Bettina Baltschev lässt den Querido-Verlag hochleben

Bettina Baltschev schlendert durch Amsterdam. Dabei spürt sie einem Verlag, seinem Verleger, den Lektoren und den Autoren nach. Die hießen Joseph Roth, Heinrich und Klaus Mann, Lion Feuchtwanger, Ernst Toller, Alfred Döblin oder Irmgard Keun. Der Querido-Verlag war einer der wichtigsten Exil-Verlage für die Deutschen Schriftsteller, die vor den Nazis fliehen mussten. „Hölle und Paradies“ ist das Buch, in dem Baltschev ihre Liebe zu Amsterdam und zur Exil-Literatur auf eine lesenswerte Art zusammenführt.

Alois Woldan hilft uns dabei, Lemberg als Teil Europas zu erlesen

Europa erlesen: Lemberg
Europa erlesen: Lemberg

Bei Lemberg fallen uns ganz schnell Namen wie Joseph Roth, Leopold von Sacher-Masoch oder Soma Morgenstern ein. Die Stadt war immer viel mehr als ein Ort für deutsche Literatur. Hier wurde Jiddisch geschrieben und natürlich Polnisch und Ukrainisch. Und in all diesen Sprachen wurde Lemberg als ein besonderer Ort gefeiert. Alois Woldan hat schon 2008 einen einen schönen Überblick darüber veröffentlicht; in der Reihe: „Europa erlesen“.

Erneut gelesen: Walter Mehrings Exilerinnerungen

Walter Mehring: Wir müssen weiter
Walter Mehring: Wir müssen weiter

Das eigentliche Manuskript umfasste 800 Seiten. Doch Walter Mehring hat sein Spätwerk verloren. Irgendwo zwischen Zürich und München ist der Koffer verschwunden. Die „Topographie der Hölle – Reportagen der Unter-Weltstädte“ konnte nicht mehr erscheinen. Lediglich das erweiterte Inhaltsverzeichnis und einige Textfragmente haben überdauert. Aus diesen hat Christoph Buchwald, der Herausgeber der Werkausgabe, noch zu Lebzeiten mit Walter Mehring diesen Band „Wir müssen weiter – Fragmente aus dem Exil“ geformt.

Es besteht aus gut 100 Seiten Prosastücken und 50 Seiten oder 1001 Versen der „12 Briefe aus der Mitternacht“, einem Gedichtzyklus, der zwischen 1938 und 1941 entstanden ist. Die Prosa sind die Fragmente des eigentlich viel größeren Buches. Jede Zeile dieser Erinnerungen verdichtet die Erfahrungen des Exils zu einer Erfahrungs- und Gedankenwelt, bei der jedes wichtige Wort mehr als nur eine Bedeutung trägt. Dieses Komprimieren der Erfahrungen und Erinnerungen ist trotz der knappen Form oftmals aussagekräftiger als Dutzende Seiten anderer Autoren. Es gibt Passagen, in denen Mehring mit viel Glück und Dusel durch Grenzkontrollen kommt, Inhaftierungslagern entkommt und Verhaftungen zuvorkommt. Verrückt daran ist, dass diese Begebenheiten verbürgt sind.

Mehring erinnert da an Grimmelshausens Simplizissimus. Nur sind die Erlebnisse alles andere als lustig. Vor allem wenn man sich einmal vorstellt, wie wir heute mit Flüchtlingen, Asylbewerbern und Staatenlosen umgehen. Mehring lässt mich nicht los. Sowohl das Leben wie auch die Bücher sind unglaublich. Vor gut 25 Jahren habe ich den Band das erste Mal gelesen. Und danach noch einige Male. Ich werde es auch wieder tun. Da bin ich sicher. Das gilt nicht nur für die Prosa, sondern auch die „12 Briefe aus der Mitternacht“, die in der strengen Form zum eindringlichsten und besten zählen, was im Exil über die Situation in kleinen Hotels und den Tod der Freunde – in diesem Fall Ernst Toller, Erich Mühsam, Kurt Tucholsky, Carl von Ossietzky, Joseph Roth, Ödon von Horvath, Ernst Weiß, Theodor Lessing, Walter Hasenclever, Carl Olden – geschrieben wurde.

Mehr über Walter Mehring gibt es im Walter Mehring Blog