Wenn der Staatssekretär vom Steuervernichter Wowereit Steuern hinterzieht

Wie nennt man es, wenn ein Aufsichtsratschef einen Flughafen in den Sand setzt? Und wenn er das finanzielle Desaster, für das er (mit-) verantwortlich ist, vom Steuerzahler finanzieren lässt? Nennt man das einen Skandal? Nein! In Berlin nennt man das politische Verantwortung. Oder auch Wowereit, Klaus Wowereit. Der zwar als Aufsichtsratschef zurücktrat, aber nicht als Regierender Bürgermeister. Warum auch? Es handelte sich ja nur um einige Hundert Millionen Euro, die allein Berlin zuzahlen musste. Geld, das in Schulen fehlt. Oder bei der Polizei, die ohne die von den Polizisten privat finanzierten Handy schon längst eine wesentlichen Teil der innerbetrieblichen Kommunikation eingestellt hätte. Weil der Dienstherr sich das nicht leisten kann.

Und wie nennt man es, wenn der oberste Wahlbeamte der Stadt erfährt, dass sein wichtigster Mitarbeiter über Jahre Steuern hinterzogen hat? Wenn also sein André Schmitz sich vom Steuerzahler finanzieren lässt, selbst aber zur Finanzierung des Staatswesens nicht so viel beitragen will, wie es das Gesetz vorsieht? Wenn also ein Sozialdemokrat, für den die soziale Verantwortung des Einzelnen für das Gemeinwohl die zentrale Konstante allen politischen Handelns ist – denn deshalb ist er ja einst in die SPD eingetreten, sich einen feuchten Kehricht um genau dieses Gemeinwohl schert, sobald es ihm persönlich etwas kostet? Nennt man das einen Skandal? Wir vielleicht. Aber nicht Klaus Wowereit. Der macht den Deckel drauf. Und bezeichnet seinen Staatssekretär als „hochverdient“.

Aber in einer Stadt, in der Wowereit wieder Aufsichtsratsschef seines Pleite-Fughafens BER werden kann, wäre es auch tatsächlich zu viel verlangt, wegen einiger Tausend Euro Steuerhinterziehung zurückzutreten. Da gilt das altes Sprichwort: „Wie der Herr, so sein Gescherr“. Wenn der Herr keine politische Verantwortung übernimmt und fröhlich weiter dilettiert, warum sollte das sein Staatssekretär?

P.S. Die Kapitalertragssteuer ist eine Steuer, deren Einnahmen zwischen Bund und Ländern aufgeteilt werden. Wenn der Schmitz die gezahlt hätte, hätte er sich also quasi selbstfinanziert. Das geht natürlich nicht. Das wäre ja so absurd wie eine Berliner Stadtregierung, die mit Geld umgehen kann. Oder ein Regierender, der weiß, was politische Verantwortung bedeutet…

Die Andere Bibliothek entdeckt Henriette Herz

Henriette Herz in Erinnerungen, Briefen und Zeugnissen; neu ediert von Rainer Schmitz (Andere Bibliothek, Bd. 340)
Henriette Herz in Erinnerungen, Briefen und Zeugnissen; neu ediert von Rainer Schmitz (Andere Bibliothek, Bd. 340)

Neugierig war ich auf das Buch, aber auch voller Ehrfurcht. Mehr als 600 Seiten Erinnerungen, Briefe und editorische Hinweise zu einer Frau, die vor 200 Jahren lebte, schüchtern im Alltag doch etwas ein. Wobei sich das nicht auf das Geschlecht, sondern auf die Zeit und ihre Zeitgenossen bezieht, die einem ja doch nicht alle geläufig sind. Aber schon nach den ersten Seiten der Erinnerungen von Henriette Herz sind die Hemmungen weg. Die jüdische Berlinerin, die in ihrem Salon alle wichtigen Geistesgrößen zu Gast hatte, schreibt selbstbewusst, aber zurückhaltend und zieht den Leser ganz schnell in ihr Leben. Dieses faszinierend zu nennen würde nicht genügen, um das auch aus heutiger Sicht noch Besondere zu beschreiben.

