An einem Flügel mit vier Händen spielen Martha Argerich und Daniel Barenboim schon beeindruckend harmonisch. Aber als sich Barenboim an seinen eigenen Flügel setzt, verschmelzen die beiden zu einer so ungeheuer kraftvollen Einheit, dass sich das Publikum in der Berliner Philharmonie kaum noch zu Husten wagt. Das Duo-Recital von Argerich und Barenboim im Rahmen der Festtage 2017 wird für beide zu einem Triumph.
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Anne-Sophie Mutter nimmt es mit jedem Huster auf
Ein ganz zarter Strich über die Saiten ihrer Violine, ein Hauch von einem Ton, der sich in der ganzen Berliner Philharmonie ausbreitet, ein winziges akustisches Funkeln – und direkt danach ein Aufschrei! Auch der kommt aus der Violine von Anne-Sophie Mutter. Sie erzeugt Kontraste mit ihrem Instrument, wie es nur ganz wenige können. Varianz, Intensität, Melancholie und Freude. Wer sie bei den Festtagen mit der Staatskapelle Berlin unter Daniel Barenboim erlebt, weiß instinktiv, wie außerordentlich dieses Konzert ist.
Gianandrea Noseda turnt auf dem DSO
Die Berliner Philharmonie ermöglicht so schöne Blicke auf das Orchester. Wer seitlich zur Bühne sitzt, kann die Arbeit des Dirigenten ganz anders beobachten als in vielen anderen Konzertsälen, in denen nur der Blick auf den Rücken bleibt. Gianandrea Noseda heißt der Dirigent, der am 29. November 2012 das Deutsche Symphonie-Orchester zum Wohlklang führen will.
Noseda steht nicht nur am Pult. Manchmal tänzelt er, trippelt auf seinen knapp zwei Quadratmetern von rechts, wo er die Bratschen und die Kontrabässe zu lautem und schnellen Spiel mit harten Bewegungen auffordert, und dann nach links, wo er mit zupfender Handbewegung die Harfen ins Spiel bringt. Das ist bei der symphonischen Fantasie „Aus Italien“ von Richard Strauss. Bei diesem gewaltigen Stück führt Noseda nicht nur den Taktstock. Er kämpft mit der Musik, indem er dem Orchester nicht nur sanft die Einsätze andeutet, sondern es geradezu anspringt.
Der extreme Körpereinsatz des Dirigenten, die ausufernden Bewegungen sind sichtliche Anstrengung. Nosedas Mimik spiegelt die Dramatik der Strausschen Klänge ebenso. Und manchmal übertönt das „Ba-Ba-Ba“, mit dem der Gastdirigent den Rhythmus (fast) tonlos mitsingt, die zarten, leisen Partien der Flöten und Fagotte. Das sind Momente der Komik. Da wirkt der Einsatz Gianandrea Nosedas trotz des strengen, hoch geschlossenen Rocks, wie eine Atemübung des Turners, mit der er sich auf die Übung am Reck konzentriert. Und wenn Noseda dann auch noch in die Knie geht, um sich sofort wieder Durchzustrecken, dann rettet ihn nur noch das Geländer am Pult vor dem Sprung auf die Streicher in der zweiten Reihe.
Dann ist es besser, die eigenen Augen zu schließen und sich nur noch auf die Ohren zu verlassen. Auch dann haben die pathetischen Passagen von Strauss etwas Komisches, schrammen sie doch an der Kitschgrenze entlang. Aber ohne den Anblick des auf dem Orchester turnenden Noseda muss ich nur fröhlich schmunzeln – und nicht laut lachen.