Neue Grenzen in Medien-Europa

Diskussionen über Grenzen in Europa haben oft etwas veraltetes. In Zeiten einer multinationalen Währung, der Abschaffung von Grenzkontrollen im Schengen Raum und der stetigen Vereinheitlichung des Rechts verliert die Grenzfrage an Bedeutung. Auch wenn Staatsgrenzen oft gleichbedeutend mit Sprach- und Kulturgrenzen sind. Natürlich gibt es auch weiterhin Grenzen, die historische Räume trennen. Grenzen, die Schmugglern und anderen Kriminellen das Einkommen garantieren. Grenzen, die für jene, die sie überwinden wollen, sogar tödlich sein können. Ganz sicher ist die Außengrenze der Europäischen Union eine solche Grenze – und die des Schengen Raumes erst recht.

Aber wenn man über Grenzen und Journalismus diskutiert, dann drängen sich neue Fragen auf. Verlieren Grenzen nicht auch an Bedeutung, weil soziale Medien neue Formen der Gemeinschaft ermöglichen, die auch tatsächlich gebildet werden? Sind es nicht gerade die neuen Formen von Kommunikation, die viel eher eine Grenzüberschreitung im Alltag zulassen? Und zwar inhaltlich, sozial und vor allem so selbstverständlich. Es ist noch gar nicht so lange her, dass Korrespondenten vor Ort und private Brief- und Telefonkontakte über Grenzen hinweg das Bild vom anderen Land bestimmten. Heute erfahren wir oft über Facebook-Kontaktt, Twitter und Youtube-Videos mehr voneinander als über die klassischen Medien, denen in Krisnezeiten wie jetzt in Syrien sogar der Zugang zum Land verwehrt werden kann. Die Grenze der sozial-medialen Kompetenz ist heute also oft schon wichtiger, um wissen zu können, was in einem anderen Land passiert. Wer sich weigert, sie zu überqueren, wird von der Welt ausgeschlossen.

Verstärkt wird das alles noch durch eine weitere Grenze: die der Finanzierung von Journalismus. Der Kampf der Verleger, aber auch der privaten TV-Anbieter gegen die Medienkrise sorgt dafür, dass die Zahl der kompetenten Korrespondenten selbst bei renomierten überregionalen Titeln schrumpft. Der Kostendruck sorgt oftmals zudem dafür, dass schlicht nicht mehr genug Platz im Blatt ist, um Hintergrund-Geschichten vom Journalisten-Experten vor Ort schrieben oder produzieren zu lassen. Für die von der Gesamtauflage her wichtigsten Medien überhaupt, die Regionalzeitungen, stimmt dies erst recht. Während also in den sozialen Medien die Fülle der Informationen stetig wächst, nimmt die in den Medien stets ab. Die Finanzierungsgrenze ist so für Texte, Bilder, Filme und Hörfunk-Beiträge von Auslandsjournalisten immer schwerer zu überwinden. Denn das Geschäftsmodell zur Finanzierung von Journalismus rechnet sich oft nicht mehr.

Bei unserer Podiumsdiskussion auf dem n-ost-Kongress in Lemberg haben wir diese Grenzverschiebungen etwas diskutiert. Wir, das waren Ronny Patz, Eric Maurice, Oleg Khomenok, Taras Voznyak und ich. Bezeichnend an der Runde war, dass niemand von uns sein Geld in privatwirtschaftlich finanzierten Medien verdient. Eric Maurice leitet Presseurop.eu. Die Webseite ist ein Versuch, eine grenzüberschreitende europäische Öffentlichkeit herzustellen, indem Texte aus Zeitungen vieler Länder in die Sprachen vieler anderer Länder übersetzt und so publiziert werden. Das ermöglicht tatsächlich eine Debatte über die unterschiedlichen Blickwinkel auf Europa. Obwohl die Pageimpressions ganz erklecklich sind, gibt es aber auch für diese Seite kein funktionierendes Geschäftsmodell. Das Projekt wird von der Europäischen Kommission finanziert, die so einen Beitrag zu einer europäischen Öffentlichkeit leistet oder auch nur leisten will.

