Elfershausen macht gegen die Nord-Süd-Stromtrasse mobil

Elfershausen macht gegen die Nord-Süd-Stromtrasse mobil

Bild 1 von 10

Elfershausen macht gegen die Nord-Süd-Stromtrasse mobil

Die Transparente sind in Elfershausen nicht zu übersehen. Überall im Ort gibt es Hinweise auf die große Nord-Süd-Stromtrasse, die entlang der A 7 das Saaletal nach dem Willen der Bundesregierung queren soll. Der Unmut über die Verschandelung der Landschaft ist groß. Und damit auch der Unmut über die Energiewende.

Wer durch das Dorf geht, sieht auf vielen Haus- und Scheunendächern Photovoltaikanlagen. Erneuerbare Energien sind den Elfernshäuserern also nicht fremd. Hier erzeugen sie regenerativen Strom, nutzen die Chancen, die vor allem unter rot-grün für Häuslebauer und Landwirte geschaffen wurden. Grüner Strom für gutes Geld. Sie sind Teil einer Bewegung, die Deutschland zu dem Land gemacht, in dem der Umstieg von Atom- und Kohlestrom auf Sonne, Wind, Wasser und Biogas den großen Energieversorgern das Leben schwer macht.

Keine 30 Kilometer südlich von Elfershausen ist das Atomkraftwerk Grafenreinfeld. Es soll im Mai 2015 stillgelegt werden. Schweinfurts Industrie benötigt auch dann noch sehr viel Strom. Mengen, die von den tatsächlich sehr vielen Solaranlagen auf den Dächern der Region nicht gedeckt werden können. Und weil Grafenreinfeld kein Einzelfall in Bayern ist, könnte es dort in den kommenden Jahren zu Stromengpässen kommen. Deshalb will der Bund den Windstrom von der Küste, aus Schleswig-Holstein, Brandenburg oder Niedersachsen und von den projektierten Offshore-Windparks mit der großen Nord-Süd-Stromtrasse mach Bayern bringen.

Eine Idee, die angesichts des aktuellen Situation gar nicht so falsch ist. Aber nur, wenn man vergisst, wie in den vergangenen 15 Jahren die Diskussion über die Energiewende lief. Da waren es vor allem CSU, CDU und FDP, die verzögerten, wo es nur ging. Jetzt sind es genau die Vertreter dieser Parteien, die den Widerstand gegen die Stromtrassen anführen. Und die Aktivisten der Energiewende, die stets für eine dezentrale Energieversorgung stritten, stehen auf einmal als die Verteidiger der Stromtrassen da. Denn die Blockade des frühen Umbaus des Energiesystems von zentral auf lokale und dezentrale Versorger führte dazu, dass es jetzt zu wenig Stromversorgung – gerade in Bayern und Baden-Württemberg – vor Ort gibt, um das Wegfallen eines Atomkraftwerkes zu kompensieren.

Wer die Energiewende heute also noch immer will, obwohl in der Vergangenheit die Weichen wegen der Blockierer falsch gestellt wurden, muss für die Stromtrassen sein. Und damit für eine weitere Verschandelung des Saaletals. Das ist absurd. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Trassen auch mit billigem Braunkohlestrom verstopft werden. Aber anders wird es nicht gehen. Ärgerlich ist nur, dass sich heute die gleichen Parteien und Politiker gegen die Stromtrasse stellen, die sich in der Vergangenheit gegen den schnellen Umbau des Stromsystems stellten. Und diejenigen, die solche Stromtrassen eigentlich nie wollten, weil sie keine zentralen Versorgunsgeinheiten mehr wollten, sind heute dafür.

Das ist schon seltsam. Und für die Elfershäusener, die keine Stromtrasse im Saaletal wollen, ist das auch kein Trost. Egal, ob sie eine Solaranlage auf dem Dach haben oder nicht.

