Die Planeten. Berlin Verlag, 29,96 Euro

Frank Schätzing liest ein Unbekanntes Universum

Frank Schätzing: Nachrichten aus einem unbekannten Universum
Frank Schätzing: Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Frank Schätzing hat aus seinen umfassenden Recherchen für seinen Bestseller „Der Schwarm“ ein zweites Buch gemacht: Nachrichten aus einem unbekannten Universum. Auch das ist ein Bestseller. Für all jene, denen mehr als 500 Seiten Erdgeschichte und Evolution zu viel sind, hat der Hörverlag daraus zwei CDs gemacht.

Der Autor liest ausgewählte Kapitel selbst vor. Das macht er sehr gut. Doch werden beim Hören auch einige Schwächen offenbar. Wenn sich Schätzing in einen Hai hineinversetzt, ist das zwar anschaulich, aber es wirkt doch seltsam. Beim Lesen funktioniert das besser. Das stark gekürzte Hörbuch-Feature muss im Vergleich zum Buch außerdem auf zu viel
Inhalt verzichten.

Frank Schätzing: Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Paul Berman analysiert die Generation Joschka Fischer

Joschka Fischer (57) ist der Inbegriff eines 68ers, der den Marsch durch die Institutionen vollendete. Paul Berman, ein amerikanischer Intellektueller, hat die Karriere Fischers vom Straßenkämpfer bis zum Außenminister analysiert.

Sein Blick von außen lässt die Debatte über Fischers Vergangenheit kleinkariert erscheinen. Zu Recht. Denn Bermann zeigt in seinem Buch auf, wie sich eine Generation
nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa aufmachte, um das Leben freier, friedlicher und fröhlicher zu machen. Und welchen Erfolg die Generation gesellschaftlich
hatte. Problematisch bleibt aber sein Vorwurf, dass Fischer und Co. den Irakkrieg
ablehnten.

Paul Berman: IDEALISTEN AN DER MACHT – DIE PASSION DES JOSCHKA
FISCHER. SIEDLER. 19,95 EURO