Alles in Plastik. Milch in Plastikflaschen, Wasser in Plastikflaschen, Bier in Plastikflaschen. Wie in vielen anderen Regionen Europas, der Welt wird in Istrien fast nur noch in Plastik abgefüllt. Natürlich mit Pfand. In Vorbereitung auf den EU-Beitritt wurde die entsprechende Richtlinie der Kommission umgesetzt. Und dennoch geben die meisten Touristen ihre Flaschen nicht ab. Sie sammeln sich in großen Müllcontainern vor dem Zugang zum Strand, sie werden in Mülleimer geschmissen oder sie bleiben einfach liegen.
Aber nicht lange. Dann kommen Pfandflaschensammler und packen sie in große Säcke. Oder es fahren Pärchen mit ihren Autos an die großen Container vor den Stränden und durchsuchen sie nach den Flaschen. Ganze Autoladungen bringen sie dann in den nächsten Merkator oder einen anderen Supermarkt. Andere arme Menschen, meist ältere, schleppen ihre großen Müllsäcke in die Läden. Die wenigen Kuna, die sie dafür bekommen, bessern die Renten auf.
Auch in Berlin oder im RegionalExpress nach Frankfurt (Oder) gibt es sie, diese armen Menschen, die den Wohlstandsmüll der anderen durchsuchen, um einige Cent oder Euro damit einzunehmen. Das Pfand ist für sie, die ausgegrenzt sind, weil sie sich vieles nicht leisten können, weil ihnen das Nötigste zum Leben fehlt, eine Einnahmequelle. Sie nehmen den Müll der Touristen, der Pendler, denen der Transport der pfandpflichtigen Flasche zu mühsam ist, um etwas besser zu leben. Ja, sie entwürdigen sich, indem sie im Müll kramen, um etwas würdevoller zu leben.
Und wir? Wir schauen betreten weg, wenn uns in Istrien, im Zug oder am Bahnhof jemand begegnet, der Flaschen aus Mülleimern oder -containern sucht, um sich die paar Cent zu ersammeln, die sein Leben erträglicher machen. Wir wollen diese Armut nicht sehen. Und doch ist sie da. Im Urlaub, daheim und überall.