 

Grüne diskutieren Energiewende

Auf ihrer ersten Sommerkonferenz haben die Brandenburger Grünen am vor allem über nachhaltige Wirtschaftspolitik diskutiert. Bundeschef Cem Özdemir versprach in Beeskow: „2013, wenn wir im Bund wieder Verantwortung übernehmen, machen wir die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke wieder rückgängig.“

Dieses Selbstbewusstsein kam bei den Brandenburger Grünen sehr gut an. Auch wenn es für die meisten anwesenden Parteimitglieder noch ungewohnt ist. Nicht einmal 800 Mitglieder hat die Partei im gesamten Land. Die meisten Aktiven kennen sich. In vielen Stadtverordnetenversammlungen und Kreistagen sind sie nicht einmal in Fraktionsstärke vertreten, etwa in Cottbus oder Oder-Spree. Dort sind sie Fraktionsgemeinschaften mit der SPD eingegangen. Eine eigenständige grüne Politik ist so kaum möglich.

Die meisten der 150 Teilnehmer der Sommerkonferenz am Sonnabend in der Beeskower Burg fühlen sich fast wie auf einem Familienfest. Umso ungewohnter sind die Gäste, die mit ihnen über Nachhaltigkeit, Wirtschaft und Konflikte zwischen Naturschutz und dem Ausbau Erneuerbarer Energien diskutieren.

Ralf Christoffers (Linke), Brandenburgs Wirtschaftsminister, hat die Einladung ebenso angenommen wie Doro Zinke, DGB Vorsitzende Berlin-Brandenburg, oder Kurt-Christian Scheel vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Sie alle suchen den Dialog mit der kleinen Partei, die vor einem Jahr nach langer Pause wieder in den Brandenburger Landtag eingezogen ist. Und natürlich mit der Partei, die bundesweit in den Umfragen derzeit auf bis zu 17 Prozent kommt.

Das derzeitige Hoch der Grünen freut Cem Özdemir auf der einen Seite. Auf der anderen Seite ist er sich bewusst: „Unsere Programme werden jetzt mit dem Taschenrechner gelesen.“ Unrealistische Forderungen sind ihm suspekt. Aber das Beispiel Erneuerbare Energien zeige auch, dass zunächst ungewöhnliche Ideen durchaus realistisch sein können: Heute sei es Konsens, dass die Energiegewinnung vollständig auf Erneuerbare Energien umgestellt werden müsse. Es gehe nur noch um den Zeitpunkt. Als sie das Thema von 20 Jahren erstmals auf die Agenda gesetzt hätten, wären sie nicht ernst genommen worden. Dank grüner Politik wie dem Erneuerbare-Energien-Gesetz arbeiteten heute 300 000 Menschen in der Branche; viele davon in Brandenburg.

Wie diese Rahmenbedingungen weiterentwickelt werden können, bestimmte die Diskussionen des gesamten Tages. Axel Vogel, Fraktionschef der Grünen im Landtag, forderte im Einklang mit Doro Zinke, dass das Vergabegesetz ökologische und soziale Aspekte beinhalten müsse. Der Entwurf der Landesregierung bliebe hinter dem Berlins zurück.

Da der Ausbau von Wind- und Solaranlagen auch Konflikte produziert, haben sich die Grünen in Beeskow auch darauf vorbereitet. Für die Uckermark hatte Vogel dabei einen ungewöhnlichen Vorschlag. Dort gibt es eine Initiative, die den Bau einer überirdischen Hochspannungsleitung unter die Erde verlegt wissen will. In Thüringen wird genau gegensätzlich diskutiert. Deshalb sollten die Projekte einfach getauscht werden. Beide Regionen wären mit dem Netzausbau versöhnt.

Über diesen pragmatischen Ansatz musste Christoffers schmunzeln, will ihn aber aufnehmen. Einen guten Rat hatte er für die Grünen obendrein: „Bei Konflikten hilft nur reden. Nur so können die Menschen überzeugt werden. Aber dann muss auch entschieden werden.“ Für Christoffers heißt das, dass nach Abwägung aller Sicherheitsaspekte Kohlendioxid bei Beeskow gespeichert werden könnte. Auch wenn Initiativen und Grüne strikt dagegen sind.