Oleg Khomenok arbeitet für Scoop, eine Plattform, die investigativen Journalismus über Ländergrenzen hinweg ermöglicht. Hier arbeiten Journalisten unterschiedlicher Länder Osteuropas projektbezogen miteinander, um zu recherchieren, wie Firmen international verbunden sind, wie internationale Korruption funktioniert oder welche Macht Oligarchen haben. Für Khomenok, der inzwischen mit Einreiseverbote nach Russland und nach Belaruß belegt ist, bieten solche Formen von Kooperation einen der wenigen zukunftsversprechenden Wege für Journalismus, weil sie akzeptieren, dass es immer weniger Geld für guten Journalismus gibt. Das lässt sich seiner Sicht nach nur kompensieren, wenn mehrere Journalisten zusammen, über Grenzen hinweg, an Themen arbeiten und so die Kosten senken. Das Internet ist in seinen Augen auch keine böse Konkurrenz, sondern mit den Möglichkeiten des Datenjournalismus ein unglaublicher Beschleuniger bei komplexen Recherchen – und ein Kostensenker. Finanziert wird Scoop maßgeblich vom dänischen und schwedischen Außenministerium.

Taras Voznyak gibt die Vierteljahres-Zeitschrift Ji heraus. Sowohl die Print- als auch die Onlineversion des kulturwissenschaftlichen Magazins tragen ihre Kosten nicht. Die hintergründigen Texte – oftmals über Grenzen, Räume, Kulturen und ihre Verschränkungen – können nur erscheinen, weil sie unter anderem über die Heinrich-Böll-Stiftung finanziert werden. Und Ronny Patz befasst sich mit der Europäischen Union und den damit verbundenen Grenzfragen als Blogger, als Euroblogger. Eigener Antrieb ohne die Hoffnung, durch das Schreiben die Existenz sichern zu können, hat ihn angetrieben. Seinen Wunsch, einen Beitrag zu einer europäischen Öffentlichkeit zu leisten, die über die Grenzen hinweg Gehör findet, hat er über das Internet realisiert. Inzwischen arbeitet er bei Transperency International, schreibt nicht mehr so regelmäßig. Aber er vertraut auf die Kraft der Öffentlichkeit durch Twitter, Facebook und Co. Weil vor allem die mobilen Eliten stark vernetzt sind, weil sie international aufgestellt sind, schaffen sie es seiner Ansicht nach auf diesen Weg mehr zu einer europäischen Öffentlichkeit beizutragen als viele klassische Medien.

All das sind natürlich keine Antworten darauf, wie sich ein finanzierbares, grenzüberschreitendes Mediensystem, in dem Journalismus noch eine wichtige Rolle spielt, entwickeln lässt. Aber da die Finanzierung vor allem über öffentliche Quellen und über Stiftungen funktioniert, sollte bei der nächsten n-ost-Konferenz vielleicht über das Selbstverständnis der Journalisten und der sie beschäftigenden Institutionen diskutiert werden. Der Weg, Journalismus über Stiftungen zu finanzieren, ist zudem einer, der angesichts der desaströsen Entwicklungen im deutschen Regionalzeitungsmarkt eine echte Option auch hierzulande werden könnte.

Mehr dazu:
Politische Kommunikation (5) – Veränderte Rolle der Tageszeitungen

Platzeck ohne Like-Button

Mathias Platzeck mag Facebook nicht mehr. Der Ministerpräsident hat sein Profil im weltweit erfolgreichsten sozialen Netzwerk stilllegen lassen. Der unzureichende Datenschutz missfalle ihm, hat er von seiner Staatskanzlei mitteilen lassen.

Über den mangelnden Datenschutz von Facebook kann man sich schon lange aufregen. Ilse Aigner von der CSU hat schon im vergangenen Jahr ihr Profi gesperrt. Deshalb verwundert der Zeitpunkt. Denn Platzeck legt sein Profil in dem Moment still, in dem Facebook, Google und Co. an verbesserten Datenschutzregelungen mitarbeiten. Und so wirkt der Schritt nicht überzeugend, sondern populistisch.

Ansonsten hätte er einen Kabinettsbeschluss herbeiführen können, um Schulen, Behörden und Ministerien die Einbindung des „Like-Buttons“ auf öffentlichen Webseiten zu untersagen. Oder er hätte eine Bundesratsinitiative zum besseren Datenschutz starten können. Das wäre richtige und keine virtuelle Symbol-Politik.