Rainald Grebe vertont die Berliner Republik

Rainal Grebe auf der Quadriga (Foto: pr)
Rainal Grebe auf der Quadriga (Foto: pr)

Rainald Grebe hat es schwer. Der Erfolg, den er in seinem Song „Oben“ so schön beschreibt, macht es ihm schwer, das Publikum mit neuen Stücken zu begeistern. Im Berliner Admiralspalast ist das derzeit wieder zu beobachten. Grebe hat sich ein neues Programm ausgedacht, das die „Berliner Republik“ begutachtet. Die hört sich das Publikum mal mit mehr, mal mit weniger Begeisterung an. Aber richtig ekstatisch wird die Stimmung erst bei den Zugaben. Wenn Grebe „Prenzlauer Berg“ anstimmt. Und natürlich bei seinem Lied der Lieder, bei „Brandenburg“. Da rasten die Berliner jedesmal wieder in der Selbstgewissheit aus, dass sie ja da leben, wo alle leben wollen: „Berlin. Halleluja Berlin, halleluja Berlin,
alle wollen da hin, deshalb will ich das aaaaaauch…“

Natürlich ist Brandenburg ein wunderbares Stück. Aber so, wie es im Admiralspalast gefeiert wird, erinnert es doch arg an diese Situationen bei Konzerten großer Stars, von denen niemand ein neues Lied hören will, sondern alle nur bei den alten Hits mitgrölen wollen. Für den auf der Bühne ist das etwas peinlich. Und für das Publikum, das vor allem nach Selbstbestätigung und dem Erinnern an alte Glücksmomente interessiert ist, ist es nicht nur etwas peinlich. Für ein solches Publikum ist es richtig peinlich. Denn gerade hier im Admiralspalast hat Rainald Grebe wieder ein Programm vorgestellt, das in seiner Mischung aus Liedern, Monologen und szenischen Bildern überzeugt (und noch mehr überzeugen könnte, wenn Grebes Gesang nicht so übersteuert wäre).

Wobei selbst dieser Effekt zur überdrehten, überspannten Berliner Republik passt. Aber der Effekt geht zu sehr zu Lasten des Zuhörens, als dass er als Stilmittel überzeugen könnte. Grebe hat die gesellschaftlichen Veränderungen in der Berliner Republik genau beobachtet. Ob Hartz IV oder fehlender Mindestlohn, ob die Verachtung von Armut oder der arrogante Blick auf die Provinz – Rainald Grebe bringt das alles zur Sprache, formt mit seinem Sprachwitz böse Pointen und musiziert mit seinem Orchester der Versöhnung abwechslungsreich. Die ersten 90 Minuten seines Programms hätten es verdient gehabt, genauso gefeiert zu werden, wie seine Zugaben.

Wie sehr ihm das Publikum in Erwartung seiner großartigen Hits verfallen ist, wird schon in der ersten Minute klar. Als Grebe die Bühne betritt brandet der Applaus hoch. Grebe deutet mit der Hand an, die Lautstärke zu mindern. Das Publikum gehorcht. Auch als er die Hand hebt und mehr Lautstärke fordert. Vom ersten Moment an dirigiert er den vollen Saal. Und genau deshalb bleibt ihm nichts anderes übrig, als am Ende die großen Hits zu spielen. Und das Publikum heiter beschwingt und nicht nachdenklich verwirrt in die Weihnachtsfeiertage zu entlassen.

Berliner Fußballplätze – BSV Eintracht Mahlsdorf

Das schöne Sportgelände in Mahlsdorf teilen sich zwei Vereine . Zum einen weht das Lila des BSV Eintracht Mahlsdorf über dem Eingang. Und dann ist da noch das Rot von SC Eintracht Berlin. Vor dem schönen Rasenplatz, links beim Eingang mit seinem Bogen und den Fahnen sind die Kabinen. Wer auf den neuen Kunstrasenplatz will, muss dann den ganzen Rasenplatz überqueren, bevor er dorthin kommt, wo die Jugendmannschaften in lila antreten. Außergewöhnlich gut ist die Stadionwurst – und das Steak, das hinten am Kunstrasenplatz gegrillt wird. Damit lässt sich auch ein nicht so gutes Spiel gut aushalten. Wobei bei meinem Besuch ein gutes Spiel mit einer unglücklichen Niederlage einherging.

