Element of Crime am Lagerfeuer

Element of Crime
Element of Crime

Märkische Oderzeitung: Herr Regener, die CD klingt ein bisschen, als würden sich alte Herren zum Lagerfeuer treffen.

Sven Regener: Wir haben nie Teenie-Pop gemacht. Eine Band mit einem sehr eigenen Stil spielt auch fremde Songs in diesem Stil.

Begibt sich Element of Crime auf Traditionssuche?

In der Summe klingt das vielleicht so. Aber jedes Lied ist unter ganz anderen Umständen aufgenommen worden. 1996/97 etwa hat Polydor den Tribute-Sampler „We love The Bee Gees“ herausgebracht. Wir haben mitgemacht, weil es reizvoll war.

Der Einstieg in die CD mit Freddie Quinns „Heimweh“ wirkt amüsant.

Das passiert mit solchen Songs, wenn sie den Element of Crime-Sound bekommen.

„My Bonnie is over the Ocean“ klingt auch nach Lagerfeuer.

Das Lied ist für Leander Haußmanns Film „NVA“ entstanden. In dem Film ist das eine ganz wichtige Szene. In der Stube singen ihn die Soldaten, bevor der eine von ihnen in die Strafzelle muss.

Würden Sie gern wieder mit großem Orchester spielen?

Das haben wir bei „Fallende Blätter“ auf der CD „Romantik“ gemacht. Aber das ist nicht so interessant. Das ist nur sinnvoll, wenn es wirklich gut zum Song passt – und wenn man es sich vom Budget her leisten kann.

Und was halten Sie von Balkanelementen?

Bläser sind ja nicht unüblich bei uns. Das kann dann schon mal so einen Balkaneinschlag bekommen. Aber das ist nicht immer so beabsichtigt. Das Entscheidende ist auch nicht, dass man immer neue musikalische Möglichkeiten angräbt, sondern dass man neue Songs hat. Ein Lied ist stärker als alles andere. Wenn es gelingt, ein Lied von Freddy Quinn so zu spielen, dass es ein Song von Element of Crime wird, dann ist das interessant.

Der Autorensong macht Element of Crime aber aus.

Ja. Deshalb haben wir diese Coversongs ja nicht auf den regulären Alben veröffentlicht. Wir hatten nur vier Cover-Versionen auf zwölf Alben. Ich würde auch keine Tournee damit machen.

Arbeiten Sie an neuen Texten, Projekten, Büchern?

Wir haben ab Februar eine Tournee, dann noch Festivals. Neue Sachen fangen wir immer erst danach an.

Das ist eine komfortable Situation.

Wenn man anfängt, dem Druck nachzugeben ständig etwas Neues abliefern zu müssen, dann ist das immer schlecht, auch für junge Künstler.

Wie lange hat es gedauert, bis Sie Ihren Stil entwickelt hatten?

Das erste halbe Jahr. Schon auf der ersten Platte ist alles da, was uns ausmacht. Natürlich haben wir danach neue Türen aufgemacht, weitere Möglichkeiten gefunden. Aber immer im Rahmen dieses stilistischen Gerüsts.

MOZ-Interview…

Element of Crime mit frischer Wut

Element of Crime: Immer da wo du bist bin ich nie
Element of Crime: Immer da wo du bist bin ich nie

Die alten Herren werden zornig. Im neuen Album von Element of Crime, das heute in die Plattenläden kommt, pflegt die Band um Sven Regner (48, „Herr Lehmann“) wie immer die hohe Kunst der Melancholie. Aber „Immer da wo du bist bin ich nie“ klingt rotziger und aggressiver als die Vorgänger.

Vier Jahre ist es schon her, dass mit „Mittelpunkt der Welt“ die letzte CD der Berliner Band erschienen ist. Lediglich einige Songs für den Soundtrack von Leander Haußmanns Film „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“ haben sie seitdem aufgenommen. Diese beiden Projekte waren von einer heiteren Melancholie getragen. Das neue Album kombiniert den unverwechselbaren Sound von Element of Crime mit einer neuen Wut.

