Highlights des Videochats vom 13. Juni 2003 mit dem Bundesvorsitzenden der Grünen, Reinhard Bütikofer.
Videochat mit Bildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD)
Highlights des Videochats mit Bildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) am 3. Juni 2003 in Berlin.
Interview mit Klaus Theo Schröder vom Gesundheitsministerium
Interview mit Klaus Theo Schröder, Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, am 3. Mai 2003
Christine Scheel (Grüne) im Interview
Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen in Bundestag.
Ludger Volmer (Grüne) zur Irak-Regierungserklärung Gerhard Schröders
Der außenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Ludger Volmer, zur Regierungserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Irak-Krieg.
Friedbert Pflüger (CDU) zum Irak-Krieg
Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedbert Pflüger, im Intrerview über die Regierungserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zum Irak-Krieg.
Sogar die Kohle stimmt – Ein Fußball-Traum wird wahr: Energie Cottbus steht im Halbfinale des DFB-Pokals
Wenn Graf Arnim an den Stehplätzen vorbeischnauft, dann zieht über das Stadion der Freundschaft in Cottbus wieder ein Hauch von Kohlenfeuer. Für einen Moment wenden sich die Fans auf den oberen Rängen vom Spiel ihrer Mannschaft ab, um der alten Dampflok der Cottbuser Parkeisenbahn nachzublicken. Der leicht beißende Geruch, einst so typisch für die Lausitzer Luft, verflüchtigt sich schnell wieder.
In der Vergangenheit lebten die Stadt und die Region von der Braunkohle
Doch der größte Teil der Kumpel in den riesigen Tagebauen und der Arbeiter in den Kraftwerken hat seine Arbeit verloren. Unter den treuen Anhängern von Energie Cottbus sind viele ehemalige Bergarbeiter. Der Klub des DDR-Energiekombinats Cottbus ist für sie eine Konstante, die Wende und Zusammenbruch der ostdeutschen Energiewirtschaft überstanden hat.
Trotz mancher Rückschläge geht es mit dem Klub aufwärts. Von den Jahren, als die Mannschaft meist um den Aufstieg in die DDR-Oberliga oder um den Klassenerhalt kämpfte, spricht kaum noch jemand.
Am 15. April empfängt der Spitzenreiter der Regionalliga Nordost den Karlsruher SC zum Halbfinale des DFB-Pokals. Aller guten Dinge sind drei, hoffen nicht nur die eingefleischten Energie-Fans: Nach dem MSV Duisburg und dem FC St. Pauli soll der KSC als dritter westdeutscher Bundesligist das Stadion der Freundschaft als Verlierer verlassen. Dem Finale im Berliner Olympiastadion stünde dann nichts mehr im Wege.
„Ich will zum Endspiel nach Berlin fahren“, wünscht sich auch Waldemar Kleinschmidt, der Cottbuser Oberbürgermeister. Um das Finale im 120 Kilometer entfernten Berlin zu einem Heimspiel zu machen, denkt er bereits über Sonderzüge nach: „Ich glaube schon, daß da 6000 oder 10 000 Cottbuser nach Berlin fahren würden.“
Die alte Dampflok Graf Arnim jedenfalls schafft diese Distanz nicht mehr. Sie verbindet das Stadion der Freundschaft mit dem Bundesgartenschau-Gelände und dem Branitzer Park des Fürsten Pückler.
Der letzte große deutsche Landschaftspark mit seinen beiden künstlichen Pyramiden ist nach wie vor der größte Besuchermagnet. Die Bundesgartenschau lockte weit über zwei Millionen Besucher an die Spree. Doch am meisten für die Bekanntheit der Stadt hat in jüngster Zeit Energie Cottbus mit seiner Serie von fünfzig Pflichtspielen ohne Niederlage getan.
Am Dienstag werden über 20 000 Zuschauer im Stadion der Freundschaft dem Team des letzten DDR-Nationaltrainers Eduard Geyer die Daumen drücken. Da das Spiel live im Fernsehen übertragen wird, werden die Straßen im Süden Brandenburgs leer gefegt sein. Das Angebot der Hauptstadt, bereits das Halbfinale ins wesentlich größere Olympiastadion zu verlegen, lehnten Geyer und das Präsidium einhellig ab: Das sei den Fans nicht zuzumuten. Obwohl Energie auf diese Weise bis zu dreimal so viele Eintrittskarten an die Fußballfreunde Berlins und Brandenburgs hätte verkaufen können. Die Cottbuser verschmähten die Einnahmen.
