Lustvolle Trennung

Abschiedsbild vom Mini
Abschiedsbild vom Mini

Trennungen sind schmerzhaft. Das ist eine Binsenwahrheit. Dass sie auch lustvoll sein können, ist eher selten. Heute habe ich mich mit nur etwas Wehmut getrennt. Vor allem aber mit viel Zuversicht für die Zukunft.

Der kleine Mini war zwei Jahre eine praktische Erleichterung des Alltags. Er stand immer zur Verfügung, machte keine Scherereien und lud immer wieder zu Spontanität ein. Damit ist jetzt Schluss. Der Schlüssel ist abgegeben. Der Weg zurück versperrt. Das Übergabeprotokoll regelt etwaige Zahlungen. Und das alles ganz unbürokratisch.

Ab jetzt heißt es wieder Rad fahren. Und noch mehr Bahn. Und damit wieder mehr Zeit fürs Lesen. Mehr Bewegung. Mehr Offenheit und konkrete Beobachtung des Lebens. Das ist gut. Und allemal eine Trennung wert.

Parsua Bashi zeichnet die Nylon Road ins Exil

Ein Comic über Vertreibung und Exil ist nach wie vor selten. Die Iranerin Parsua Bashi (40) hat mit ihrer autobiografischen Novelle „Nylon Road“ ein wunderbares Buch gezeichnet und geschrieben.

Parsua Bashi war 37 Jahre alt, als sie den Iran verließ. Seit 2004 lebt die Grafikerin in Zürich. Diesen Bruch hat sie auf den 127 Seiten von „Nylon Road“ verarbeitet. Und das mit viel Humor und einem gezielten Strich für das Wesentliche. Sie schildert ihr Leben aus der Perspektive der in die Freiheit geflohenen Frau. Das schafft sie ohne jedes Pathos, weil sie sich selbst immer wieder konfrontiert.

Im Buch unterhält sie sich mit der jungen Parsua, die sich dagegen sträubt, dass ihre Brüder und viele Freunde und Verwandte nach der Machtergreifung der Mullahs 1979 den Iran verlassen. Sie will doch in ihrer geliebten Heimatstadt Teheran bleiben. Die junge Parsua macht der Exilantin Vorwürfe. Sie habe das Land – und damit sich selbst – verraten. Noch härter werden die Selbstvorwürfe, als sie von der Scheidung von ihrem Mann – und von ihrem Kindes erzählt. Denn da sie den selbstgefälligen Mann, der ihr sogar den Kontakt zur eigenen Familie verbot, der ihr die geliebte Arbeit untersagte und sie zu Hause einschloss, nicht mehr ertragen konnte, wagte sie die Scheidung.

Im Iran von heute bedeutet das den Verzicht auf die eigenen Kinder. Denn eine Frau, die sich scheiden lässt, ist bei den muslimischen Machos nicht vorgesehen. Parsua Bashi kehrt ihr Innerstes nach außen. Dabei wahrt sie dennoch Distanz. Sie beleuchtet die Gründe, die für ein Leben im Iran sprechen. Und sie macht unmittelbar erlebbar, was sich junge Menschen in Deutschland gar nicht vorstellen können: die Verhaftung der jungen Frau, nur weil sie zusammen mit einem jungen Mann Farben einkauft; das Getuschel nach der Scheidung; die soziale Ausgrenzung, nur weil sie eigenverantwortlich leben will.

„Nylon Road“ moralisiert nicht. Die gezeichnete Novelle macht das Dilemma des Exils, die Schwierigkeiten beim Einleben im Westen und die Sehnsucht nach dem Teheran der Jugend ganz real erlebbar.

PARSUA BASHI: NYLON ROAD – EINE GRAPHISCHE NOVELLE. KEIN & ABER. 19,90 EURO.