Das bekommt der Platte. Wo die Songs der letzten Alben noch etwas glatt klangen, wird nun geschrammelt, gepoltert und gestampft. Wunderbare Texte von der nachlassenden Kraft der Liebe, die dennoch weiterlebt, und den verpassten Chancen im Leben zeugen nicht mehr von Altersmilde. Jetzt regen sie sich über den Gang der Dinge wieder auf.

Das macht das ganze Album frisch – und dennoch gewohnt nachdenklich. Wobei das Schmunzeln nicht ausbleibt. Denn die Situationen, die Element of Crime da besingen, kommen einem fast alle bekannt vor. Ob die Geschichte von der Mutter, die ihrem Kind beim Schaukeln zuschaut in „Am Ende denk ich immer nur an dich“ oder der Blick ins Gartencafé mit der schönen Zusammenfassung des Geschehens als „Jammern und Picheln“ in „Kaffee und Karin“: Jeder hat Ähnliches schon erlebt. Aber es so schön auszudrücken, können nur die wenigsten.

Kombiniert mit einer Musik, die mit Anleihen von Folk, Country bis Mariachi einen eigenen stringenten Sound abmischt, entsteht so ein Album, das wieder mehr als eine Eintagsfliege sein wird. Jedes der zehn Lieder ist so aufgebaut, dass man immer wieder Neues entdecken kann – bis hin zum Einsatz von Violine und Kinderchor. Aber nicht, um abgeschmackte Glückseligkeit zu transportieren, sondern um das Schöne im oft mühsamen Leben als Erinnerung im Hintergrund wachzuhalten. Einfach wunderbar.

„Immer da wo du bist bin ich nie“ erscheint bei Universal.

Element of Crime wundert sich über die Liebe

Offensichtlich sind gerade Sven-Regner-Festwochen. Sein neues Buch, Der kleine Bruder, ist herausgekommen
und hat eingeschlagen wie eine Bombe. Und dann ist da noch eine CD ganz frisch auf dem Markt: Robert Zimmermann
wundert sich über die Liebe. Das ist das Album zum aktuellen Film von Regisseur Leander Haußmann.
Sven Regener und seine Element of Crime haben dazu die meisten Stücke beigesteuert. Und so ist die CD ein halbes neues
Element-Album mit etwas Russendisco von Vladimir Vissotski und je einem Stück von Lexy & K. Paul, Amos, Donovan und Ed Csupkay. Aber am stärksten sind Regener und Freunde. Text und Musik knüpfen nahtlos an das letzte Album, Mittelpunkt der Welt, an. Die Melancholie, getragen von leichten Trompetenklängen, durchzieht die Songs. Sie fängt das Leben so ein,
wie es ist: In den einfachen Dingen oft so unendlich schwer und dennoch immer wieder heiter. Genau darin ist Element of Crime so meisterhaft. Im Kontrast mit Lexy & K. Paul oder Amos wird das richtig deutlich. Denn die stören auf dieser ansonsten wunderbaren
CD.

Element Of Crime auf dem Weg zum Mittelpunkt der Welt

Draußen wird es immer früher dunkel. Die Nächte werden länger. November-Depression stellt sich bei manchen ein. Das ist genau der richtige Moment für das neue Element of Crime-Album. „Mittelpunkt der Welt“ heißt die CD, die konsequent den melancholischen Sound der Band fortführt.

Wer also eine Neuerfindung von Sven Regeners Combo erwartet, wird enttäuscht. Aber genau das ist ja das Schöne. Alle zehn Lieder klingen so vertraut: die vielen Moll-Akkorde und die Bläsersätze zur Verstärkung der nachdenklichen Texte. Sven Regener (44) ist der einzig würdige Erbe Rio Reisers (1950 bis 1996). Zwar erlebt der deutsche Text einen Boom, doch diese lyrische Kraft, diese Poesie in der Schilderung des Alltags beherrscht
keiner so wie er. Das gilt für den Nachklang der großen Liebe, für die Desillusionierung des
älter Werdenden, die Regeners Texte bestimmen.

Textlich und musikalisch ist „Finger weg von meiner Paranoia“ der Höhepunkt der Platte. Da bündelt sich das Spiel mit musikalischen Stilen mit einem Becken dominierten
Rhythmus und einem wunderbar lakonischen Text zu einer Hymne an die Eigenständigkeit – auch in der Verarbeitung aller Narben, die einem das Leben so
zufügt.