Kenntnisse bevorzugt

Stellensuche
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Stellenanzeigen in Zeitungen sind ja schon lange out. Heute suchen wir in sozialen Netzwerken wie Xing oder Linkedin, wenn die Arbeit langweilt, nervt oder es einfach nur an der Zeit ist, mal wieder etwas Neues zu versuchen. Das größte soziale Netzwerk aber ist nach wie vor die ganz normale Öffentlichkeit. Und so sucht dieser Arbeitgeber da, wo seine Kunden sind, nach Verstärkung im Team. Das ist irgendwie old fashioned und doch so selbstgemacht schon wieder modern und cool.

Allerdings muss sich der Leser bücken, um den Text der Stellenanzeige komplett zu lesen. In der Zeitung muss man blättern und die Augen zusammenkneifen, im Internet muss man klicken und klicken und suchen und klicken, um eventuell zu finden. Insofern ist das Bücken nur eine andere körperliche Anstrengung. Vielleicht gehört es ja auch zu den Kenntnissen und Fähigkeiten, die zur teamkompatiblen Ausübung der Beschäftigung notwendig sind.

Irgendwelche Kenntnisse werden ja bevorzugt. Welche ist offenbar nicht so wichtig. Rechnen vielleicht? Aber nicht unbedingt. Obwohl Eiskugeln zu zählen und Wechselgeld rauszugeben ja schon minimale Mathekenntnisse erfordern. Aber wenn’s damit nicht klappt, könnte ja auch noch Lesen gemeint sein. Oder Denken. Vielleicht auch Phantasie, die mit der kryptischen Jobdescription herausgefordert werden soll?

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Kategorisiert in Leben

Die verbindende Kraft der Haferlschuhe

Haferlschuhe
Haferlschuhe

Mitten in Berlin. Ein Mann irgendwo ziwschen 50 und 60 trifft einen anderen. Rein dienstlich. Es geht um alte Fundstücke. Sie fachsimpeln, schauen sich in die Augen. Dann senkt er seinen Blick, blickt am zehn Jahre jüngeren herunter. Seine Miene hellt sich auf. Das Geschäftmäßige in seinem Blick weicht einem freundschaftlichen, fast verschwörerischen Lächeln.

„Sie tragen Haferlschuhe?“

Froh ist der Ton. Der jüngere blickt ebenfalls auf die Schuhe. Erkennt ebenfalls Haferlschuhe.

„Ja.  Es gibt keine besseren Schuhe.“

„Mein erstes Paar habe ich vor 30 Jahren gekauft. In einem Geschäft, das Konkursmasse verkaufte. 90 Mark haben sie damals gekostet. Das war viel Geld für einen Studenten.“

„Hier in Berlin?“

„Ja. Ich weiß, für einen Hamburger in Berlin war das etwas seltsam. Aber seit damals trage ich eigentlich nur noch Haferlschuhe. Es gibt tatsächlich nichts besseres. Mein erstes Paar habe ich übrigens noch immer. Auch wenn sie schon mehrfach beim Schuster waren.“

Wie Verschwörer, die sich in einer feindlichen Umwelt zufällig erkannt haben, stehen sie da. Tauschen sich über Leder aus einem Stück, handgenähte Sohlen, geklebtes oder genähtes Innenfutter aus. Sie kennen die Unterschiede zwischen guter Schusterarbeit und geklebter Pseudonaht. Und sie vergewissern sich gegenseitig, dass die Liebe zum Haferlschuh gute Gründe hat. Gründe, die all jene nicht nachvollziehen können, die diesen Allzweckschuh nur als bajuwarisches, volkstümelndes Trachtenwerk abtun. Die sich ihn nie anziehen würden, weil sie ihn unförmig finden. Aber das ficht sie beide nicht an, diese  Männer, die sich zufällig in Berlin trafen, und Dank ihrer Schuhe wissen, dass sie nun etwas verbindet: die Liebe zum Haferlschuh, diesem unglaublich bequemen, trittfesten und dem Fuß anpassenden Schuhwerk.

Haferlschuhe
Haferlschuhe

Endlich wieder barfuß

Barfuß
Barfuß

Die Erde ist noch kühl. Aber die Sonne wärmt von oben. Da wo sie scheint und der Wind nicht weht, brennt sie sogar schon ein wenig. Auch auf den Füßen, die heute endlich das erste Mal wieder barfuß in den Garten dürfen.