Was mit den Fernsehübertragungsrechten für die Pokalspiele gegen die Bundesligisten in die Kassen schwemmte, war bereits mehr als der berühmte warme Regen. Finanzielle Sorgen hat der Klub nicht mehr. Es war sogar eine knappe Million Mark übrig, und so konnte, mit Hilfe der Sponsoren und der Stadt, Mitte März endlich die lange ersehnte Flutlichtanlage installiert werden. Wirtschaftlich sind die Lausitzer fit für den Aufstieg in die zweite Bundesliga.
So fit, daß sogar Bundesligaspieler wie Jens Melzig (ehemals Leverkusen) und Thomas Hoßmang (ehemals Dresden) Cottbuser Offerten annahmen, in die Lausitz zurückzukehren. In dieser Situation könne man die Fans nicht nach Berlin jagen, nur um noch mehr Geld zu verdienen, heißt es in der Vereinsspitze.
Trainer Geyer bremst die Erwartungen, soweit es ihm möglich ist.
Für ihn ist der Pokal eine schöne Möglichkeit, um zu zeigen, daß nicht überall im Osten der Fußball in der Krise steckt. Vor allem aber will er den Aufstieg in die zweite Bundesliga schaffen: „Wenn ich die Wahl zwischen Pokal und zweiter Liga hätte, würde ich mich ganz klar für letzteres entscheiden.“ Zwölf Punkte trennen die Verfolger Erzgebirge Aue und Rotweiß Erfurt von den Lausitzern.
Und dennoch treibt Geyer der geplante Aufstieg um. Denn anders als der Meister der Regionalliga Süd steigen die Sieger aus der Nordost- und Nordliga nicht direkt auf. Selbst wenn Energie Cottbus am Ende mit einem Vorsprung von zwanzig Punkten die Konkurrenz aus dem Osten dominieren sollte, bliebe die Relegation. „Das ist ja dieser Schwindel“, bringt Fleischermeister Hartmut Jende, einer der vielen kleinen Sponsoren des Klubs, den Unmut auf den Punkt, „Nord und Nordost müssen Ausscheidungsspiele machen, und die im Süden steigen einfach so auf.“
In Cottbus hofft man beim Pokalschlager auf den Sieg der heimischen Mannschaft, was sonst: David gegen Goliath. Außerdem ist immer wieder die Rede davon, wie schön es wäre, wenn die Ostdeutschen mit ihren relativ bescheidenen Mitteln den wohlhabenderen Badenern einen Strich durch die Rechnung machen würden. Fleischer Jende kennt die Gefühlslage der Cottbuser aus seinem Laden genau: „Die Mentalität hier ist nicht sonderlich optimistisch. Ein Blick auf die Arbeitslosenzahlen reicht, um das zu erklären. Es gibt nur Reiche und Arme, aber kaum noch einen Mittelstand. Die Stadt hat ich weiß nicht wie viele Millionen Schulden. Aber Hauptsache, mit Energie läuft es. Damit haben wir eine ganz eigene Wucht.“
Und wie es läuft bei Energie: Vom Präsidenten über den Trainer bis zu den Anhängern ist seit einigen Jahren alles in heimischer Hand. An das kurze Zwischenspiel eines westdeutschen Präsidenten und eines ebenfalls aus dem Westen stammenden Trainers erinnert sich niemand so gern. „Ich glaube, die hatten nicht ernsthaft vor, lange in Cottbus zu bleiben“, bemerkt Kleinschmidt. „Ich habe immer gesagt, wer Leistung bringt und für länger hierbleiben will, ist herzlich willkommen.“ Doch Präsident Ulrich Wagner aus Leonberg schaffte es damals fast nie, auch nur die Heimspiele zu sehen.
Eduard Geyer erinnert sich noch gut: „Als ich hierherkam, waren die Stimmen sehr zurückhaltend. Doch jetzt werde ich häufig angesprochen: Na los, das schafft ihr. Ihr steigt in die zweite Bundesliga auf.“
Das Cottbuser Team ist für seine Kampfstärke bekannt. Mit dem Willen, sich durchzubeißen, schafften es Geyers Schützlinge bei den Pokalspielen, bis zum Ende der Verlängerung durchzuhalten.
