Als die „Brandenburg-Partei“ preist sich sich die SPD. Und das bei einem Wahlergebnis von schlappen 32 Prozent. Wenn man bedenkt, dass nicht einmal die Hälfte der Brandenburger am Sonntag zur Wahl ging, dann steht folgendes Ergebnis für die Sozialdemokraten im Raum: Lediglich 15 Prozent der Brandenburger haben die SPD gewählt. Wer sich bei einer so miserablen Zustimmung selbst als Brandenburg-Partei preist, leidet an Realitätsverlust, ja an maßloser Selbstüberschätzung.
Brandenburg ist ein tief gespaltenes Land. Gespalten in Wähler und Nichtwähler, in prosperierenden Speckgürtel und abgehängte Peripherie, in leuchtendes Potsdam und depremiertes Eisenhüttenstadt oder Frankfurt (Oder), in wachsende Berlin-nahe Gemeinden und aussterbende Dörfer am Rand. Wer dies mit Marketing-Kleister übertünchen will, wie die selbsternannte Brandenburg-Partei SPD, nimmt die Brandenburger nicht ernst. Viele von ihnen spüren, wie sie abgehängt werden. Sie merken, dass sich der Staat immer weiter zurückzieht. Das gilt ganz besonders für die Dörfer, in denen es früher noch Postämter und oftmals Bahnhöfe gab. Durch diese Dörfer fährt heute nicht einmal mehr ein Polizeiauto. Das führt zu Resignation und Wahlenthaltung.
Vor allem da, wo die Rate der Einbrüche und Kfz-Diebstähle deutlich über dem Landesdurchschnitt liegt. Hier bilden sich neue Strukturen, die bewusst staatsfern sind. Es entstehen im besten Fall Bürgersteifen, im schlimmsten Bürgerwehren, um den Selbstschutz zu organisieren. In einigen Orten verweigern deren Mitglieder die Zusammenarbeit mit der Polizei, weil sie glauben sich nur selbst schützen zu können. Das ist eine gefährliche Mischung, die hier entsteht. Die AfD ist das Ventil, das dem Unmut Luft macht. Angereichert mit Ressentiments gegenüber Polen und Asylbewerbern und teilweise sogar offen rassistischen Sprüchen wie vom Frankfurter AfD-Direktkandidaten hat diese Luft leider einen üblen Geruch.
Die Wahlen sind eine Momentaufnahme. Falls die SPD ihren Anspruch, Brandenburg-Partei zu sein, ernst nimmt, kann der AfD-Zuspruch auch wieder sinken. Das heißt aber, dass die SPD mit ihrem zukünftigen Koalitionspartner vor allem die Spaltung des Landes bekämpfen muss. Gemeinsam müssen sie dafür sorgen, dass der Staat macht, wozu er da ist. Und dass die Politik die Sorgen und Ängste der Bevölkerung ernst nimmt. Dafür gibt es übrigens gerade im Grenzgebiet auch gute Beispiele. Etwa wenn die hiesigen Landräte mit der Bevölkerung über neue Asylbewerber-Unterkünfte sprechen – und es schaffen, dass Flüchtlinge willkommen sind.