„Lasst die Schuhe an!“ Das sage ich anfangs noch zu den Kindern. Ich traue diesem ersten Sonnentag noch nicht ganz. Das sind ja die Tage, an denen man sich besonders leicht erkältet. Aber als es mir in den Schuhen dann zu warm wird, ziehe ich sie aus. Und ruckzuck sind alle barfuß. Und freuen sich über die Selbstverständlichkeit des Abstreifens von Schuhen und Socken.

Die Befreiung der Füße ist der tatsächliche Beginn der warmen Jahreszeit. Barfuß ist immer ein kleiner Freiheitsgruß. Auch wenn die Fußsohle heute noch so gar nicht abgehärtet ist. Die Lärchennadeln pieksen ganz besonders. Der Dreck scheint sich zwischen den Zehen an diesem ersten Barfußtag ganz besonders wohl zu fühlen. Aber das ist nicht gegen diesen Genuss des Spürens und Fühlens des weichen Rasens. Und des Wissens um den Beginn einer neuen – hoffentlich langen – Barfuß-Saison.

Heimat (17) – Erstaunliches Wiedersehen nach 20 Jahren

Mit Herbert Trimbach in Bad Freienwalde
Mit Herbert Trimbach in Bad Freienwalde

Bad Freienwalde ist fast 600 Kilometer von Hammelburg entfernt. Ganz im Osten kurz vor der polnischen Grenze liegt die Kleinstadt. Hier habe ich einen alten Hammelburger getroffen. Und das nach 20 Jahren das erste Mal wieder.

Damals, Ende der 80er, Anfang der 90er hätten wir uns beide wohl nicht vorstellen können, jemals nach Bad Freienwalde zu kommen. Aber jetzt stehen wir hier und diskutieren mit vielen anderen über die Zukunft der Feuerwehr. Herbert Trimbach als Abteilungsleiter des Potsdamer Innenministeriums und ich als Journalist des rbb.

Es ist ein Stammtisch, bei dem wir uns treffen, der Antenne Stammtisch. Früher sahen wir uns auch oft am Stammtisch, beim Siggi in der Wirtschaft am Viehmarkt bei unfiltriertem Bier. Da war Herbert Trimbach Stadtrat in Hammelburg und beim Siggi trafen sich Vertreter aller politischen Gruppierungen, um zu diskutieren – und das nicht nur über Politik.

Jetzt, nach 20 Jahren, gab es kein unfiltiertes Bier. Viel Zeit zum Austausch alter Erinnerungen blieb auch nicht. Aber dieses Treffen war ein Stück Heimat – sprachlich und weil es Erinnerungen zu Tage förderte. Da ist dann Bad Freienwalde auf einmal ganz nah bei Hammelburg.

Mehr Heimat:
(1) Mein Sprungturm
(2) Stänglich vom Schwab
(3) Leberkäsweck
(4) Bilder aus Hammelburg
(5) Schlesisch Blau in Kreuzberg
(6) Danke Biermösl Blosn!
(7) Weinlaub und Weintrauben
(8) Laufwege in Buchenwäldern
(9) Fränkische Wirtschaft
(10) Bamberger Bratwörscht am Maibachufer
(11) Weißer Glühwein
(12) Berlin
(13) Geburtstage bei Freunden aus dem Heimatort
(14) Gemüse aus dem eigenen Garten
(15) Glockenläuten in der Kleinstadt
(16) Italienische Klänge
(17) Erstaunliches Wiedersehen nach 20 Jahren
(18) Federweißen aus Hammelburg
(19) Wo die Polizei einem vertraut
(20) Erinnerungen in Aschaffenburg
(21) Nürnberg gegen Union Berlin
(22) Der DDR-Polizeiruf 110 „Draußen am See“

Die Sonne legt frei, was der Schnee verdeckte

Auch wenn die Wettervorhersager behaupten, dass es in den nächsten Tagen wieder und wieder schneien wird, hat die Sonne am Wochenende erst einmal freigelegt, was im Herbst so alles liegen blieb. Die Sonne ist da unerbittlich. Und auch wenn das jetzt wieder unter neuem Schnee verschwinden sollte, bleibt doch ein leichtes schlechtes Gewissen. Aber diese Bilder hätten nicht entstehen können, wenn die Gartenarbeit im Herbst gründlich hätte erledigt werden können. Vielleicht klappte es ja im kommenden Herbst…

Der Bedeutungsverlust der Zeitungen in Brandenburg

Beim Zeitung lesen

Die Zeitung gehört dazu. Jeden Morgen wird sie aus dem Briefkasten geholt, geteilt und gelesen. Ein Start in den Tag ohne sie, ist ein schlechter Tagesbeginn.

