Seit zehn Jahren schwimme ich in diesem See. Immer wieder musste ich mit anhören, wie gefährlich es sei, über ihn hin und her zu schwimmen. All die Boote könnten mich übersehen. Ein Unfall hätte schlimme Konsequenzen. Und überhaupt. Wenn schon, dann wäre es doch besser, quer zum Ufer zu schwimmen. Da könne nichts passieren.
Heute bin ich quer zum Ufer geschwommen. Rüber zum Bootshaus und zurück. Das zumindest war der Plan. Das Wasser war angenehm kühl, gar nicht mehr so kalt wie vor einer Woche. Die Arme waren etwas schwer, jeder Zug kostete Kraft. Und dennoch hat jeder dieser Züge gut getan, hat das Einatmen alle vier Züge bis tief in die Lungen und ins Zwerchfell den Rumpf mit neuer Energie gefüllt, hat das Ausatmen in den See erleichtert. Auch wenn der Bewegungsablauf nicht ganz rund war, setzte diese schöne Befreiung vom Denken ein. Nur die Muskeln und der Atem und das Wasser waren wichtig.
Bis ein Schmerz an Kopf und Ellenbogen die Monotonie der Anstrengung zerstörte. „Pass doch auf!“ ist das Erste, was ich danach wahr nehme. Über mir liegt ein junger Kerl auf einem Surfbrett und paddelt mit beiden Armen. „Wer muss hier aufpassen?“ frage ich. „Na Sie. Ich kann doch nicht bremsen.“ Ich bin sprachlos. Wie soll der Schwimmer ein lautloses Surfbrett, das von hinten kommt, wahrnehmen? Aber da ist er auch schon weg. Der Kerl, der nach zehn Jahren Schwimmen im See die erste wirkliche Gefahr für mich war. Und das auf der angeblich so sicheren Strecke quer zum Ufer.
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