Fridericiana (IV) – d’Apriles feines Buch über die Aufklärer im Umfeld Friedrichs

Iwan-Michelangelo D'Aprile: Friedrich und seine Aufklärer
Iwan-Michelangelo D’Aprile: Friedrich und seine Aufklärer

Dieses Buch über die Aufklärung im Umfeld Friedrich II. aus dem Hause der heimischen MOZ hätten die Stadtverordneten von Frankfurt (Oder) mal lesen sollen. Und zwar vor der Abstimmung über den Namen des Karl-Liebknecht-Gymnasiums! Dann hätten sie festgestellt, dass es in Frankfurt Bezüge zu vielen positiven historischen Menschen gibt, die es allemal wert wären Namensgeber einer Schule zu sein – statt des Begründers einer in ihrer Geschichte regelmäßig die Menschenrechte mit Füßen tretenden kommunistischen Partei.

20 knappe Biografien hat der Potsdamer Historiker Iwan-Michelangelo d’Aprile geschrieben. Wobei das Wort Biografie etwas zu groß ist für diese Schlaglichter. Alle porträtierten spielen als Reformer im Zeitalter der Aufklärung in Preußen eine wichtige Rolle. Sie reformieren die Schulen, organisieren Universitäten erstmals wissenschaftlich oder begründen die moderne Staatsführung.

Die 100 Seiten lesen sich schnell, da d’Aprile eine klare Sprache hat. Die vielen Bilder runden den Eindruck von den Männern ab, die für ihr aufgeklärtes Denken oftmals auch persönliche Schwierigkeiten bis hin zur Haft auf sich nahmen. Vor allem nach Friedrich II. Tod war die Gefahr wieder größer, wegen eigenständigem Denken mit dem König oder dem Adel in Konflikt zu geraten.

Einige von ihnen haben an der Viadrina studiert oder lehrten dort. Etwa Christian Thomasius, der nach seinem Wechsel nach Leipzig die erste Vorlesung in Deutsch und nicht in Latein veranstaltete und der für die klare Trennung von Theologie und Wissenschaft eintrat. Eine Tradition, in die sich ein Frankfurter Gymnasium gut stellen ließe. Oder Gotthold Ephraim Lessing, der eine Minna von Barnhelm erstmals in Frankfurt zur Aufführung brachte – und damit dem Bürgertum das Theater eroberte. Auch er wäre ein guter Schulpatron. Oder Hans von Held, der an der Viadrina studierte und einer de wichtigsten Journalisten der Aufklärung war. Auch diese Tradition des Kampfes um Pressefreiheit wäre ein schöner Bezug für ein Gymnasium. Aber auf solche Ideen kamen in Frankfurt (Oder) die Kämpfer für die Aufrechterhaltung der SED-/DDR-Tradition nicht. Kein Wunder, Freiheit ist keine Bezugsgröße für sie. Sehr zum Leidwesen der Schüler.

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Der Alte Fritz in vielen Farben
Der Alte Fritz in vielen Farben

Friederisiko, die Ausstellung zum 300. Geburtstag des Preußenkönigs, zeigt Friedrich II. so bunt und vielseitig wie diese Büsten eines hießigen Künstlers aus dem Museumsshop. Da gibt es Räume über den Politiker, den Mann, das Kind, den Kunstfreund, den Feldherren, den Patriarchen und immer wieder ganz einfach über den Menschen. Mehr kann eine Ausstellung nicht schaffen. Und der Besucher kann das gar nicht alles ausfnehmen. Deshalb bin ich mir sicher, dass ich diese Ausstellung noch mindestens einmal besuchen werde.

Denn der Rahmen für die Jubiläumsschau ist das Neue Palais in Potsdam. Dieses Schloss, das Friedrich als Gästehaus und Zeichen seiner Macht hat bauen lassen, wurde extra restauriert. Etliche Räume waren noch nie zugänglich. Jetzt sind sie es – und sie blenden. Denn sie sind Ausdruck des Kunstsinns Friedrichs, der Verschwendungssucht, des Machtbewusstseins und der Freude am – teils witzigen – Detail.

Die Audio-Guides erklären das alles sehr gut. Die Fassung für Kinder ist aber wieder einmal packender. Hier wird nicht nur doziert, sondern in einem szenischen Gespräch mit gut ausgewählten Tönen eine enorme Anschaulichkeit erzeugt. Die vielen seltenen Exponate tun ein Übriges, um den Besucher gut zu informieren und Friedrich nahe zu bringen. Aber natürlich fordert allein ihre Fülle von mehreren hundert Stück die volle Konzentration des Besuchers. Mir war es für das erste Mal zu viel. Aber ich bin nicht satt. Ich bin nur überwältigt. Das wird sich mit dem Katalog aber bewältigen lassen. Und dann will ich da noch einmal hin. Oder vielleicht sogar zweimal! Und das sieht auch mein Sohn genauso.

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