Die Haushalte, in denen der Tag so beginnt, werden immer weniger. Das ist nun keine neue Erkenntnis. Aber wenn man mal wieder einen Blick auf die Auflagenzahlen wirft, ist das Ergebnis erschreckend. Die Auflage der Märkischen Allgemeinen, deren Lokalteil für Königs Wusterhausen Dahme Kurier heißt, ist seit dem vierten Quartal 1998 von 214.913 auf 134.261 im letzten Quartal gesunken. Das sind nur noch 62 Prozent! Und das in 15 Jahren. Und das in einer Region, in der inzwischen deutlich mehr Menschen leben als damals.

Bei der Lausitzer Rundschau sieht es noch dramatischer aus. 88.858 Exemplare verkaufte sie im vierten Quartal 2012. 1998 waren es noch 172.945. Das ist fast eine Halbierung. Und bei der Märkischen Oderzeitung sieht es wie folgt aus: 137.507 im Jahr 1998 und jetzt nur noch 84.959. Damit bewegt sie sich auf einem ähnlichen Verlust-Niveau wie die MAZ.

Im Kern ist das ein dramatsicher Bedeutungsverlust. In der Lausitz wird das durch den dramatischen Bevölkerungsrückgang verstärkt, bei der MOZ – und in viel stärkerem Ausmaß – und bei der MAZ fängt der wachsende Speckgürtel die Bevölkerungsverluste in den Regionen, die weit weg von Berlin sind, auf.

Eine bleibende Begegnung mit Zoran Djindjic

Zoran Djindjic und Angela Merkel bei der Bambi-Verleihung in Berlin. Foto: www.zorandjindjic.org/
Zoran Djindjic und Angela Merkel bei der Bambi-Verleihung in Berlin. Foto: www.zorandjindjic.org/

Mitten im Trubel der Promis und Sternchen fühlte er sich an diesem Abend im Berliner Estrel sichtlich wohl. Von allen Seiten nickte ihm die deutsche Prominenz zu – und das voller Respekt und Achtung vor der Leistung und Ausstrahlung Zoran Djindjics, des serbischen Ministerpräsidenten, der nach dem Morden auf dem Balkan für einen demokratischen Neuanfang Serbiens stand.

An diesem Festtag, an dem ihm, dem in Deutschland promovierten Philosophen, ein Bambi für seine Lebensleistung überreicht wurde, genoss er die Anerkennung. Djindjic wusste bei dieser Feier, dass sein Weg richtig war. Sein Händedruck war fest, sein Blick offen und heiter. Beim Interview, das ich mit ihm führte, saß jedes Wort. Und das nicht, weil er Politikersentenzen aneinanderreihte, sondern weil er in sich ruhte, weil er ganz er selbst war. Und weil er wusste, dass sich sein Kampf gegen Milisevic und die serbischen Nationalisten gelohnt hatte.

Gerade der eher absurde Rahmen, in dem Sabrina Setlur ihre Brüste fast freilegte und eine ungelenke Oppositionsführerin namens Angela Merkel die Laudatio auf ihn hielt, brachte Zoran Djindjic mit seiner natürlichen Autorität, seiner heiteren Klarheit umso stärker zur Geltung. Und dabei war er dem Reporter gegenüber offen und freundlich. Ja er, der zu recht geehrte stellte selbst Fragen. Er wollte wissen, wie schnell das Internet in Deutschland wächst. Djindjic wollte wissen, wie das Internet die Medien verändert und welche Chancen in einer freien Debattenkultur im Netz für die Demokratie stecken.

Die kurze Begegnung mit Zoran Djindjic ist eine bleibende. Auch noch nach so vielen Jahren. Heute vor zehn Jahren, am 12. März 2003, wurde er ermordet.

Heimat (16) – Italienische Klänge

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Es gibt auch eine akustische Heimat. Bei Landschaften, Geschmäckern, Gerüchen ist es mir immer klar gewesen, dass Sinneswahrnehmungen Heimatgefühle auslösen können. Das Ohr aber habe ich bislang vernachlässigt.