Im Elfmeterschießen hatten sie dann die besseren Nerven. Das Publikum honoriert diesen Willen. „Ich denke, daß sich viele mit der Leistung der Mannschaft identifizieren“, sagt Geyer. „Wir wissen, daß diese Gegend ein Kohlerevier war. Die Menschen mußten alle schwer arbeiten. Da erwarten sie auch von der Mannschaft, daß sie arbeitet, daß sie kämpft.“
Wenn der Karlsruher SC im Cottbuser Stadion der Freundschaft einmarschiert, wird erstmals die Flutlichtanlage bei einem großen Spiel eingeschaltet, ein kleines Symbol dafür, daß es an der Spree aufwärts geht. Das Fernsehen kann live aus Cottbus senden, und Geyers Spieler werden ihr Bestes geben: „Wenn wir am Schluß durch Elfmeterschießen ins Finale kämen, das wäre sensationell. Da spielt das Ergebnis keine Rolle.“
Dieser Text ist am 11. April 1997 in der ZEIT erschienen
Rot liegt im Trend – Deutsche Trinker entdecken den heimischen Rotwein
HAMMELBURG. – Weiß ist der Franke aus dem Bocksbeutel, herb und für viele Nichtfranken gewöhnungsbedürftig. Eher schwarz ist des Franken Wahlverhalten, konservativ und für viele Außenstehende ungewohnt konstant. Doch in den letzten Jahren mischt sich immer mehr Rot in das mainfränkische Farbenspiel. Aber nicht die SPD, sondern der Rotwein ist im Kommen. Wo in den fünfziger und sechziger Jahren weiße Rebflächen die Hänge des Mains prägten, mischen sich nun immer mehr rote ein.
In der Nachkriegszeit bauten fränkische Winzer lediglich drei bis vier Prozent Rotwein an. Inzwischen hat sich die Menge bereits verdoppelt, und in den kommenden Jahren rechnet der Fränkische Weinbauverband mit einer Verdreifachung auf zwölf Prozent. Das klingt nicht viel, ist für eine Gegend, die lange Zeit für nur zwei bis drei Weißweinsorten bekannt war, jedoch eine erstaunliche Umstellung.
Dieser Wandel vollzieht sich nicht nur in Franken. Auch in den anderen deutschen Weinbaugebieten hat die Rotweinproduktion stark zugenommen. Anfang der sechziger Jahre lag die Anbaufläche in Deutschland noch bei gut 10 000 Hektar, fast ausschließlich an der Ahr, in Baden und Württemberg. Seit Beginn der achtziger Jahre wuchs der Rotweinanteil nach und nach auf das Doppelte. Inzwischen warten die roten Beeren auf knapp 21 000 Hektar – meist in ökologischen Nischen – auf das nötige Sonnenlicht.
Die deutschen Winzer folgen damit einem Trend: Die Verbraucher haben den heimischen Rotwein entdeckt. Zwanzig Prozent aller deutschen Weine, die sie kaufen, sind inzwischen Dornfelder, Spätburgunder oder Trollinger. Noch vor vier Jahren waren es lediglich vierzehn Prozent. Doch der Erfolg des eigenen Rotweins verunsichert manchen Winzer. Der Seniorchef des Hammelburger Winzerbetriebs Eilingsfeld beispielsweise verlangt, daß die Kunden mit jeder Flasche Roten auch einen Silvaner oder Müller-Thurgau kaufen. „Jeder kommt und will den Spätburgunder, aber der Silvaner ist fei auch gut“, fordert der Unterfranke die Kundschaft auf, die traditionellen Weine beim Einkauf ja nicht zu vergessen. In Württemberg, das wie Baden zu den Weinbaugebieten gehört, in denen es schon immer sehr viel Rotwein gab, kann sich Horst Reuschle an diese eigensinnige Vermarktungsstrategie nur noch erinnern. „Das ist vorbei“, meint der Experte der Werbegemeinschaft Württembergischer Weingärtnergenossenschaften. Dennoch sieht auch er einen Rotweinboom. Vor allem klassische Weißweinbetriebe seiner Region hätten ihren Umsatz bis zu zwanzig Prozent gesteigert – fast nur mit ihren neuen Roten. „Das zeigen die Umsatzzahlen des letzten halben Jahres“, erklärt Reuschle. Die Statistik weist aus, daß die Württemberger 1996 vier Prozent mehr Wein verkaufen konnten als noch 1995. Zu verdanken haben sie diesen Wert tatsächlich nur dem Trend zum Roten. Reuschle warnt allerdings: „Trends kommen und gehen.“
Ähnlich sieht Klaus Böhme die Lage. Zwar hat auch er den Anteil des Rotweins auf zwanzig Prozent seines Betriebes gebracht, „doch in dieser Nische sollte er bleiben“. Schließlich sei der Weißwein für Europas nördlichstes Weinbaugebiet, Saale-Unstrut, der traditionelle Wein. „Ich denke, der goldene Mittelweg ist richtig. Bloß weil der Markt jetzt nach Rotwein fragt, sollte man nicht auf Teufel komm raus umsteigen“, meint Böhme, obwohl er mehr Rotwein verkaufen könnte.