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Frohnauer SC
SV Nord Wedding 1893
SC Borussia 1920 Friedrichsfelde
BSV Eintracht Mahlsdorf
VfB Hermsdorf
FC Viktoria 1899 Berlin
VfB Biesdorf
BSV Hürtürkel
RFC Liberta – Scharnweberstraße
Tennis Borussia Berlin – Hans-Rosenthal-Sportanlage
Concordia Wilhelmsruh – Nordendarena

Berliner Fußballplätze – SC Borussia 1920 Friedrichsfelde

Eine grüße Oase ist das Stadion Friedrichsfelde, in dem der Verein SC Borussia 1920 Friedrichsfelde seine Heimstatt hat. Neben dem alten Stadion mit seiner kleinen Stehtribüne gibt es hier auch einen großen Kunstrasenplatz und Besonderheiten wie einen Hockeykäfig, Beachvolleyball und etliches mehr. In Sichtweise von Hochhäusern zieht sich das Sportgelände wie ein grünes Band neben dem neuen Spielplatz.

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20 Jahre später fasziniert Karl Schlögel mit „Das Wunder von Nishnij“ noch immer

Karl Schlögel: Das Wunder von Nishnij
Karl Schlögel: Das Wunder von Nishnij

Kurz nach dem Zusammenbruch des Warschauer Blocks hat Karl Schlögel seinen Band „Das Wunder von Nishnij“ veröffentlicht. In ihm sind Texte versammelt, die vor allem in der „Zeit“ und der „FAZ“ erschienen sind. Ihr Thema: „Die Rückkehr der Städte“ – so der Untertitel – im ehemaligen Osten, der eigentlich Mitteleuropa ist.

Berliner Fußballplätze – SV Nord Wedding 1893

Als erstes fällt das Gitter auf. Das trennt den eigentlichen Platz vom Vereinsheim und der Besucherterrasse. SV Nord Wedding 1893 macht an diesem Gitter deutlich, dass der Platz nur für die Spieler ist – und nicht für Eltern und Begleiter. Offenbar gab es hier schon die eine oder andere Auseinandersetzung zwischen sich ereifernden Vätern verschiedener Mannschaften. Der Platz selbst ist zwischen Straße und Häusern und Park schön angelegt. Nur die Flugzeuge, die kurz vor der Landung in Tegel direkt über den Platz fliegen, stören gewaltig. Der Kunstrasenplatz, der an einer Seite auch eine Mini-Tribüne mit drei Sitz- oder Stehreihen hat, ist solide. Und nach Regentagen schnell, weil die Nässe nicht versickern kann.

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Berliner Fußballplätze – Frohnauer SC

Idyllisch liegen die Fußballplätze des Frohnauer SC mitten im Grünen. Eine Kastanienallee trennt sie von den Tennisplätzen. Der Poloplatz liegt gleich hinter dem Gelände. Dort, wo sich die Spieler vor dem Spiel warm machen, war einst ein Friedhof der französischen Besatzungsmacht. Das Tor steht noch immer. Ein moderner Block mit Kabinen schließt sich link an. Ein großer Rasenplatz im Stadionrund und ein kleinerer Kunstrasenplatz machen runden das schöne Gelände ab.

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Die verbindende Kraft der Haferlschuhe

Haferlschuhe
Haferlschuhe

Mitten in Berlin. Ein Mann irgendwo ziwschen 50 und 60 trifft einen anderen. Rein dienstlich. Es geht um alte Fundstücke. Sie fachsimpeln, schauen sich in die Augen. Dann senkt er seinen Blick, blickt am zehn Jahre jüngeren herunter. Seine Miene hellt sich auf. Das Geschäftmäßige in seinem Blick weicht einem freundschaftlichen, fast verschwörerischen Lächeln.

