Vielleicht muss man selbst eine intensive Beziehung zum Wasser haben oder zumindest gehabt haben. Denn wer selbst immer und immer wieder gespürt hat, wie das Schwimmen den Körper schmerzen kann, aber auch wie das Bahnen ziehen den Kopf befreien kann, der wird in Leanne Shaptons Buch „Bahnen ziehen“ Seite um Seite Erfüllung und Erinnerung finden.
Leanne Shapton war vor gut 20 Jahren eine einigermaßen erfolgreiche Schwimmerin aus Kanada. Den Sprung in die Olympia-Mannschaft schaffte sie zwar nicht, aber im eigenen Land zählte sie dennoch zu den besten zehn bis 20. Damit konnte sie ihren Traum nicht erleben, aber all das, was das Schwimmen ausmacht, hat sie so intensiv erlebt, dass sie fast vergessen hat zu leben. So, wie es vielen Hochleistungssportlern ergeht.
Inzwischen ist sie eine etablierte Künstlerin, Autorin und Verlegerin. Aber der Weg dahin war nicht einfach. Leanne Shapton zeichnet ihn nach, mit Worten und Bildern. Sie versetzt den Leser in die chlorhaltige Luft der Schwimmbäder, in die Rituale der Wettkämpfe und in den Schmerz des Trainings. Das ist faszinierend, weil sie es reflektiert. Es wird klar, wie die Muster des Schwimmens auch im trockenen Leben eine wichtige Rolle spielten. Und wie wichtig das Bahnen ziehen noch immer ist. Shapton hat die Obsession, in jedes Schwimmbad gehen zu wollen, jeden Pool durchqueren zu müssen.
All das erzählt sie teils ernst, teils ironisch. Sie illustriert es mit eigenen Bildern und macht das Buch so auch zu einem Kunstbuch, das auf einer anderen Ebene als nur der schriftlichen die Monotonie und Meditation, die Erfüllung durch Wiederholung illustriert.
Mehr vom Schwimmen:
Mein Sprungturm
Schwimmen im Salzwasser der Adria
Gefahr beim Schwimmen im See
Hauptsache rüberschwimmen
Schwimmen ohne Wand und Wende
Wassererzählungen: John von Düffel schwimmt wieder
Leanne Shampton meditiert über das Bahnen-Ziehen
Anbaden 2012
Lynn Sherr feiert das Schwimmen in einer persönlichen Kulturgeschichte