Dieser Kommentar ist am 16. November 2011 in der MOZ erschienen…

Sie wissen alles: Kritik an Facebook wegen mangelndem Datenschutz

Facebook erhitzt die Gemüter. Kurz nach der Ankündigung von Marc Zuckerberg, das ganze Leben der Facebook-Mitglieder abbilden zu wollen, verklagt der Wiener Student Max Schrems (23) das Unternehmen wegen Verstoßes gegen den Datenschutz. Denn Facebook sichert sogar gelöschte Daten.

Max Schrems ist einer von mehr als 800 Millionen Menschen, die sich bei Facebook registriert haben. In Deutschland waren es im August mehr als 20 Millionen, die sich auf der Plattform von Firmengründer Marc Zuckerberg vernetzten. 1,2 Millionendavon sind Berliner.

Vor wenigen Tagen waren erstmals mehr als 500 Millionen Menschen weltweit gleichzeitig auf der Seite aktiv. Die dezentrale Kommunikation in Echtzeit auf Facebook und beim Kurzmitteilungdienst Twitter hat die Revolutionen und Aufstände in Tunesien, Ägypten und anderen arabischen Länder maßgeblich beschleunigt und verstärkt. Facebook ist weder aus dem privaten noch aus dem öffentlichen Leben wegzudenken.

Der damit verbundenen Verantwortung wird das Unternehmen aber nicht in allen Dingen gerecht. Vor allem am Datenschutz hapert es. Wie groß die Verstöße gegen die Datenschutzbestimmungen in Europa sind, hat Max Schrems aufgedeckt. Zusammen mit einigen anderen Studenten hat er die Initiative „Europa gegen Facebook“ gegründet.

Schrems war als Student in den USA und hat dort eine Arbeit über den Datenschutz bei Facebook geschrieben. Als Nutzer, der den leichten Austausch von Links, Texten, Bilder und Videos über die Seite schätzt, war er angesichts des Ergebnisses erschrocken: „Ich habe analysiert, wie sich Facebook so gut wie nicht an die europäischen Datenschutzbestimmungen hält.“

In Irland hat Schrems einen Hebel gefunden, der Facebook sehr schmerzt. Da die europäische Niederlassung dort ihren Sitz hat, beantragte er die Herausgabe seiner Daten. Er bekam eine CD zugeschickt, auf der mehr als 1200 DinA 4-Seiten mit Chat-Protokollen, Verweisen, Statusmeldungen und Einladungen zu Veranstaltungen gespeichert waren. Als er das Material genauer ansah, entdeckte er, dass Facebook selbst Daten, die er selbst gelöscht hatte, noch immer aufbewahrt.

Einige Wochen vor Schrems hat der Datenschutzbeauftragte Schleswig Holsteins auf das Problem aufmerksam gemacht. Thilo Weichert sagt. „Wir können nur glaubhaft Datenschutz im Kleinen durchsetzen, wenn wir auch bei struktureller massenhafter Missachtung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung tätig werden.“

Zentrales Problem dabei ist der „Like-Button“. Diese geniale Idee erlaubt es den Facbook-Nutzern, ihren Bekannten im Netzwerk ganz unkompliziert Artikel oder Fotos zu empfehlen. Dazu muss ein Nutzer wie der Autor dieses Textes nur auf den „Like-Button“ klicken. Schon erscheint bei all seinen Freunden der Hinweis: „Andreas Oppermann gefällt der markierte Artikel“. So machen Empfehlungen schnell die Runde. Auf diesem Weg wurde das in dieser Woche verstorbene Opossum Heidi zum Medienstar. So bekannten sich innerhalb weniger Tage nach der Atomkatastrophe von Fukushima Hunderttausende Deutsche zu einem schnellen Ausstieg aus der Atomkraft. Und auf diesem Weg werden Informationen über spontane Demonstrationen im Nahen Osten verbreitet. Da die Information von Freunden und Bekannten kommt, ist sie besonders glaubwürdig. Der Pferdefuß beim „Like-Button“ ist aber, dass das dazu nötige Cookie (Mini-Informationsspeicher der von der Internetseite auf dem Rechner des Nutzers hinterlegt wird) auch Informationen über das Surfverhalten sammelt, wenn man den Button gar nicht nutzt. Dazu muss man nicht einmal bei Facebook eingeloggt sein.

