Nachts um kurz nach zehn. Es ist dunkel. Menschen sind kaum auf der Straße. Und die Zahl der Autos ist auch sehr beschränkt. Ich fahre mit unserem Viano durch Hammelburg. Mein Kennzeichen outet mich als Ostdeutschen. Ich bin also ein Fremder in der fränkischen Kleinstadt.
Das denkt sich auch die Polizei. Sie hält mich an. Ist sehr höflich, als sie um meine Papiere bittet. Und spricht es deutlich aus: „Verkehrskontrolle. Sie fahren mit einem fremden Kennzeichen. Kann ich bitte Ihre Papiere sehen?“ Das ist freundlich und direkt. Genauso wie meine Antwort: „Ich habe keine Papiere dabei. Sie sind in der elterlichen Wohnung.“ „Ach, Sie stammen von hier?“ „Ja, ich bin in Hammelburg geboren.“ „Und bis wann waren Sie dann hier?“ „Endgültig bin ich mit dem Ende des Studiums weg. Aber ich bin war hier auch in der Schule.“
So blänkeln wir hin und her. Wir klären, dass das Auto auf mich zugelassen ist. Von Satz zu Satz wird der Dialekt stärker. Bis wir darauf kommen, dass ich mit einem Kollegen des Polizisten in einer Klasse war. Spätestens dann ist alles klar. Auch wenn ich ein fremdes Kennzeichen habe, gehöre ich doch hier her. Und mit diesem Vertrauen im Rücken, entschuldige ich mich für die vergessenen Kfz-Papiere. Auf die leichte Mahnung, sie in Zukunft dabei zu haben, folgt der schöne Satz: „Sie sind ja eine vertrauenswürdige Person. Schönen Abend noch. Und nichts für ungut wegen der Kontrolle.“
So ist das mit der Heimat. Sie erzeugt ein schönes Gefühl von Vertrauen und Sicherheit – manchmal sogar direkt durch die Polizei.
Mehr Heimat:
(1) Mein Sprungturm
(2) Stänglich vom Schwab
(3) Leberkäsweck
(4) Bilder aus Hammelburg
(5) Schlesisch Blau in Kreuzberg
(6) Danke Biermösl Blosn!
(7) Weinlaub und Weintrauben
(8) Laufwege in Buchenwäldern
(9) Fränkische Wirtschaft
(10) Bamberger Bratwörscht am Maibachufer
(11) Weißer Glühwein
(12) Berlin
(13) Geburtstage bei Freunden aus dem Heimatort
(14) Gemüse aus dem eigenen Garten
(15) Glockenläuten in der Kleinstadt
(16) Italienische Klänge
(17) Erstaunliches Wiedersehen nach 20 Jahren
(18) Federweißen aus Hammelburg
(19) Wo die Polizei einem vertraut
(20) Erinnerungen in Aschaffenburg
(21) Nürnberg gegen Union Berlin
(22) Der DDR-Polizeiruf 110 „Draußen am See“
2 Kommentare