Be Berlin – Be BER – Be Olympia

Berlin ist kreativ. Berlin ist anders. Berlin ist einfach wunderbar. Be Berlin! Das ist der Kern der Stadt. Und das ist auch die Beschreibung für ihn: den Regierenden. Den einzigen Wowereit.

Berlin hat einen Flughafen, von dem nicht geflogen werden kann. Das ist anders. Das ist kreativ. Das können und wollen sich andere Städte nicht leisten. Aber Berlin! Und Brandenburg. Denn der Rand, das Umland ist zwar nicht Berlin. Aber eigentlich wäre man schon gern irgendwie auch Berlin.

Berlin hat einen Bürgermeister. Der ist seit 14 Jahren im Amt. In diesen 14 Jahren ist an diesem Flughafen gebaut worden. Aber fertig wurde er nicht. Stattdessen kostet er so viel Geld, dass nicht ausreichend Lehrer eingestellt werden können. Dass jeder Polizist mit dem privaten Handy telefoniert, weil sonst die Polizeiarbeit zusammenbrechen würde. Und dass kein Geld für wichtige neue Investitionen da ist.

Und was macht der Wowereit? Er ist kreativ! Er hält sich nicht mit Sachzwängen auf. Er greift nach den Sternen. Oder besser gesagt nach den olympischen Ringen! Besser von Olympia träumen, als vom Chaos-Flughafen zu reden, denkt er sich. Und wenn das nicht reicht, dann kommt sein größter Coup: Dann rückt er mit seinem eigentlichen Plan heraus. Dann kommt die umtimative Olympia-Idee: Olympia auf dem BER – oder kurz OlymBer! Die Spiele mit der besten Verkehrsanbindung überhaupt. Hallen bis zum Abwinken. Shopping-Mall im OlymBer-Gelände. Und was noch fehlt, wird Ruckzuck aufgebaut. Das ist kreativ. Das ist innovativ. Das ist anders. Be Berlin!

Wenn der Staatssekretär vom Steuervernichter Wowereit Steuern hinterzieht

Wie nennt man es, wenn ein Aufsichtsratschef einen Flughafen in den Sand setzt? Und wenn er das finanzielle Desaster, für das er (mit-) verantwortlich ist, vom Steuerzahler finanzieren lässt? Nennt man das einen Skandal? Nein! In Berlin nennt man das politische Verantwortung. Oder auch Wowereit, Klaus Wowereit. Der zwar als Aufsichtsratschef zurücktrat, aber nicht als Regierender Bürgermeister. Warum auch? Es handelte sich ja nur um einige Hundert Millionen Euro, die allein Berlin zuzahlen musste. Geld, das in Schulen fehlt. Oder bei der Polizei, die ohne die von den Polizisten privat finanzierten Handy schon längst eine wesentlichen Teil der innerbetrieblichen Kommunikation eingestellt hätte. Weil der Dienstherr sich das nicht leisten kann.

Und wie nennt man es, wenn der oberste Wahlbeamte der Stadt erfährt, dass sein wichtigster Mitarbeiter über Jahre Steuern hinterzogen hat? Wenn also sein André Schmitz sich vom Steuerzahler finanzieren lässt, selbst aber zur Finanzierung des Staatswesens nicht so viel beitragen will, wie es das Gesetz vorsieht? Wenn also ein Sozialdemokrat, für den die soziale Verantwortung des Einzelnen für das Gemeinwohl die zentrale Konstante allen politischen Handelns ist – denn deshalb ist er ja einst in die SPD eingetreten, sich einen feuchten Kehricht um genau dieses Gemeinwohl schert, sobald es ihm persönlich etwas kostet? Nennt man das einen Skandal? Wir vielleicht. Aber nicht Klaus Wowereit. Der macht den Deckel drauf. Und bezeichnet seinen Staatssekretär als „hochverdient“.

Aber in einer Stadt, in der Wowereit wieder Aufsichtsratsschef seines Pleite-Fughafens BER werden kann, wäre es auch tatsächlich zu viel verlangt, wegen einiger Tausend Euro Steuerhinterziehung zurückzutreten. Da gilt das altes Sprichwort: „Wie der Herr, so sein Gescherr“. Wenn der Herr keine politische Verantwortung übernimmt und fröhlich weiter dilettiert, warum sollte das sein Staatssekretär?

P.S. Die Kapitalertragssteuer ist eine Steuer, deren Einnahmen zwischen Bund und Ländern aufgeteilt werden. Wenn der Schmitz die gezahlt hätte, hätte er sich also quasi selbstfinanziert. Das geht natürlich nicht. Das wäre ja so absurd wie eine Berliner Stadtregierung, die mit Geld umgehen kann. Oder ein Regierender, der weiß, was politische Verantwortung bedeutet…

Politische Kommunikation (3) – Kommunikations-Versagen beim Flughafen Schönefeld

Politische Kommunikation – oder Wie sage ich es den Bürgern?