„Sie tragen Haferlschuhe?“

Froh ist der Ton. Der jüngere blickt ebenfalls auf die Schuhe. Erkennt ebenfalls Haferlschuhe.

„Ja.  Es gibt keine besseren Schuhe.“

„Mein erstes Paar habe ich vor 30 Jahren gekauft. In einem Geschäft, das Konkursmasse verkaufte. 90 Mark haben sie damals gekostet. Das war viel Geld für einen Studenten.“

„Hier in Berlin?“

„Ja. Ich weiß, für einen Hamburger in Berlin war das etwas seltsam. Aber seit damals trage ich eigentlich nur noch Haferlschuhe. Es gibt tatsächlich nichts besseres. Mein erstes Paar habe ich übrigens noch immer. Auch wenn sie schon mehrfach beim Schuster waren.“

Wie Verschwörer, die sich in einer feindlichen Umwelt zufällig erkannt haben, stehen sie da. Tauschen sich über Leder aus einem Stück, handgenähte Sohlen, geklebtes oder genähtes Innenfutter aus. Sie kennen die Unterschiede zwischen guter Schusterarbeit und geklebter Pseudonaht. Und sie vergewissern sich gegenseitig, dass die Liebe zum Haferlschuh gute Gründe hat. Gründe, die all jene nicht nachvollziehen können, die diesen Allzweckschuh nur als bajuwarisches, volkstümelndes Trachtenwerk abtun. Die sich ihn nie anziehen würden, weil sie ihn unförmig finden. Aber das ficht sie beide nicht an, diese  Männer, die sich zufällig in Berlin trafen, und Dank ihrer Schuhe wissen, dass sie nun etwas verbindet: die Liebe zum Haferlschuh, diesem unglaublich bequemen, trittfesten und dem Fuß anpassenden Schuhwerk.

Haferlschuhe
Haferlschuhe

Les Yeux D’la Tête erfreuen das Lido

Les Yeux D'la Tête im Lido
Les Yeux D’la Tête im Lido

Was genau mich im Lido erwarten würde, wussten ich nicht. Irgendeine Mischung aus Frankreich und Balkan glaubte ich. Und tatsächlich war da viel Frankreich zu hören, auch immer wieder Balkan, aber auch Andalusien und jiddisches Osteuropa. Alles verpackt in einen eigenen Sound, der die vielen Einflüsse nicht demonstrativ vor sich herträgt, sondern zu einer sehr schönen, innigen und abwechslungsreichen Musik verbindet. Eine Musik, die mich genauso wie das restliche Publikum angenehm treiben und tanzen und träumen ließ.

Die sechs Pariser beherrschen ihre Instrumente und sind wunderbar aufeinander eingespielt. Vor allem die beiden Sänger mit ihren Gitarren schaffen es sofort mit dem Publikum zu kommunizieren. Das versteht zum Großteil kein Französisch und so versuchen sie mit einem herzlichen Pariser Englisch zu erklären, was sie da spielen. Aber das ist überflüssig. Denn die Musik, die ihre besondere Note durch das Akkordeon und das Saxophon bekommt, spricht für sich. Ihre Ironie wird genauso verstanden wie ihr Ernst oder ihre Innigkeit.

Les Yeux D’la Tête ist eine schöne Entdeckung, die nun häufiger auch daheim erklingen wird. Es ist halt doch immer wieder richtig, in Konzerte zu gehen, auch wenn man nicht genau weiß, was einen erwarten wird. Hier kann man mal reinhören…

Das gilt auch für die Vorband. Yukazu kommt aus Kreuzberg und stimmt die eigenen Lieder ebenfalls auf Französisch an. Dazu spielt ein Kontrabass, eine Klarinette, Gitarre, Schlagzeug und ein Akkordeon. Ergänzt um die beiden Stimmen der Sängerinnen ergibt das eine Hommage an Frankreich, die Sehnsucht weckt.

Yukazu im Berliner Lido
Yukazu im Berliner Lido