Ist der Wähler nicht willig, dann zwingen wir ihn. Frei nach diesem Motto diskutiert die Politik nach der schlechten Wahlbeteiligung bei der Europawahl sogar über eine Strafgebühr für Wahlab-stinenz. 50 Euro soll es dem mündigen Bürger wert sein, wenn ihm keine Partei ein Kreuzchen wert ist. Das ist nicht nur blanker Unsinn. Es ist ein Angriff auf das Grundrecht auf Wahlfreiheit, zu dem auch Enthaltung und Verweigerung gehören. Und es ist ein Armutszeugnis. Denn sie macht selbst wählende Bürger nachdenklich, ob solche Politiker tatsächlich wählbar sind.
In die richtige Richtung geht die Forderung nach der Direktwahl des Kommissionspräsidenten. Allerdings müsste dann dem Parlament in Straßburg auch mehr Verantwortung übertragen werden. Denn einen starken Präsidenten muss ein starkes Parlament kontrollieren. Aber selbst diese institutionellen Veränderungen würden die Lust auf Europa nicht steigern, solange die nationale Politik mit Europa nicht ehrlich umgeht. Etwa wenn sie in Brüssel der Antidiskriminierungs-Richtlinie zustimmt, zuhause aber mit Schaum vor dem Mund dagegen ankämpft.