Zusammenfassung meines Vortrags bei einem Workshop vom „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ und „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“ am 24. September 2011 in Kassel.

Politische Kommunikation (1) -Einführung
Politische Kommunikation (2) – Kommunikations-Versagen bei Stuttgart 21

Kommunikations-Versagen: Flughafen Schönefeld

Wenn man es drastisch ausdrücken will, dann werden die Menschen im Umfeld des Flughafens Schönefelds seit 1998 angelogen. Stimmen die Meldungen, dass das Brandenburgische Infrastrukturministerium schon seit 1998 weiß, dass es keinen parallelen Flugbetrieb auf den beiden neuen Startbahnen geben darf, dann trifft der Ausdruck zu. Denn nach EU-Recht ist ein Abknicken um 15 Grad Pflicht. Das Planfeststellungsverfahren ist aber vom Parallelbetrieb ausgegangen.

Das hatte zwei dramatische Folgen: Zum einen durften sich viele vom Fluglärmbetroffene am Planfeststellungsverfahren nicht beteiligen. Sie wurden aufgrund einer falschen – wahrscheinlich sogar bewusst falschen – Annahme von den Auswirkungen des Flughafens ausgeschlossen. Sie haben ihre Partizipationsrechte verloren. Zum anderen haben aufgrund der falschen Auskunft Tausende, ja Zehntausende Berliner und Brandenburger ihr Vermögen in Grundstücke und Häuser in der falschen Annahme investiert, sie seien vom Fluglärm nicht betroffen. Diese Bürger haben sich bei Ämtern und Ministerien erkundigt, ob sie der Fluglärm treffen wird und bekamen stets die Aussage, dass die Fluglärmkarte des Parallelbetriebs gelte. Sie fühlen sich alle angelogen und befürchten die de facto Teilenteignung.

Der Vertrauensverlust in die Politik ist so groß, dass sich viele aufgrund dieser persönlichen negativen Erfahrung abwenden. Der Großteil von ihnen ist besser gebildet, sehr viele mit Hochschulabschluss, und er ist finanziell so gut gestellt, dass er sich ein Haus leisten kann. Eigentlich handelt es sich dabei um genau die, die das Rückgrat einer demokratischen Gesellschaft bilden. Jedem wird bei diesem Beispiel sofort klar sein, dass der Versuch, es den Bürgern zu sagen, vollkommen gescheitert ist. Verstärkt wurde das Desaster noch durch die Auftritte von Ministerpräsident Platzeck und Bürgermeister Wowereit bei den Demonstrationen gegen die neuen Flugrouten. Sie versprachen den Bürgern, dass Lärmschutz wichtiger sei als Wirtschaftlichkeit.

Das Problem: Es gibt nur zwei Hebel, um dieses Versprechen umzusetzen. Der eine wäre eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Flugsicherheitsgesetzes, in dem ganz klar steht, dass erst die Sicherheit, dann die Wirtschaftlichkeit und als drittes der Lärmschutz beim Betrieb eines Flughafens kommt. Im Gesetz müsste nur zweitens mit drittens getauscht werden und schon könnte das Versprechen der Landesväter gehalten werden. Der zweite Hebel, um das Versprechen zu halten, wäre ein Antrag im Aufsichtsrat der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH (FBS), der festlegt, dass der Lärmschutz priorisiert wird. Da beide in diesem Gremium sitzen, wäre das möglich. Beides ist nicht passiert. Obwohl sie Abhilfe versprachen, haben sie nicht da gehandelt, wo es zur Durchsetzung des Versprechens möglich wäre.

Da der Sachverstand der Bürger massiv gestiegen ist, wissen sie um diese Lüge, die zweite Lüge nach der Parallelbetrieb-Lüge. Ein größeres Desaster in der Kommunikation ist gar nicht darstellbar. Wer so agiert, darf sich über Widerstand nicht beklagen. Auch bei Schönefeld ist das Engagement der Bürger sehr groß. Es ging so weit, dass von einem Bürger eine Abflugroute vorgeschlagen wurde, die viel Lärm vermeidet. Die Hoffmann-Kurve ist inzwischen Bestandteil des Routenkonzeptes. Auch hier gilt also, dass Protest mehr ist als Nein-Sagen. Er ist Engagement, über das sich die Politik freuen müsste.

Auch im Fall Schönefeld hat es sehr lang gedauert, bis in den Medien die Veranwortlichkeiten benannt wurden. Die Handlungsoptionen der Politik wurden allerdings kaum klar dargestellt. Der Vertrauensverlust schlägt sich inzwischen auch in Meinungsumfragen nieder. In der jüngsten von rbb und Märkischer Allgemeinen hat sich die Zahl derer, die nicht einmal mehr bei Umfragen angeben will, wen sie am kommenden Sonntag wählen könnte, von circa 15 auf 30 Prozent gestiegen. Das liegt sicherlich nicht nur an Schönefeld, aber das Zeichen ist dramatisch. Vor allem als Zeichen vielfachen dramatischen Kommunikations-Versagens von oben.