Gestern bei einem wunderbaren Konzert von Werner Schmidbauer, Pippo Pollina und Martin Kälberer ist in mir immer wieder eine wohlige Zufriedenheit aufgeschwappt. Das lag natürlich an der Musik, den Liedern, die diese drei begnadet ehrlichen Musiker darboten. Und die Verheißung, in den Süden entführt zu werden, tat bei -9 Grad und permanentem Schneegestöber ein Übriges. Aber da war noch mehr: Ein Konzertsaal in einer ehemaligen Zehntscheuer, wie es ihn in Berlin nicht gibt. Schwere Mauern aus dem Mittelalter, außen mit einem Treppengiebel gekrönt, innen in einen funktionalen, aber dennoch atmosphärisch dichten und Geschichte atmenden Saal verwandelt. Und italienische Musik.

Bayern 3 war wahrscheinlich schon vor über 30 Jahren der einzige Sender in Deutschland, der regelmäßig italienische Pop- und Rockmusik spielte. Vieles davon war grauenhaft, so wie Albano und Romina Power oder Eros Ramazotti, manches war großartig, wie Paolo Conte oder Lucio Dalla, aber unabhängig davon war diese Musik einfach italienisch. Und später anderswo – in Brandenburg, Hessen oder Berlin, war sie nie so zu hören wie damals im heimischen Radio.

Und so hat mich Pippo Polina gestern in eine akustische Heimat versetzt, von der ich bis dahin gar nichts wusste. Werner Schmidbauers oberbayrisch hat das noch verstärkt. Seltsam, diese Heimat. Überraschend und schön – wie der Süden von Schmidbauer, Pollina und Kälberer. Und das, obwohl ich von der italienischen Musik auf Bayer 3 nur sehr selten angetan war.

Mehr Heimat:
(1) Mein Sprungturm
(2) Stänglich vom Schwab
(3) Leberkäsweck
(4) Bilder aus Hammelburg
(5) Schlesisch Blau in Kreuzberg
(6) Danke Biermösl Blosn!
(7) Weinlaub und Weintrauben
(8) Laufwege in Buchenwäldern
(9) Fränkische Wirtschaft
(10) Bamberger Bratwörscht am Maibachufer
(11) Weißer Glühwein
(12) Berlin
(13) Geburtstage bei Freunden aus dem Heimatort
(14) Gemüse aus dem eigenen Garten
(15) Glockenläuten in der Kleinstadt
(16) Italienische Klänge
(17) Erstaunliches Wiedersehen nach 20 Jahren
(18) Federweißen aus Hammelburg
(19) Wo die Polizei einem vertraut
(20) Erinnerungen in Aschaffenburg
(21) Nürnberg gegen Union Berlin
(22) Der DDR-Polizeiruf 110 „Draußen am See“

Neues vom Durchgangsarzt: Es geht noch schlimmer

Das Warte-Desaster beim Durchgangsarzt ist steigerungsfähig! Heute war die Tochter nach der Schule gleich zu Beginn der Sprechstunde da. Es ging nicht anders. Auch wenn wir uns so fest vorgenommen hatten, da nicht mehr hinzugehen. Aber die Nachuntersuchung musste sein. Um 15:00 Uhr war das. Doch das Wartezimmer war noch voll. Und zwar von der Sprechstunde zwischen 8:00 und 11:00 Uhr! Schon zwei Tage vorher hatte sie angerufen, um zu erfahren, wann es günstig wäre.

Günstig war es aber nicht. Im Gegenteil. Während beim letzen Mal nach drei Stunden Abwechslung durch das Röntgen organisiert wurde, blieb es diesmal beim Warten. Wahrscheinlich um zu verhindern, dass zu viel Veränderung den Heilungsprozess stört. Deshalb durfte sie wieder sechs Stunden warten. Bis 21:00 Uhr. Sechs Stunden ohne Informationen, sechs Stunden ohne Ansprache – dafür aber mit Praxis-TV. Doch selbst der durfte Feierabend machen. Um 20:00 uhr wurde er ausgeschaltet. Schade irgendwie, dass das mit den Patienten nicht so einfach geht.

