Im Landkreis Oder-Spree gibt es eine Gemeinde mit dem schönen Namen Siehdichum. Für den Journalisten Uwe Rada ist dieser Name Programm. Er hat das Sieh-Dich-Um ernst genommen. Seine Blicke auf die Region zwischen Oder und Spree, zwischen Lieberose im Süden und Frankfurt im Norden hat er in einem neuen Buch zusammengefasst.
Uwe Rada hat es nach 35 Jahren in Berlin ins Grüne gezogen. Zusammen mit seiner Frau hat er auf der Banhstrecke von Frankfurt (Oder) nach Cottbus den 350-Seelenort Grunow entdeckt. Der gehört zum Amt Schlaubetal und bildet für Rada den Ausgangspunkt für Entdeckungsreisen in die Natur und die Geschichte einer brandenburgischen Landschaft, die nach wie vor am Rand liegt. Hier gibt es zwar sanften Tourismus mit Wanderern und Radfahrerinnen. Aber Massentourismus oder Sonntagsausflügler aus Berlin sind hier eher selten.
Von Grunow ist es nicht weit bis zu einem Flecken, der von den Mnchen in Neuzelle den Namen „Siehdichum“ bekam. Eine gute Stunde dauert es zu Fuß bis zum gleichnamigen Forsthaus, das an einer der schönsten Stellen der Regionen liegt. Für Uwe Rada, der mit 20 Jahren 1983 aus Baden-Württemberg nach Berlin kam und jetzt jwd, als janz weit draußen wohnt, ist vor allem die nahegelegene Oder keine Unbekannte. Über sie hat er vor einigen Jahren ein viel beachtetes Buch geschrieben. Aber die ganze Region zwischen Liebersoe im Süden, Frankfurt im Norden, der Oder im Osten und Beeskow im Westen war für ihn ein eher unbekanntes Gebiet.
23 Kapitel hat der Band „Siehdichum – Annäherung an eine brandenburgische Landschaft“. Uwe Rada nimmt die Annäherung wortwörtlich. Er nähert sich Orten, Wäldern, Bächen und Menschen. Er beobachtet und hinterfragt das Gesehene mit Blicken in alte Chroniken und Geschichtsbücher. Er spricht mit Experten und lernt so, dass diese Region schon immer Grenzregion war. Als nördlicher Teil der Niederlausitz hat sie bis 1815 zu Sachsen gehört. Erst dann wurde sie preußisch. Das wiederum hatte zur Folge, dass alte Handelsbeziehungen wegen neuer Zölle zerrissen wurden.
Uwe Rada referiert solche Fakten nicht. er lässt sie in seine Kapitel, die eigentlich alle für sich einzelne Reportagen sind
, einfließen. Sie dienen ihm zur Reflektion seiner Beobachtungen. So entsteht ein regionalgeschichtliches Buch, das mehr als eine trockene Abhandlung ist. Uwe Radas Buch über die Ankunft und Entdeckung seiner neuen Heimat ist wahrscheinlich auch für sehr viele Bewohner dieser landschaftlich reizvollen Gegend voller Überraschungen. Denn Rada zeigt dem Leser auch, dass selbst ein Wald oder eine Heide, die auf uns unberührt wirkt, das Ergebnis teils Jahrhunderte anhaltender Eingriffe in die Natur sein kann. Genauso wie Seen, die Überbleibsel von frühen Tagebauen sind.
„Siehdichum“ ist ein Buch, das von der Region auf Augenhöhe mit ihren Bewohnern erzählt. Hier wird niemand von oben herab beurteilt. So wie auf den Fotos von Inka Schwand, der Frau von Uwe Rada. Keines ihrer Bilder ist in diesem Stil vieler Fotos Ostdeutschlands, die eine seltsame Mischung von Distanz und Verfall zum Ausdruck bringen. Die Menschen auf Schwands Fotos leben im Jetzt. Sie sind keine Aliens in trostlosen, verlassenen Umgebungen. Sie sind Teil einer Region, die lebenswert ist. Genau davon erzählt diese „Annäherung an eine Landschaft“, in der es sich lohnt, sich umzusehen.