Ein Trip auf Pilzen serviert Martin Suter in diesem Buch aus dem Jahr 2000. Erfolgreicher Wirtschaftsanwalt kommt in die Midllife Crisis, trennt sich von der Lebensabschnittsgefährtin und verliebt sich eine sehr viel jüngere Frau, die noch dazu so ganz anders ist als die bisherige. So weit, so gewöhnlich. Martin Suter aber entwickelt aus diesem Stoff, in dem viele Leserinnen und Leser Geschichten aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis oder sogar des eigenen Erlebens erkennen können, einen ganz außergewöhnlichen Krimi.
Denn der Pilztrip, den der Anwalt mit seiner jungen Flamme einwirft, löst bei ihm ganz katastrophale Veränderungen in der Psyche aus. Der Anwalt begreift dabei ganz rational, was mit ihm geschieht, aber er kann sich dem nicht immer entziehen. Sein bisher gezügelter Jähzorn bekommt er nicht mehr in den Griff. Martin Suter legt alle seine Bücher gleich an. Etwa 100 Seiten zieht er seine Leser in ein Szenario. Dann kommen gut 100 Seiten, in denen sich die Lage immer weiter zuspitzt. Und schließlich kommen 100 Seiten, in denen alles auf den unvermeidlichen Höhepunkt zu läuft.
Wie dieser Höhepunkt aussehen muss, weiß der Leser im Rückblick ganz genau. Denn im Text sind immer wieder Hinweise darauf eingewoben. Aber wenn man den Krimi liest, nimmt man diese nicht unbedingt wahr. Erst wenn man mit dem Buch durch ist, liegt alles klar vor einem. Dann ergeben all die pilzkundlichen Hinweise einen Sinn. Und all die Personen, die im Laufe der ersten 250 Seiten eingeführt wurden, erscheinen in dem Licht, das Martin Suter wollte. Dabei sind für den Leser durchaus Überraschungen eingebaut.
„Die dunkle Seite des Mondes“ ist ein spannender Roman, der erst auf dem zweiten Blick zum Krimi wird. Er überzeugt auch 15 Jahre nach dem Erscheinen noch, weil der Autor alles sehr penibel durchkomponiert hat. Auch wenn die gesellschaftlichen Aspekte des Buches heute eher noch dringlicher sind als damals. Ich habe das Buch verschlungen – und kann mich bei der Schenkenden nur herzlich bedanken!