Er ist erst 100 Jahre alt und wird dennoch seit Jahren für tot erklärt. Aber der Rundfunk sendet immer weiter. Weder Spotify noch iTunes konnte das Radio bisher ersetzen. Für Katastrophenschützer ist er unersetzbar. Denn für ein UKW-Radio benötigt man nur Batterien. Fürs Handy ist aber Strom notwendig – spätestens wenn aufgeladen werden muss. Das Radio hat seine Fans. Und was für eine tolle Geschichte es hat, erzählt Rainer Suckow in seinem kleinen Band „Eine Prise Funkgeschichte“, der zum 100. Geburtstag des Hörfunks erschienen ist.
Der 22. Dezember 1920 ist der Tag, an dem einige Postangestellte am Sender Königs Wusterhausen die Richtlinien beschriebenes Papier sein ließen und ein kleines Weihnachtskonzert in die Welt ausstrahlten. Es gelang ihnen, live gespielte Musik live zu senden. Und sie schafften es, Grammophonplatten abzuspielen und den Klang zu senden. Und das alles ohne Mikrophone, die es damals noch gar nicht gab. Das gilt auch für die Moderation. Sie wurde ebenfalls ohne Mikrophon gesendet. Dazu hatten die findigen Techniker der Reichspost Sprechmuscheln von Telefonen umgebaut. Und so sendeten sie eine Weihnachtssendung in die Welt.
Gehört haben diese nur wenige Menschen. Radios gab es ja noch nicht. Nur die Funker an den Funkanlagen in ganz Europa hörten statt Morsezeichen auf einmal Weihnachtsmusik auf der Langwelle. Rainer Suckow erzählt dies als eine seiner 50 kurzen Rundfunk-Geschichten. Und das auch erst ziemlich am Ende des Buchs. Offensichtlich ist er kein Freund der Chronologie und will den Höhepunkt der Erinnerung seinen Lesern nicht gleich am Anfang bieten.
Suckow ist der Kopf des Funkerberg-Verein in Königs Wusterhausen, der sich um den Erhalt der Anlage und die Forschung zum Rundfunk kümmert. Natürlich ist er stolz darauf, dass im Südosten Berlins die Hörfunkgeschichte begann. Aber vor den Toren Berlins lohnt sich eben auch der Blick hierhin. Deshalb erzählt Suckow auch vom Bau des Hauses des Rundfunks, vom RIAS und seine Wirkung auf den Osten und vom Fernsehturm. Aber auch internationale Entwicklungen wie den Aufbau der BBC oder der Piratensender, die vor den Küsten ein Programm ohne Aufsicht ausstrahlten, sind ihm Geschichten wert.
„Eine Prise Funkgeschichten“ ist ein Band voller Überraschungen, die in viele Richtungen weisen. Es ist keine umfassende Rundfunkgeschichte, sondern eher das, was die Landeswellen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk bieten: Kurze, präzise Information, die gut formuliert ist. Aber 50 Beiträge von je knapp zwei Minuten Länge sind eben auch viel Information. Und sie regen dazu an, sich noch intensiver mit dem Siegeszug des Radios um die Welt zu beschäftigen.