Verstärkt wird das ganze noch durch Fanpages und Apps, wie sie inzwischen auf den meisten Internetseiten zu finden sind. Sie verknüpfen den Nutzer der Seite mit Facebook. All diese Informationen nutzt das Netzwerk wiederum, um Werbung auszuspielen, die genau zu den Interessen des Nutzers passt. In den USA haben Facebook und das Online-Warenhaus Amazon einen Vertrag geschlossen, der es dem Händler ermöglicht, nicht nur die persönlichen Daten von Menschen auszulesen, die gleichzeitig bei Facebook und Amazon registriert sind, sondern auch von dessen Facebook-Freunden.

All das verstößt gegen den europäischen Datenschutz. Schrems will mit Hilfe der irischen Behörden dagegen vorgehen.

In Deutschland engagiert sich vor allem Thilo Weichert: „Bevor Plugins und Fanpages von Facebook datenschutzkonform genutzt werden können, muss sich das Unternehmen noch gewaltig bewegen.“ Er fordertdeutsche Webseiten-Betreiber auf, den „Like-Button“ zu verbannen.

Aber für Marc Zuckerberg ist Datenschutz Vergangenheit. Sein Ziel ist totale Transparenz. Immer mehr Menschen sehen darin vor allem Vorteile.

Dieser Text ist am 30. September 2011 in der Märkischen Oderzeitung erschienen…

Nur wer mitmacht, weiß, wovon er redet

Nach „Safer Sex“ jetzt also „Safer Internet“. Die Botschaft ist klar: Die Jugend soll aufpassen, denn das Internet ist gefährlich. Das hat der gestrige Aktionstag zur Sicherheit im Internet wieder gezeigt. Damit Sicherheit irgendwie cool wirkt, wird sie von politisch Verantwortlichen ins Englische übersetzt. Aber ob die jungen Netzbürger so nachhaltig erreicht werden, ist mehr als fraglich.

Das liegt vor allem am latent erhobenen Zeigefinger. Der ist bei Jugendlichen noch nie sonderlich beliebt gewesen. Wenn er dann noch von Personen erhoben wird, die sich selbst noch nie auf Facebook, StudieVZ oder Jappy getummelt haben, wirkt er dann auch noch sehr schnell verknöchert.

Eltern teilen dabei das Schicksal der Politiker. Wer seine Kinder vor den Gefahren des Internet warnen will, muss sich selbst auskennen. Nur wer selbst schon erlebt hat, wie bereichernd, erhellend und unterhaltsam soziale Netzwerke sein können, wird ihre Faszination verstehen. Nur wer sich selbst zu einem Knoten im Netz macht, lernt die Kommunikation dort kennen.

Leider prägen viele Erwachsene Vorurteile. Da werden Twitter und Facebook mit Klatsch und Tratsch gleichgesetzt. Dass im Moment darüber Aufstände und Revolutionen (mit-)organisiert werden, wird ausgeblendet. Das liegt an Unkenntnis und der eigenen Verweigerung, sich dieser Kommunikation zu stellen. Die Jugendlichen, die sich in dieser Kommunikationswelt auskennen, verstehen dagegen, wie es möglich ist, dass Informationen in kürzester Zeit die unterschiedlichsten Menschen über die Empfehlung von Freunden erreichen.

Natürlich ist es richtig, Datenschutz und Cyber-Kriminalität vorzustellen. Die Gefahren, die im Datenaustausch mit Freunden und Fremden liegen, müssen erklärt werden. Warnungen vor Leichtsinn im Netz sind nötig. Der jungen Generation sind diese durchaus bewusst, auch wenn sie gern verdrängt werden. Dennoch ist es viel wichtiger, dass all jene, die warnen ohne zu wissen, schleunigst Mitglied bei Facebook und Co. werden. Dann können sie auf Augenhöhe mit ihren Kindern über die Gefahren diskutieren, weil sie endlich wissen, wovon sie reden.

Facebook kann den eigenen Erfolg nur selbst zerstören

Facebook ist ein Phänomen. Die Internetseite hat nicht nur eine unglaubliche Anzahl an Nutzern. Sie ist auch unglaubliche 50 Milliarden Dollar wert. Und das völlig zu recht. Mit einer zweiten New-Economy-Blase hat diese Bewertung nichts zu tun.

Sagenhafte 500 Millionen Menschen aus aller Welt haben sich auf Marc Zuckerbergs Freundeseite registriert – und täglich werden es mehr. Jeder zweite von ihnen ist Tag für Tag in dem sozialen Netzwerk unterwegs, wo er mit seinen durchschnittlich 130 Freunden kommuniziert oder zumindest verfolgt, was sich bei ihnen Neues tut. Außerdem beobachten diese Nutzer auch, was es an Neuigkeiten von ihrer liebsten Zeitung, TV-Sendung oder dem präferierten Fußballverein gibt.

