Gefunden habe ich ihn in einer Mappe meines Großvaters. Zusammen mit einigen Fotos meines Urgroßvaters. Die letzte Ausgabe des „Vorwärts“ vom 28. Februar 1933 ist damit nicht nur von ihm aufbewahrt worden. Auch sein Sohn und dessen Sohn – mein Vater – bewahrte diese Zeitung auf. Allen war klar, wie einschneidend der Reichstagsbrand war. Und was es bedeutete, dass der Vorwärts nach dieser Ausgabe endgültig verboten wurde.
1899 ist mein Urgroßvater Mitglied der Gewerkschaft geworden. Sozialdemokrat war der Berliner Gießer-Meister auch. Als solcher hat er die Parteizeitung sicherlich zugestellt bekommen. Er hat diese Ausgabe stets aufgehoben. Nach seinem Tod ist sie zum Glück nicht weggeworfen worden. Mein Großvater hat sie auch bewahrt und mein Vater dann ebenfalls. Wenn man bedenkt, was alles in den Müll wandert, wenn ein Nachlass sortiert wird, dann ist das eigentlich erstaunlich. Doch offensichtlich haben alle drei – trotz unterschiedlicher Lebenswege – die zehn Zeitungsseiten, in denen noch zu den nächsten Demonstrationen und Kundgebungen der SPD und der Gewerkschaften im März 1933 aufgerufen wurde, als Mahnung begriffen. Keine dieser Demos hat mehr stattgefunden. Etliche der angekündigten Redner wurden umgehend inhaftiert.
Insofern ist dieser geerbte Vorwärts auch ein Stück Verpflichtung für mich. Am Samstag versuchen Neonazis in Frankfurt (Oder) aufzumarschieren. Das wird ihnen hoffentlich nicht gelingen. Dieser Vorwärts, den ich am vergangenen Wochenende fand, bestärkt mich, ihnen nicht den Bahnhof und die Straßen der Stadt zu überlassen.
Hallo Herr Fischler,
vielen Dank für Ihre interessanten Kommentare. Auch auf die Gefahr hin, dass meine Geschichte nicht mehr stimmen könnte, nenne ich Ihnen gern das Format: 37,7 cm x 53 cm. Das Blatt besteht aus zehn Seiten in zwei Büchern.
Viele Grüße, Andreas Oppermann
Hallo Herr Oppermann,
vielen Dank für die schnelle Antwort. Nach dem Format handelt es sich um den Orbis-Nachdruck von 1973 (Orbis gehörte zu Bertelsmann-Gütersloh). An der großen Bedeutung der Vorwärts-Ausgabe vom 28. Februar 1933 und dem ausgeprägten Geschichtsbewußtsein Ihrer Vorfahren ändert sich dadurch wenig. Die Ausgabe lag ja zeitgeschichtlich gesehen im richtigen Ordner.
Selbst der Orbis-Nachdruck ist sehr selten erhalten geblieben und meistens entsorgt worden. Weshalb mich Ihr Fund besonders interessierte: Eichwalde, wo ja auch Ihr Großvater gelebt hat, liegt am Stadtrand von Berlin und war Gebiet der ehemaligen DDR. Dort ist ein West-Nachdruck im Familienarchiv nicht unbedingt zu erwarten.
Beste Grüße und nochmals besten Dank
Hersch Fischler
Ergänzend ist noch anzumerken, dass 1973er Reprints der Vorwärts-Ausgabe vom 28. Februar 1933 selbst von Bibliothekaren, Archivaren und Medienhistorikern schon öfters mit Originalen verwechselt und falsch etikettiert worden sind. Vorwärts-Originale von 1933 und davor bekommt man fast in keiner Bibliothek und keinem Archiv mehr in die Hand. Wegen der zeitbedingten Beschädigungen, der Gefahr neuer Beschädigungen, und den hohen Kosten.evtlr. Restaurationsarbeiten. Statt dessen bekommt man Mikrofilme, die keine Informationen über Papier und Format vermitteln. Ein Problem für die Zeitgeschichtsschreibung, das mit der zunehmenden Digitalisierung wohl noch größer werden wird.,
mit allergrößtem Interesse habe ich Ihren Blogeintrag zum Vorwärts vom 28.Februar 1933 gelesen. Diese Ausgabe wurde damals allerdings nicht nur verboten, sondern auf persönliche Anordnung Herrmann Görings noch in der Brandnacht in der Vorwärtsdruckerei beschlagnahmt. Nur wenige Exemplare waren vor dem Eintreffen der Polizei ausgeliefert worden.
Von dieser Vorwärts-Ausgabe hatte es bereits in den siebziger Jahren einen Nachdruck gegeben, der ein bisschen auf alt getrimmt war. Nach dem Foto in Ihrem Blog zu urteilen, könnte es sich bei Ihrem Exemplar aber tatsächlich um ein Original.handeln. Vor kurzem entdeckten Schüler eines altehrwürdigen Erlanger Gymnasiums im Keller ihrer Schulbibliothek historisch wertvolle literarische Schätze und eine Ausgabe des Vorwärts vom 28.Februar 1933. Die Stücke wurden im Stadtarchiv ausgestellt. http://www.diigo.com/annotated/c07f568bfe47da7cc4086e151643adfd Dieser Fund erwies sich allerdings als ein Nachdruck aus dem Jahre 1973 . Der Nachdruck hat ein größeres Format als das Original und ist daran erkennbar.Deshalb meine Frage: welches Format hat Ihr Vorwärts-Exemplar ( Länge mal Breite) in cm?
Hersch Fischler