Die – oder begleitende Mütter stellen ja Fragen. Auch nach den Wartezeiten. Was nicht so gut ankommt. Das ist nach so viel Arbeitsstunden der Ärztin irgendwie verständlich, aber besser macht es das auch nicht. Nach der Tochter waren übrigens noch gut zehn Patienten im Wartezimmer. Ob sie auch sechs Stunden gewartet haben? Oder gar sieben? Oder acht? Irgendwann verschwimmt das bestimmt. Vor allem wenn noch etwas Schmerz dazu kommt.

Zumutungen beim Durchgangsarzt in Wildau…

Zumutungen beim Durchgangsarzt in Wildau

Okay. Wir hätten auch früher da sein können. Nicht erst um neun Uhr, sondern schon um acht. Aber wahrscheinlich hätte das auch nicht viel gebracht. Tochters Handgelenk tat weh. Da sie auf dem Schulweg gestürzt war, war die freie Arztwahl ausgesetzt. Wir mussten zum Durchgangsarzt. Der in diesem Fall eine Frau in Wildau war.

Die Warteräume sind völlig überfüllt, als wir ankommen. Bei der Anmeldung warten wir in einer kleinen Schlange. Die Arzthelferin sitzt nicht an einem Schreibtisch oder Begrüßungstresen. Die Helferin der Durchgangsärztin sitzt in einem anderen Raum, um mit dem Bittsteller zu kommunizieren, öffnet sie ein kleines Fensterchen, nicht größer als eine Schießscharte. Blickkontakt ist nicht gewünscht,  nur das Profil der Protokollierenden ist zu sehen. So darf der Patient, der beim Durchgangsarzt in der Regel mit einem Bruch, einer Verstauchung oder Prellung – auf jeden Fall aber mit Schmerzen – aufschlägt, sein Behandlungsgesuch aufgeben. Bis ihm gesagt wird, dass er doch erst einmal Platz nehmen soll.

Wir saßen dann da. Nicht eine Stunde, auch nicht zwei, sondern tatsächlich geschlagene drei Stunden, in denen sich niemand um die Patientin kümmerte. Dann erst wurde die Tochter aufgerufen. Aber nicht um behandelt zu werden. Nein. Nur um einen Überweisungszettel zu bekommen. Zum Röntgen. Welch Überraschung! Drei Stunden warten, um zum Röntgen geschickt zu werden. Aber immerhin passierte etwas. Auch wenn diese Überweisung schon bei der Anmeldung hätte erfolgen können.

Nach dem Röntgen wieder warten. Da saßen wir wieder. Und waren uns sicher, dass es jetzt nicht mehr lange dauern kann. Aber was sind schon Sicherheiten bei der Durchgangsärztin in Wildau? Wenn überhaupt etwas sicher ist, dann ist es die Mittagspause. Die hält die Praxis ein. Um 13.00 Uhr kehrt Ruhe ein. Die Wartenden sind ja eh ruhig, haben sich nach so vielen Stunden des Ignoriert-Werdens ihrem Schicksal ergeben. Jetzt wird auch niemand mehr aufgerufen. Jede Hoffnung auf Behandlung entschläft.

Bis es nach einer halben Stunde wieder losgeht mit dem Aufrufen der Patienten. Wir werden kurz vor drei vorgelassen. Um dann erst einmal in einem Behandlungszimmer zu sitzen  – und zu warten. Aber jetzt sind es nur fünfzehn Minuten, in denen grimmig blickendes Personal den Raum passiert, bis sie endlich kommt: die Durchgangärztin! Ein Blick aufs Röntgenbild. Zur Sicherheit auch ein zweiter und ein dritter. Und dann endlich die Diagnose: Die Wachstumsfuge ist noch nicht dicht. Die Tochter wird also noch etwas wachsen. Und sonst? Schwer zu sagen, meint die Durchgangsärztin. Wir könnten es mit Gips oder Verband versuchen. Wie Tochter es will. Und dann sollten wir eine Woche schauen. Und in einer Woche gerne wiederkommen.

Wiederkommen? Und wieder warten? Sechs Stunden rumsitzen? Das geht uns sofort durch den Kopf. Aber wir sind zu ermattet, um Widerstand zu leisten. Das Warten betäubt den Geist. Erst an der frischen Luft belebt er sich langsam wieder. Erst zu Hause, regt sich die Empörung über dieses Praxis-Erlebnis. Und erst dann sind wir uns ganz sicher, dass wir in einer Woche hier nicht mehr warten werden. Hier nicht!

Neues vom Durchgangsarzt…