Anhand von Facebook-Einträgen konnten Soziologen schon entschlüsseln, an welchen Tagen sich Paare am häufigsten trennen. Die 2,5 Millionen Entwickler von Spielen und Applikationen auf Facebook schaffen es zudem, den Nutzern immer weitere Informationen über sich selbst zu entlocken; da diese Entwickler nicht von Facebook bezahlt werden, sondern von all den Firmen, die sich auf Facebook den Nutzern präsentieren.

Kein Wunder also, dass Facebook so viel wert ist. Denn im Unterschied zu den Internetfirmen, die vor gut zehn Jahren an den Börsen hoch bewertet wurden, hat Facebook nicht nur einen direkten Kundenkontakt. Facebook weiß auch deutlich mehr über den einzelnen Nutzer und über bestimmte Nutzergruppen. Mit diesem Wissen kann tatsächlich über Werbung Geld verdient werden. Weder Google noch eBay wissen so viel über ihre Mitglieder wie Facebook.

Da Facebook rasant weiter wächst, ist derzeit auch nicht absehbar, dass der Wert der Firma sinken könnte. Es gibt eigentlich nur einen Grund, der zu einem Kursabsturz führen kann: Wenn Face¬book die Sorgen der Nutzer um Datensicherheit weiter völlig ignoriert. Dann könnten sich die Nutzer genauso schnell von der Plattform zurückziehen, wie sie sie geentert haben. Wer an AOL oder Yahoo denkt, weiß, dass im Internet Marken schnell groß und mächtig werden können – und genauso schnell wieder verglühen können.

MOZ-Kommentar…

Vom Umgang mit persönlichen Daten im Netz

Datenklau im Internet. Diese Schlagzeile funktioniert immer. Sie arbeitet mit diffusen Ängsten. Und ist dennoch bei weitem nicht immer richtig. SchülerVZ wird mit dem Diebstahl von 1,6 Millionen Datensätzen konfrontiert. Ein Wissenschaftler hat sich die Daten auf einem fragwürdigen Weg besorgt. Er hat sich Unmengen von E-Mail-Adressen beschafft, um mit diesen Profile bei SchülerVZ anzulegen. Über diese Profile konnte er dann öffentlich zugängliche Daten der SchülerVZ-Mitglieder ansehen, auslesen und in einer illegalen Datenbank bündeln

All das machte der anonyme Wissenschaftler automatisch. Er setzte Programme ein, die sowohl E-Mail-Adressen anlegten als auch die Profile. Um an die 1,6 Millionen Datensätze zu kommen, wird er nicht länger als eine Woche benötigt haben. Damit hat er gezeigt, dass Daten aus sozialen Netzwerken ausgelesen werden können. Allerdings im Falle SchülerVZ nur jene Daten, die von den Schülern als öffentlich markiert waren. All das, was nur die realen und virtuellen Freunde erfahren sollen, blieb dem Wissenschaftler versperrt.

Und genau das ist das Entscheidende. Der Datenschutz bei SchülerVZ hat funktioniert. Eine vollständige Sicherheit vor kriminellen Zugriffen allerdings kann nicht garantiert werden. Es stellt sich aber auch die Frage, wie der Zugriff eines anonymen Hackers mit krimineller Energie zu bewerten ist, der Selbstverständlichkeiten publik macht.

Jeder, der im Internet Daten einstellt, die über längere Zeit von bestimmten Gruppen gelesen werden sollen, muss wissen, dass sich diese nicht vollständig sichern lassen. Von Xing oder Facebook finden sich sogar nichtöffentliche Daten im Internet. Das ist bei SchülerVZ nicht passiert, weil der Betreiber aus den Datenpannen der Vergangenheit gelernt hat und sein Netzwerk besser gesichert hat.

Der angebliche Skandal lehrt uns dennoch etwas Wichtiges: Das Wissen um Datensicherheit und -schutz ist in Deutschland so schlecht, dass selbst Lappalien zu Skandalen aufgebauscht werden können. Dagegen hilft nur lernen. Für die Mitglieder von SchülerVZ am besten schon in der Schule.