Ein ganz zarter Strich über die Saiten ihrer Violine, ein Hauch von einem Ton, der sich in der ganzen Berliner Philharmonie ausbreitet, ein winziges akustisches Funkeln – und direkt danach ein Aufschrei! Auch der kommt aus der Violine von Anne-Sophie Mutter. Sie erzeugt Kontraste mit ihrem Instrument, wie es nur ganz wenige können. Varianz, Intensität, Melancholie und Freude. Wer sie bei den Festtagen mit der Staatskapelle Berlin unter Daniel Barenboim erlebt, weiß instinktiv, wie außerordentlich dieses Konzert ist.
Das Konzert beginnt mit „Nostalghia“ von Toru Takemitsu. In den Wellen der Schwermut, die das Orchester ergreifend intoniert, flackert mit Mutters Violine immer wieder Hoffnung und zarte Zuversicht auf. Orchester und Solistin harmonieren wunderbar. Auch beim Violinkonzert D-Dur op. 61 von Ludwig van Beethoven bilden beide eine großartige Symbiose. Daniel Barenboim blickt bewundernd zu Anne-Sophie Mutter und lenkt seine Musiker mit Blicken und genauen Gesten. Blicke kommunizieren fast so intensiv wie die Töne und Wechselspiele. Ein Wunderwerk in Tönen.
Wären da nicht de ständigen Huster im Publikum. Zwar lassen sich Mutter, Barenboim und Staatskapelle davon nicht stören. Wobei der Dirigent mehr als einen Moment hat, bei dem ihm die Gesichtszüge fast entgleiten. Aber nur die. Seine Konzentration leidet nicht. Und sein Orchester hat er jeden Takt im Griff.
Aber es nervt, dieses Husten. Es nervt die Akteure. Und es nervt diejenigen, die sich ganz auf den Zauber von Mutters Violinspiel einlassen wollen. Egal wo im großen Saal der Philharmonie, überall sitzt mindestens ein Huster. Und nervt. Vor allem dann, wenn die Mutter einen dieser unglaublich feinen und leisen Töne spielt. Wieviele dieser furchtbaren Huster hat sie wohl erleben müssen? Fast 40 Jahre nach ihrem Bühnendebüt müssen es unfassbar viele sein. Und dennoch hat sie noch nie einen Lungenscanner schon vor der Garderobe gefordert, der all jene aus dem Konzertsaal verbannt, die ihr Spiel so sehr beeinträchtigen – und den Genuss der hustenfreien Mehrheit im Saal.