Peter Robb erklärt Sizilien in all seinen Dimensionen

Peter Robb: Sizilianische Schatten„Sizilianische Schatten“ heißt ein Buch über Sizilien, das den Leser so gefangen nimmt, wie es die Mafia mit der sizilianischen Gesellschaft einst tat. Peter Robb, ein Australier, der mehr als 15 Jahre in Süditalien und auf Sizilien lebte, ist der Autor dieser fulminanten Reportage.

Leider gibt es das Buch nicht mehr im Buchhandel. 2000 ist es bei DuMont erschienen, vier Jahre nach der englischen Erstveröffentlichung. Auch wenn es also über 20 Jahre alt ist, hat es nichts von seiner Faszination verloren. Es lohnt sich, beim ZVAB auf die Suche nach einem antiquarischen Band zu gehen.

Denn Peter Robb gelingt es wunderbar, Kunst, Geschichte, Essen, Reisen und die Geschichte der Mafia so miteinander zu verknüpfen, dass man als Leser immer weiter lesen will. Seine subjektiven Erfahrungen, seine Gespräche, die er mit Leoluca Orlando, dem damaligen und auch derzeitigen Bürgermeister von Palermo, oder mit Freunden und Bekannten führte, eröffneten ihm einen besonderen Blick auf die Insel, ihre Bewohner und die sizilianische Gesellschaft. Aber all dies wäre nichts, wenn Peter Robb nicht auch gut schreiben könnte. Es gelingt ihm, das subjektive Erleben durch gründliche Recherchen zu objektivieren.

Egal ob er über Kunst schreibt oder über das köstliche Essen Siziliens, immer spinnt er Fäden seiner großen Erzählung über die Entstehung, Wirken, Morden und Herrschen der Cosa Nostra in die Betrachtung ein. So entsteht ein Netz aus Bezügen, die den Leser immer wieder darüber erschrecken lassen, wie tief die sizilianische Gesellschaft von der organisierten Kriminalität durchdrungen war. Besonders eindringlich sind die Passagen, in denen er sich dem Anti-Mafia-Kampf widmet. Robb lässt einen an den Verwicklungen Andreottis teilhaben. Er erklärt, wie die Mafia durch die Landung der amerikanischen Streitkräfte 1943 in Sizilien in eine besondere Rolle kam, von der sich die Insel Jahrzehnte lang nicht erholte. Vor allem aber würdigt er die Staatsanwälte, Richter und Polizisten, die sich trotz Widerstandes der Politik und bei Bedrohung des eigenen Lebens nicht davon abhalten ließen, gegen das kriminelle Geschwür zu kämpfen. Und wie der Carabinieri General Dalla Chiesa oder die Staatsanwälte Falcone und Borsellino auch tatsächlich ermordet zu werden.

Aber Peter Robbs Buch ist viel mehr als diese Geschichte der Mafia. Es ist eine Liebeserklärung an das Marktleben in Palermo. Es macht Lust auf all die köstlichen Gerichte, an die er uns teilhaben lässt. Es öffnet den Blick für die außergewöhnliche antike Kunst der Insel, für Autoren wie Leonardo Sciascia, der den ersten Roman über die Mafia schrieb, und Künstler wie Renato Guttuso, der sein Sizilien immer wieder auf die Leinwand bannte. Auch wenn das Buch schon 20 Jahre alt ist, enthält es eine Fülle von Lese-Tipps. Und das alles ganz unaufgeregt, sondern erfreulich empathisch. Eine große Reportage, die für jeden spannend zu lesen ist. Für Sizilien-Reisende allerdings sollte das Buch ein Muss sein. Ich zumindest bin demjenigen, der es mir empfahl und sogar schenkte, sehr dankbar dafür!

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