Im letzten Vorwärts, der am 28. Februar 1933 erschienen ist, finden sich neben der politischen Analyse des Reichstagsbrandes auch spannende Anzeigen. Einige zeugen vom normalen Fortgang des Lebens einen Monat nach der Machtübernahme der Nazis. Da wird zu Starkbierabenden und zu Faschingsveranstaltungen in Berlin geladen. Mit der Normalität ist es in der Folge des Reichstagsbrandes dann vorbei. Das gilt aber nicht für die Lebensmittelpreise.
Besonders spannend finde ich die Fleischpreise. Kalbsbrust ist deutlich billiger als Schäufela. Rinderherzen werden ganz selbstverständlich angeboten (wo stehen heute noch Innereien in einer Anzeige) und dass fetter Speck (das ist der weiße Speck ohne Fleisch) fast genauso viel kostet wie Mettwurst.
Auch damals gab es schon Zitrusfrüchte im Februar. Und die sind pro Pfund sogar günstiger als die lange gelagerten Äpfel.
Sarah Wiener (46) ist gern unterwegs. Schon mit 17 trampte sie quer durch Europa. Ihre Leidenschaft Kochen hat sie zum Beruf gemacht. Für den Sender arte war sie kreuz und quer durch Frankreich unterwegs, um im Land der Feinschmecker bei herausragenden
Köchen deren Rezepte kennenzulernen. Dabei musste sie Tiere schlachten, Käse machen und Weintrauben pressen.
Frau Wiener, wo schmeckt es besser? In Österreich oder Frankreich?
So pauschal kann man das natürlich nicht sagen! Ich komme aus Österreich und liebe die
österreichische regionale Küche sehr – die österreichische Mehlspeisenküche hat Weltklasse und ist meiner Meinung nach ungeschlagen. Andererseits ist Frankreich ein so vielfältiges und klimatisch unterschiedliches Land, dass wirklich jeder etwas finden kann, was er liebt. Besonders natürlich auch alles, was aus dem Meer kommt.
Warum? Wird die österreichische Küche nicht unterschätzt?
Österreich ist ein kleines Land. Die Küche hat aber einen sehr guten Ruf – und das zu Recht.
Aber mit Arte waren Sie in ganz Frankreich unterwegs, um zu kochen. Welche Aufgabe war die schwerste?
Die Tiere zu schlachten, hat mir schon etwas zu schaffen gemacht – und manchmal das frühe Aufstehen, um dann körperlich hart zu arbeiten, wie auf dem Fischkutter oder Käse herzustellen.
Vielen Leuten sind Innereien ein Gräuel. Wie erklären Sie denen, dass zwischen Leber und Herz echte Leckereien stecken?
Einfach probieren – und dann nochmal.
Gibt es etwas, vor dem Sie sich richtig ekeln?
Verdorbenes Fleisch und lebendige Tiere hinunterzuwürgen.
Was ist der Unterschied zwischen den beiden Büchern „Meine kulinarische Reise durch Frankreich“ und „Frau am Herd“?
Das erstere ist ein Reisebericht mit allen französischen Rezepten und meinen eigenen Erfahrungen. Das letztere ist ein reines Kochbuch mit Warenkunde, quer durch Europa, mit den unterschiedlichsten Rezepten, die ich alle sehr mag und die relativ gut nachkochbar sind.
Und auf was sollten wir alle beim Einkaufen Ende November unbedingt achten?
Worauf Sie auch in den anderen Monaten achten sollten: Frische, Saisonalität wenn möglich, kleine Produzenten und Fleisch aus artgerechter Tierhaltung.
Dieses Interview ist am 28. November 2008 in 20cent erschienen.