Fortsetzung des Vortrags:
Politische Kommunikation (4) – Kommunikations-Versagen bei den Stromtrassen
Politische Kommunikation (5) – Veränderte Rolle der Tageszeitungen
Politische Kommunikation (6) – Gefährdete Öffentlichkeit in Mecklenburg-Vorpommern
Politische Kommunikation (7) – Wie lässt sich regionale Öffentlichkeit dennoch herstellen?
Politische Kommunikation (8) – Piraten als Ausdruck veränderter Kommunikation
Politische Kommunikation (9) – Bürgerengagement im Netz

Verantwortlich für das BBI-Chaos ist die 
Politik, nicht 
die Flugsicherung

Fast täglich finden rund um Schönefeld Demonstrationen und Diskussionen statt. Der Unmut über die Flugrouten-Unsicherheit treibt Menschen auf die Straße, die noch nie demonstrierten. Und er fördert den Verdruss an der Politik, der eine Dynamik wie in Stuttgart entwickeln kann.

Das liegt am Umgang der Landesregierungen und des Bundeswirtschaftsministers mit den Empfehlungen der Flugsicherung. Alle erwecken den Eindruck, als sei die Behörde für die Verunsicherung verantwortlich, obwohl sie nur geltendes Recht umzusetzen versucht. Recht, das die drei nicht kannten oder aber ignorierten.

Statt sich der eigenen Verantwortung zu stellen, wird die Fluglärmkommission aufgestockt. Jetzt sollen 34 statt 17 Mitglieder in dem Gremium beraten. Aber im Luftverkehrsgesetz steht eindeutig, dass nicht mehr als 15 Mitglieder in der Kommission sein sollen. Dieser erneute Dilettantismus im Umgang mit geltendem Recht lässt den Eindruck aufkommen, dass die Regierungen Platzeck und Wowereit entweder nicht wissen, was sie tun oder aber bewusst falsch spielen.

Das gilt auch für das Machtwort von Verkehrsminister Ramsauer. Der ist zwar der Vorgesetzte der ihm unterstellten Flugsicherung. Aber er selbst hat keinen Einfluss auf die Gestaltung der Flugrouten. Dafür gibt es internationale und nationale Regeln, an die sich alle halten müssen. Auch wenn der Minister das vielleicht nicht weiß.

Im Aufsichtsrat des Flughafens sitzen Platzeck und Wowereit mit je zwei weiteren Regierungsmitgliedern. Für Ramsauer ist dessen Staatssekretär im Gremium. Wenn ihnen als Eigentümer der Lärmschutz so wichtig ist, wie sie behaupten, dann müssen sie die Wirtschaftlichkeit des Flughafens einschränken. Ein Verzicht auf parallele Starts würde die Lage sofort beruhigen. Denn dann könnten die alten Flugrouten gelten.

Doch offensichtlich scheuen sich die Verantwortlichen, Verantwortung zu übernehmen. Dass der Flughafen am falschen Ort gebaut wurde, ist inzwischen jedem klar. Das Dilemma, das daraus entstanden ist, lässt sich nur lösen, wenn die politisch Verantwortlichen endlich offen über ihre Fehlentscheidungen und ihre Ziele diskutieren.

MOZ-Kommentar…

Scheinlösung für BBI

Kaum hat die Fluglärmkommission das Beste aus der verfahrenen Situation in Schönefeld gemacht, schon jubilieren die Landesregierungen. In der Tat sind die vorgeschlagenen Flugrouten vor allem für Berlin gut. Doch das Umland befrieden sie nicht.

Der Flughafen Berlin-Brandenburg-International wird am falschen Ort gebaut. Wer in dicht bevölkertem Gebiet einen Flughafen betreiben will, muss zwangsläufig viele Menschen mit Fluglärm belasten. Wer dann noch wie Berlins Regierungschef Klaus Wowereit weiter vom internationalen Drehkreuz schwadroniert, darf sich nicht wundern, wenn ihm die Betroffenen nicht vertrauen.

Sie alle wissen inzwischen, dass Flugrouten für den BBI nur Empfehlungen sind, die Fluglotsen aushebeln können. Sie wissen auch, dass sie geändert werden können, wenn die Wirtschaftlichkeit es erfordert – auch wenn Matthias Platzeck und Klaus Wowereit den Fluglärmgegnern maximalen Lärmschutz versprochen haben. Wer aber der Wirtschaft ein internationales Drehkreuz verspricht und den Betroffenen besten Lärmschutz, kann nicht die Wahrheit sagen. Und somit die Region nicht befrieden.

MOZ-Kommentar…