Auch im Rheingau und in der Pfalz steigt das Angebot an Roten.
Neben achtzig Prozent Riesling wurden im vergangenen Herbst bereits neun Prozent Spätburgunder im Rheingau gelesen. Winzern aus Rheinland-Pfalz gelang es, mit Rotweinen in die internationale Qualitätsspitze vorzustoßen. Dabei kommt ihnen wie überall in Deutschland ein weiterer Trend zugute. Trotz Rezession sind die Deutschen bereit, mehr für einen guten heimischen Schoppen auszugeben. Sechs Mark und 21 Pfennig zahlten sie 1996 im Durchschnitt für einen Liter deutschen Wein. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Steigerung um elf Prozent. Allerdings tranken die Deutschen etwas weniger heimische Weine: 9,9 Liter pro Kopf im Jahr 1995, 9,4 im vergangenen Jahr.
Dieser Text ist am 14. März 1997 in der ZEIT erschienen.
Gefahr Her Vereinfachung – Der Leiter der Gedenkstätte Sachsenhausen zu Goldhagens Thesen
Selten wurde ein Buch schon vor dem Erscheinen so heftig diskutiert wie Daniel Goldhagens „Hitlers willige Vollstrecker“. Der Harvard-Dozent stellt die These auf, daß beim Holocaust „ganz gewöhnliche Deutsche aufgrund ihres Antisemitismus durchaus Mörder aus Überzeugung“ gewesen seien. Eine überwiegende Mehrheit der Deutschen habe einen tief verwurzelten, seit Jahrhunderten überkommenen „eliminatorischen Antisemitismus “. Zur Auslieferung des Buches sprach die RUNDSCHAU mit dem Leiter der Gedenkstätte Sachsenhausen, Dr. Günter Morsch.
Wie bewerten Sie die Diskussion über Goldhagens Thesen?
Ich muß das Buch zunächst einmal lesen. Ich kenne Aufsätze von Goldhagen und die Diskussion über ihn. Aber so wie ich die Thesen Goldhagens bis jetzt kenne, scheinen sie mir etwas vereinfachend. Wäre es so gewesen, dann ließe sich Geschichte viel einfacher erklären. Das Problem ist doch eher, daß man den Genozid nicht nur aus einem massiv verbreiteten rassistischen Antisemitismus in der Bevölkerung erklären kann.
Was war dann die Ursache?
Der rassistische Nationalsozialismus ist nur ein Punkt von vielen – und meiner Meinung nach, was die Tragfähigkeit innerhalb der Bevölkerung anlangt, nicht einmal der wichtigste. Im Gegenteil: Wenn man die Quellen studiert, kann man nachweisen, daß der rassistische Antisemitismus der Nationalsozialisten zumindest bis 1939 außerhalb der NS-Bewegung kaum Widerhall fand. Er stieß sogar auf Ablehnung. Die war aber nicht so groß, daß man aktiv dagegen vorgegangen ist. Und genau das ist das Problem.
Greift Goldhagen zu kurz?
Die Frage, wie sich ein Genozid in einer modernen Gesellschaft, die sich auf einem hohen kulturellen Niveau befindet, durchsetzt, sehe ich in der Tendenz durch die Goldhagen-These eher verkürzt.
Sehen Sie Parallelen zu Konflikten – etwa auf dem Balkan?
