Tränen zum Tauwetter

Eisregen
Eisregen

Gestern Schnee. Heute Eisregen. Und Tauwetter. Aber dennoch Winter. So wie es sich für Weihnachten gehört. Und das, nachdem in der Woche schon fast der ganze Schnee weggeschmolzen war. Auf jeden Fall ist das Wetter weihnachtlich.

Die Kleine hat sich das so gewünscht. Immer wieder spricht sie davon, dass zu Weihnachten Schnee gehört, dass die Häuser und die Bäume und die Wiesen weiß sein müssen.

Aber dann hört sie die Wettervorhersage. Von steigenden Temperaturen tönt es aus dem Fernseher. Und von Tauwetter. Weiße Weihnacht werde es auf keinen Fall geben.

Beim Schlafengehen sind Tautropfen in den Augen der Kleinen. Traurige Tränen, weil der weiße Weihnachtswunsch vom Wetterfrosch im Fernseher zerstört wurde. Es sind aber auch wütende, trotzige Tränen. Denn: „Die können gar nicht in die Zukunft schauen. Das sind ja schließlich keine Hellseher!“

Wie recht sie hat. Ganz prinzipiell. Aber im Detail behält wohl der Metereologe recht. Und dann müssen Christkind und Weihnachtsmann wohl dafür sorgen, dass es keine Tränen mehr gibt.

Moderne Astrologie

Freibad
Freibad

Im Radio erzählen sie, dass die Freibadsaison in Berlin verlängert wird. Ein Blick aus meinem Fenster zeigt Regen und dunkle Wolken. Im Fernsehen sagen sie, dass der Hochsommer noch ausbricht. Aber ohne Jacke konnte ich heute früh nicht auf die Straße.

In die Zeitung drucken sie Karten, auf denen die Sonne scheint und keine Wolke den Himmel trübt. Ohne Licht, kann ich jedoch nicht arbeiten, weil es sonst zu dunkel ist. Ständig tun alle so, als könnten sie anhand von Wolkenfilmen, Regenradar und Strömungspfeilen die Zukunft deuten. Das ist auch nichts anderes als die Beobachtung des Vogelflugs oder der Blick in die Innereien frisch geschlachteter Tiere, um das Künftige zu sehen.

Die Zukunft bleibt ein Geheimnis. Auch wenn wir früher Priestern und heute Wettermoderatoren gerne glauben wollen, dass sie wissen, was das Morgen bringt. Es bleibt dabei: Die einzige Gewissheit ist der eigene Blick. Die einzige Sicherheit gibt das eigene Fühlen.