Es gibt bis jetzt keinen mit dem Holocaust vergleichbaren Vorgang. Da sehe ich eine Einmaligkeit. Auf der anderen Seite ist es trivial zu sagen, daß die Lager und eine Politik der Ausrottung eine Begleiterscheinung der Moderne sind, die nicht nur für den Holocaust gilt.
Ausrottung und davor Ausgrenzung?
Ja, aber mit dem Ziel der Vernichtung. Sie sprechen genau das Problem der Vergleichbarkeit an. Das gilt auch für den Erkenntnisgewinn im Hinblick auf die Erziehung: Wie können wir so etwas abwehren? Wenn man da die These Goldhagens vertritt und sagt, der Holocaust sei ein Produkt des übersteigerten Rassismus einer ganzen Bevölkerung, dann macht man es sich zu einfach.
Man bleibt dann also zu oberflächlich und kann das Volk nicht richtig verstehen?
So ist es. Gerade das Verhalten der deutschen Bevölkerung – von der Arbeiterschaft bis zum Bürgertum – war viel komplizierter. Das muß man wissen, um auch Widerstand verstehen zu können. Historische Prozesse lassen sich nicht auf die einfache Mechanik „Zustimmung ist gleich Handlung“ reduzieren.
Warum gibt es ausgerechnet jetzt eine so heftige Debatte?
Es ist ganz bezeichnend, daß im gleichen Maß, wie ganz bestimmten gesellschaftlichen Trägerschichten die Mitverantwortung genommen worden ist, sie den kleinen Leuten summarisch auferlegt wurde. Und in diesen Dreh kommt die These Goldhagens hinein. Entstehen von Widerstand, Ablehnung und Zustimmung, das ist nicht diese einfache Mechanik. Das versimplifiziert die Strukturen totalitärer Herrschaft enorm und nimmt uns damit die Chance, etwas darüber zu lernen, wie man totalitärer Versuchung widerstehen kann.
(Das Gespräch führte Andreas Oppermann)
Vom Umgang mit persönlichen Daten im Netz
Datenklau im Internet. Diese Schlagzeile funktioniert immer. Sie arbeitet mit diffusen Ängsten. Und ist dennoch bei weitem nicht immer richtig. SchülerVZ wird mit dem Diebstahl von 1,6 Millionen Datensätzen konfrontiert. Ein Wissenschaftler hat sich die Daten auf einem fragwürdigen Weg besorgt. Er hat sich Unmengen von E-Mail-Adressen beschafft, um mit diesen Profile bei SchülerVZ anzulegen. Über diese Profile konnte er dann öffentlich zugängliche Daten der SchülerVZ-Mitglieder ansehen, auslesen und in einer illegalen Datenbank bündeln
All das machte der anonyme Wissenschaftler automatisch. Er setzte Programme ein, die sowohl E-Mail-Adressen anlegten als auch die Profile. Um an die 1,6 Millionen Datensätze zu kommen, wird er nicht länger als eine Woche benötigt haben. Damit hat er gezeigt, dass Daten aus sozialen Netzwerken ausgelesen werden können. Allerdings im Falle SchülerVZ nur jene Daten, die von den Schülern als öffentlich markiert waren. All das, was nur die realen und virtuellen Freunde erfahren sollen, blieb dem Wissenschaftler versperrt.
Und genau das ist das Entscheidende. Der Datenschutz bei SchülerVZ hat funktioniert. Eine vollständige Sicherheit vor kriminellen Zugriffen allerdings kann nicht garantiert werden. Es stellt sich aber auch die Frage, wie der Zugriff eines anonymen Hackers mit krimineller Energie zu bewerten ist, der Selbstverständlichkeiten publik macht.
Jeder, der im Internet Daten einstellt, die über längere Zeit von bestimmten Gruppen gelesen werden sollen, muss wissen, dass sich diese nicht vollständig sichern lassen. Von Xing oder Facebook finden sich sogar nichtöffentliche Daten im Internet. Das ist bei SchülerVZ nicht passiert, weil der Betreiber aus den Datenpannen der Vergangenheit gelernt hat und sein Netzwerk besser gesichert hat.
Der angebliche Skandal lehrt uns dennoch etwas Wichtiges: Das Wissen um Datensicherheit und -schutz ist in Deutschland so schlecht, dass selbst Lappalien zu Skandalen aufgebauscht werden können. Dagegen hilft nur lernen. Für die Mitglieder von SchülerVZ am besten schon in der Schule.